Der neue Migrationsminister hat das Problem erkannt: In einer Hundert-Tage-Bilanz sagte Beat Jans gestern zur NZZ, dass man den Ukraine-Flüchtlingsstatus anpassen müsse. Konkret erwägt er, das Gesetz so zu ändern, dass eine Ukrainerin, welche seit zwei Jahren hier ist und einen Job findet, Aussicht auf die Aufenthaltsbewilligung haben sollte.

Der Vorschlag zeigt, dass Jans und seine Kader sich eingehend mit der Arbeitgeberschaft beraten haben. Schweizer Firmen tun sich nämlich schwer, Ukraine-Flüchtlinge einzustellen. Dies hat mehrere Gründe, wie die «Handelszeitung» in einer detaillierten Auslegeordnung vor zwei Wochen aufzeigte.

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Ein wichtiger Hinderungsgrund ist, dass Firmen keine Perspektive haben, in ukrainische Angestellte zu investieren, solange die Gefahr besteht, dass das Anstellungsverhältnis abrupt endet. Wir reden nicht von Putzjobs, sondern von qualifizierter Arbeit mit hoher Produktivität.

«Die Firmen wissen, dass bei einer Aufhebung des Ukraine-Schutzstatus S alle, selbst die beruflich Integrierten, innert drei Monaten ihre Sachen packen und abreisen müssen.»

Die Firmen wissen, dass bei einer Aufhebung des Ukraine-Schutzstatus S alle, selbst die beruflich Integrierten, innert drei Monaten ihre Sachen packen und abreisen müssen. So steht es im Asylgesetz. Diese Regelung entpuppt sich je länger, desto mehr als Integrationshemmnis.

Es gibt auch die Perspektive der Geflüchteten. Seit zwei Jahren wird ihnen durch Behörden und Politik suggeriert, dass sie jederzeit mit einer Rückreise rechnen dürfen und müssen. Sie haben das Recht, zwei Monate pro Jahr im Kriegsland zu verbringen und dennoch Schweizer Sozialhilfe zu beziehen.

Wer ist unter diesen Umständen bereit, sich speditiv die Sprache des Gastlandes anzueignen, und willig, einen Job zu suchen?

Und schliesslich die Perspektive der Behörden: Geld für die Ausbildung von Ukraine-Flüchtlingen auszugeben, lohnt sich – bei knappen Staatsfinanzen – nur, wenn die Aussicht besteht, sie von der Sozialhilfe abzumelden.

Verschwendete Ressourcen

Die Schweiz bildet heute im europäischen Vergleich das Schlusslicht bei der beruflichen Integration von Ukraine-Flüchtlingen.

«Fast 90 Prozent der dortigen erwerbsfähigen Geflüchteten haben in Genf und Waadt – trotz zwei Jahren Sprachkurse – noch keinen Job.»

Mit Jans’ Ankündigung kommt Bewegung ins Dossier. Das Förderungsmotto «rückwanderungsorientiert» hat ausgedient. Die vom Bund angewendete OECD-Strategie der «doppelten Förderungsabsicht», die Leute «hier zu beschäftigen, damit sie zurückwandern», hat sich als Irrweg erwiesen. Beat Jans muss sich noch stärker als bisher davon lossagen. Ein bisschen hat er es in der NZZ schon gemacht.

Darüber hinaus muss er integrationsfaulen Kantonen wie Genf und Waadt den Marsch blasen. Fast 90 Prozent der dortigen erwerbsfähigen Geflüchteten haben – trotz zwei Jahren Sprachkurse – noch keinen Job. Sie beziehen Sozialhilfe und verlieren den Anschluss an den Arbeitsmarkt. Das ist eine Verschwendung menschlicher und staatlicher Ressourcen. Und sie fördert Ressentiments im Stile der SVP gegenüber Flüchtlingen.

Zum Vergleich, was möglich wäre: Der europäische Schnitt der Erwerbstätigenquote unter Ukrainerinnen liegt bei über 45 Prozent.

Jans tut gut daran, das Gesetz zügig so zu revidieren, dass Hindernisse zur beruflichen Integration abgebaut werden.