Nach der Veröffentlichung von brutalen Videoaufnahmen tödlicher Polizeischüsse auf einen afroamerikanischen Teenager sind in der US-Metropole Chicago erneut tausende Menschen auf die Strasse gegangen.
Die Demonstranten blockierten am Freitag den Verkehr auf Chicagos Shopping-Meile Michigan Avenue und versperrten Eingänge zu Geschäften, in denen Kunden am sogenannten «Black Friday» auf Schnäppchenjagd gehen wollten. Der afroamerikanische Bürgerrechtler Jesse Jackson führte einen Protestmarsch an.
Wegen Mordes angeklagt
Die Behörden in Chicago hatten diese Woche ein Video vom Oktober 2014 veröffentlicht, auf dem zu sehen ist, wie der weisse Polizist Jason Van Dyke den 17-jährigen Laquan McDonald mit 16 Schüssen niederstreckte.
Van Dyke fühlte sich nach Angaben seiner Anwälte bedroht von McDonald, der ein kleines Messer mit sich geführt haben soll. Die Staatsanwaltschaft sah aber keine Anzeichen für Notwehr und klagte den Polizisten am Dienstag wegen Mordes an.
Die Demonstranten prangerten nicht nur die Polizeigewalt an, sondern kritisierten auch, dass die Anklageerhebung mehr als ein Jahr dauerte. Auf Schildern forderten sie den Rücktritt von Chicagos Polizeichef und brachten ihren Unmut über die späte Anklage in der Parole «16 Schüsse - 13 Monate» zum Ausdruck.
Erinnerungen an Ferguson
Fälle von Polizeigewalt gegen Schwarze haben wiederholt für Empörung und Aufruhr in der afroamerikanischen Bevölkerung gesorgt. Im Sommer 2014 hatte die Tötung des 18-jährigen Michael Brown in Ferguson im Bundesstaat Missouri schwere Unruhen ausgelöst. Der verantwortliche Polizist wurde nicht angeklagt, obwohl Brown unbewaffnet war.
Im April hatte der Tod des Schwarzen Freddie Gray im Polizeigewahrsam in Baltimore zu Ausschreitungen in der Ostküstenstadt geführt. Am Montag beginnt mit der Auswahl der Geschworenen der Prozess gegen den ersten der sechs angeklagten Polizisten im Fall Freddie Gray.
(sda/gku)