«Mexikaner sind Vergewaltiger», «Grenzen zu für alle Muslime»: Mit umstrittenen, aggressiven Aussagen hat Donald Trump den US-Wahlkampf geprägt - und damit Erfolg gehabt. Seine Art des Politisierens dürfte auch in der Schweiz die Grenzen des Sagbaren ausdehnen.
«Extremere Aussagen im nächsten nationalen Schweizer Wahlkampf würden mich nicht überraschen», sagt Maximilian Stern, Politologe und Mitgründer des Forums Aussenpolitik (foraus). «Trump hat den Raum nach unten geöffnet.»
Grenzen des Sagbaren erweitert
Die Grenzen des Sagbaren seien durch diesen US-Wahlkampf erweitert worden, sagt auch der Historiker Damir Skenderovic, der an der Universität Freiburg zum Thema Populismus und Rassismus forscht. Der Populismus werde durch diese Wahl sicherlich verstärkt, und das werde sich auch in der Schweiz manifestieren, sagte er gegenüber Radio SRF. «Wenn ein Präsident der USA gegen Frauen, gegen Minderheiten, gegen Muslime und Immigranten Wörter der Ausgrenzung brauchen kann, wird der Rahmen erweitert», sagte Skenderovic weiter.
Dieser Rahmen sei aber auch in der Schweiz und Europa in den letzten 20 Jahren nachhaltig erweitert worden. «Vieles, was wir während Trumps Wahlkampf gesehen haben, gleicht dem, was wir in Europa und der Schweiz zum Teil seit den 90er-Jahren beobachten können», sagte Skenderovic.
An aggressive Aussagen gewöhnt
Extreme und aggressive Aussagen kenne man in der Schweiz bereits, sagt auch Politologe Stern. Er erinnert etwa an SVP-Politiker Andreas Glarner, der mit einem Stacheldraht Flüchtlinge aus dem Land halten will; oder an den Erfolg der Minarett-Initiative von SVP-Nationalrat Walter Wobmann.
Diese beiden Politiker machten ebenfalls aggressive Aussagen, ihnen fehle aber der Glamour, der den Immobilienmogul und Milliardär Trump umgebe. Etwas Glamour bringe allenfalls SVP-Vordenker Christoph Blocher mit, ebenfalls millionenschwer. Dieser habe den politischen Diskurs seit den 1990ern definitiv verändert. «Die Schweizerinnen und Schweizer sind aber bereits daran gewöhnt», meint Stern.
Weniger grosser Graben
Auch der von Trump angeheizte Gegensatz zwischen Volk und Elite werde von Schweizer Politikern gern propagiert. «Das dürfte nach dem US-Wahlkampf wieder stärker aufgenommen werden», sagt Stern. In der Schweiz empfindet er dieses Argument aber als absurd: «Der Graben zwischen unseren Milizpolitikern und den Wählern ist hierzulande viel kleiner als in den USA.» Trumps Wahlkampf hätte darum in der Schweiz weniger gut funktioniert, glaubt Stern. Zudem stünden einzelne Personen hier weniger stark im Fokus der Aufmerksamkeit als in den USA.
Nicht zuletzt würden offene Lügen, wie sie Trump immer wieder erzählt hat, in der Schweiz nicht verfangen. Denn die Schweizerinnen und Schweizer stimmten «recht faktenbasiert» ab. Stern verweist dabei auf eine Studie des Forschungsinstituts gfs.bern im Auftrag von Radio SRF, die herausfand, dass in der Schweiz selbst bei emotional stark aufgeladenen Vorlagen sachliche Argumente überwiegen.
Extremere Aussagen salonfähig
Trotzdem glaubt der Politologe, dass dank Trumps Wahlkampf extremere Aussagen auch in der Schweiz salonfähig werden. Um dagegenzuhalten, empfiehlt Stern: «Lügen benennen, Fakten aufdecken und gleichzeitig im Aufmerksamkeitszirkus mithalten.»
(sda/cfr)