Kaum in Kraft gesetzt, soll das Gesetz über den automatischen Informationsaustausch (AIA) bereits wieder revidiert werden. Heute hat der Bundesrat den entsprechenden Entwurf publiziert. Das AIA-Gesetz genüge den internationalen Anforderungen nicht, heisst es beim zuständigen Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF).

Konkret sollen «gewisse Sorgfalts- und Registrierungspflichten, eine Dokumentenaufbewahrungspflicht für meldende schweizerische Finanzinstitute» sowie diverse Begriffe neu definiert werden. Die Folge: eine neue Verordnung, ein neues Rundschreiben der Finanzmarktaufsicht Finma, Zusatzkosten und so weiter.

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Wieder ein Rüffel für die Schweiz?

Die Schweizerische Bankiervereinigung wollte sich zu den Kosten nicht äussern. Sie hielt auf Anfrage fest, sie halte die «Auswirkungen der geplanten Revision nach erster Einschätzung als eher geringfügig». Die Stossrichtung der Revision sei «aufgrund der Entwicklung des AIA Standards nachvollziehbar». 

Beim SIF heisst es, die Schweiz riskiere einen Rüffel des OECD-Gremiums Global Forum, sollte sie die skizzierten Änderungen nicht umsetzen. Im schlimmsten Fall würde die Schweiz erneut auf die graue oder schwarze Liste der Gruppe G-20 der mächtigen Industrie- und Entwicklungsländer geraten.

Gleichzeitig zeigt ein neuer Bericht des gleichen Global Forum: Das einzige Land, das am AIA-Standard noch immer nicht teilnimmt, sind die USA. Im Bericht steht würtlich: «All jurisdictions asked to commit to the Global Forum’s AEOI Standard have now done so, except the United States.»

Wieviel Steuern hinterzogen werden, weiss die Steuerverwaltung nicht

Für die Schweiz heisst das: Schweizer Steuerpflichtige mit US-Konten – ob Firmen oder Private – bleiben den hiesigen Steuerbehörden verborgen, sofern sie ihr Vermögen auf US-Konten nicht deklarieren. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) bestätigt: «Steuerpflichtige in der Schweiz mit Konten in den USA werden nicht an Schweizer Steuerbehörden gemeldet». In welcher Höhe dem Schweizer Fiskus Steuergelder entgehen, könne die ESTV aber nicht sagen.

Derweil erhält das Amt Kontodaten aus 28 EU-Staaten sowie von weiteren 9 Staaten und Territorien (Australien, Guernsey, Isle of Man, Island, Japan, Jersey, Norwegen Südkorea). Diese betreffen das Steuerjahr 2017. Es sind dies Informationen «zu rund 2 Millionen Finanzkonten». Sie lassen sich laut ESTV nicht nach juristischen oder natürlichen Personen aufschlüsseln. Fünf Personen arbeiten Vollzeit, um sie an die Kantone zu übermitteln. Im kommenden Jahr werden Kontodaten mit noch mehr Ländern ausgetauscht als heute.

SIF hat in den USA nichts erreicht

Ob die ESTV die Situation, dass Schweizer Steuerpflichtige mit US-Konten der Überwachung entgehen, als verfassungsmässig beurteilt, sagt sie nicht. «Die ESTV vollzieht Gesetze, die das Parlament beschliesst.» Im übrigen verweist sie auf das SIF, das unter der Führung von Bundesrat Ueli Maurer zum gleichen Departement gehört.

Bundespraesident Ueli Maurer spricht waehrend einer Medienkonferenz zum Bundesgesetz ueber die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF), am Montag, 18. Februar 2019 in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)

Bundesrat Ueli Maurer: Schatzmeister der Schweiz.

Quelle: © KEYSTONE / PETER KLAUNZER

Pikant ist in diesem Kontext, dass der Bundesrat bereits vor 5 Jahren, also noch in der Ära von Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf, entschieden hat, ein Gegenrecht für den automatischen Austausch einzufordern – basierend auf dem sogenannten Fatca-Modell 1. Die Schweiz liefert heute mittels Fatca-Abkommen Schweizer Bankdaten von US-Steuerpflichten in die USA. In die umgekehrte Richtung fliesst kein steuerrelevantes Byte. Dieses Modell heisst Fatca-Modell 2.

Wo klemmt es? Das SIF sagt, es habe seit Oktober 2014 «mehrere Verhandlungsrunden zwischen der Schweiz und den USA gegeben», um ein Upgrade zum reziproken Abkommen zu vereinbaren. Doch diese hätten «noch nicht abgeschlossen werden» können. Noch immer blockiere der Umstand die Verhandlungen, dass sich der US-Senat gegen eine Ratifizierung einer Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens von 2009 zwischen der Schweiz und den USA stemme.

Die Schweiz könnte die USA an den Pranger stellen

Doch dieses Argument dürfte hüben wie drüben ein Vorwand sein, denn die USA behandeln verschiedene Länder je nach Interessenlagen verschieden. Einigen Staaten liefern sie Bankdaten ihrer ausländischen Konten, anderen Staaten nicht. Aber nirgends halten sie sich an den AIA-Weltstandard der OECD. «Es trifft zu, dass dieser Austausch weniger umfassend ist als es die Vorgaben des internationalen Standards verlangen», sagt das SIF.

Die Schweiz hätte es mit Ihrer Stimme im Global Forum in der Hand, die USA an den Pranger zu stellen. Bereits eine Gegenstimme genügt, um ein schönfärberisches Länderexamen, etwa der USA, zu blockieren. Hat das Finanzdepartement eingegriffen? Das SIF sagt, soweit sei man noch nicht: «Die Schweiz hatte noch keine Gelegenheit, zu den Vereinigten Staaten Stellung zu nehmen.» Die Peer Reviews zur Umsetzung des AIA werden erst 2020 beginnen, «wobei die Modalitäten der Evaluationen noch festgelegt werden» müssten, so das Staatssekretariat.

Aber Tatsache ist, dass das Global Forum für jedes Land bereits eine Vorprüfung zur Einhaltung des AIA-Standards gemacht hat. So steht es auch in der Mitteilung des Bundesrates («Das Global Forum hat die Schweizer AIA-Rechtsgrundlagen geprüft und Empfehlungen verabschiedet»). Deshalb muss die Schweiz jetzt im Eiltempo und schon nach zwei Jahren seit der der Inkraftsetzung das AIA-Gesetz wieder anpassen.