Die einen knipsen das Licht daheim in der Wohnung aus und lauschen den Kirchenglocken – ein winziger Protest gegen den Krieg und den Mann aus Moskau. Die anderen gehen zur Demo, stehen mit Zehntausenden anderen Menschen vereint. Wieder andere überweisen lieber Geld, um zu helfen. Und manche packen tatkräftig an: Stapeln Kartons mit Schmerztabletten, Windeln und Konserven und fahren in LKW-Kolonnen Richtung Ukraine-Grenze, um sie den Geflüchteten zu bringen.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Der Krieg in Europa kräftigt in lobenswerter Weise das Engagement vieler Menschen in vielen Ländern. Sie wollen nicht tatenlos zusehen, wie Putin mit seinen Truppen und Waffen ein Nachbarland überfällt, Menschen tötet und in Kauf nimmt, seine Soldaten im sinnlosen Kampf zu opfern.

Aber was bringt es, wenn wir in Zürich, in Paris oder Berlin auf die Strasse gehen und Pappschilder mit Anti-Kriegs-Slogans in die Luft halten? Zumal solches Engagement hier einfach zu machen ist, während man in Russland dafür gleich im Gefängnis landet. Und was ändert sich, wenn wir Gebäude in der Nacht in den Nationalfarben der Ukraine illuminieren?

Erst mal natürlich gar nichts. Und trotzdem ganz viel.

Die Zivilgesellschaft lebt

Es zeigt: Die Zivilgesellschaft ist lebendig wie lange nicht mehr. Wir sind nicht allein. Mit vielen kleinen Gesten. Und mit vielen grossen Taten.

Klar, in gut organisierten und demokratischen Ländern wie der Schweiz vertrauen wir auf staatliche Organisationen oder Nichtregierungsorganisationen, um auf Kriege und Krisen zu reagieren und vieles zu managen. Das mag oft funktionieren. Regierungen haben Sanktionen, Hilfsorganisationen haben finanzielle Mittel und Stäbe.

Aber es braucht ebenso die Courage und den Einsatz normaler Bürgerinnen und Bürger. Mit Licht-aus-Aktionen genauso wie mit langen Hilfskonvois. Einerseits für uns: gegen unsere Ohnmacht wegen dieses verrückten Kriegs. Gegen die eigene Sprachlosigkeit, wenn wir vor dem TV hocken und den Irrsinn live verfolgen.

Putin fürchtet engagierte Bürgerinnen und Bürger

Und ebenso benötigen wir Symbolik und Taten nach aussen: Um zu zeigen, wie viele wir sind und wofür wir stehen. Für Demokratie, freie Rede und Hilfsbereitschaft. So beweisen wir, was unsere Werte sind.

Ja, es macht einen Unterschied, ob bei einer Demo nur 500 oder 150'000 Menschen auftauchen. Und es macht einen Unterschied, ob Normalos in Windeseile Websites bauen, auf denen geflüchtete Ukrainer eine Wohnung oder ein Bett finden können. Oder sich Menschen für eigentümliche Ideen erwärmen, wie Airbnb-Zimmer in der Ukraine zu buchen. Sie fahren natürlich nicht hin, überweisen das Geld aber trotzdem.

Bürgerliches Engagement zugunsten anderer Menschen in Not – das macht eine gesunde Zivilgesellschaft aus. Es ist das, was uns stark macht in freien, demokratischen Nationen.

Und dies ist, was Autokraten wie Putin so fürchten: Mündige Bürgerinnen und Bürger, die sich engagieren. Die um die besten Lösungen in ihrem Land ringen und anderen helfen, wenn es nötig ist.