Der Krieg ist zurück in Europa – und damit auch die Debatte, wie mit der Schweizer Rüstungsindustrie umzugehen sei. Eine klare Meinung hierzu haben die Grünen. Unlängst haben sie eine parlamentarische Initiative zur Verfassungsänderung mit dem Ziel eines Verbotes von Schweizer Rüstungsexporten eingereicht. Eine exportorientierte Rüstungsindustrie stehe im Konflikt mit einer «kohärenten friedenspolitischen Neutralität». Fair enough, als friedenspolitisch bewegte Partei kann man das so sehen.
Erstaunlich ist, mit welcher Nonchalance die Grünen über die wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Konsequenzen hinwegsehen, die mit einem Exportverbot für Rüstungsgüter verbunden wären. Da ist von einem Verlust von «ein paar Tausend Arbeitsplätzen» die Rede, ganz so, als ob es darauf in diesem Fall nun wirklich nicht ankommen würde.
Die Realität ist eine andere. Die Schweizer Rüstungsindustrie mag kein volkswirtschaftliches Schwergewicht sein wie die Basler Pharmaindustrie. Doch auch ihr Wohl hängt entscheidend davon ab, ob sie ihre Güter im Ausland verkaufen kann. Ein Exportverbot würde sie faktisch handlungsunfähig machen. Denn für die teuren und so wichtigen Rüstungsbeschaffungen für die Schweizer Armee braucht es Gegengeschäfte, und die bekommt man nur, wenn man technologisch auch etwas zu bieten hat. Was bei einer auf den Heimmarkt geschrumpften Rüstungsindustrie wohl nur noch sehr beschränkt der Fall wäre.
Kommt hinzu, dass auch die Schweizer Rüstungsindustrie ein wichtiger Treiber von Innovation ist. Ein Beispiel ist die Weltraumindustrie, für die Schweizer KMU hochspezialisierte Raketentechnologie entwickeln und weltweit verkaufen. Oder Drohnentechnologien der Zukunft, die nicht nur für die Schweizer Armee, sondern auch für die internationalen Märkte entwickelt wurden. Dazu kommt eine Zulieferindustrie, die ebenfalls davon lebt, dass hiesige Rüstungsbetriebe mit ihren zivil oder militärisch nutzbaren Produkten auch ausländische Märkte bedienen können.
Am schwersten aber wiegen die sicherheitspolitischen Implikationen eines Exportverbots: Ein solches würde die Handlungsfähigkeit der Schweiz bei der Beschaffung von Rüstungsgütern dramatisch einschränken, eine Schwächung der eigenen Verteidigungsfähigkeit wäre unvermeidlich. Eine Beschaffung des Kampfjets F-35 aus den USA wäre ohne Gegengeschäfte faktisch unmöglich. Was wiederum bedeuten würde, dass die Schweiz im Krisenfall auf internationale Partner angewiesen wäre. Was das bedeutet, wissen wir seit der Pandemie, als unsere Nachbarländer reihenweise die Schotten dichtmachten und die Ausfuhr von medizinischem Material in die Schweiz blockierten. Im Ernstfall, das hat Corona gezeigt, ist sich jedes Land selbst am nächsten.
Ein Exportverbot für Rüstungsgüter würde die Verteidigungsfähigkeit der Schweiz massiv beeinträchtigen. Es käme einer Armeeabschaffung via die Hintertür gleich. Redlicher wäre, es deshalb gleich damit zu versuchen. Doch dafür fehlt womöglich selbst den Grünen in Zeiten von Krieg und Krisen der Mut.