Trotz kritischer Lage, verschiedener Appelle aus der Wissenschaft und Lockdowns im Ausland will der Bundesrat weiterhin nichts von einer schweizweiten Verschärfung der Corona-Massnahmen wissen. Er nimmt dafür erneut die Kantone in die Verantwortung.

Dass der Bundesrat derzeit auf eine Verschärfung der Massnahmen verzichte, habe nichts mit der Abstimmung vom Sonntag zu tun. «Wir entscheiden nur aufgrund von dem, was wir auf dem Terrain sehen» , so Berset. Angesichts der grossen Unterschiede beim Infektionsgeschehen müsse jeder Kanton selber entscheiden, was es jetzt brauche.

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Das sei Sinn und Zweck des Föderalismus. Ziel sei ein guter Mix zwischen nationalen und kantonalen Massnahmen, um die Menschen zu schützen, ohne gleichzeitig zu stark ins gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben einzugreifen.

Der Tenor in der Landesregierung lautete am Mittwoch weiterhin: Keine neuen Massnahmen, stattdessen soll die Katastrophe mit Selbstverantwortung und schnellem Handeln der Kantone verhindert werden. Gleichzeitig schreibt der Bundesrat, dass er die epidemische Situation als «kritisch» einschätzt.

«Sind uns bewusst, dass diese Strategie Risiken birgt»

Alain Berset, Bundesrat

Laut Gesundheitsminister Alain Berset ist sich der Bundesrat bewusst, dass seine zurückhaltende Corona-Strategie Risiken birgt. «Wir sind nicht gleichgültig.» Trotzdem müsse man akzeptieren, dass sich viele Ungeschützte mit dem Virus anstecken werden.

Dass er dennoch mit schärferen nationalen Corona-Massnahmen zuwartet, begründet der Bundesrat mit «der aktuell relativ tiefen Belastung der Intensivpflegestationen mit Covid-19-Patientinnen und -Patienten und den grossen regionalen Unterschieden».

«Wir akzeptieren jeden Entscheid, aber die Impfung nützt nach wie vor gut vor einem schweren Verlauf, in allen Alterskategorien.»

Alain Berset, Bundesrat

Er halte an der mit den Kantonen vereinbarten Zusammenarbeit fest, wonach bei regional unterschiedlicher Entwicklung der Pandemie die Kantone die notwendigen Massnahmen ergreifen müssten.

Zudem appelliert der Bundesrat erneut an die Bevölkerung, sich an die Basismassnahmen wie Abstand halten, Maske tragen, Lüften und Testen zu halten. Mit der konsequenten Umsetzung der Regeln könne eine Überlastung der Spitäler verhindert werden.

«Die Lage ist aktuell beunruhigend und nicht einfach, auch in den umliegenden Ländern»

Alain Berset, Bundesrat

Laut dem Bundesrat wird sich die Situation in den kommenden Wochen weiter verschärfen. "Die erhöhte Viruszirkulation bei den jüngeren Altersgruppen dürfte zu einer erhöhten Übertragung des Virus auf die Risikogruppen und einem - möglicherweise sehr raschen - Anstieg der Hospitalisierungen führen."

Die Regierung hält es aber für möglich, dass sich diese Entwicklung mit einer Verhaltensänderung der Bevölkerung und regionalen Verschärfungen der Massnahmen abwenden lässt.

Aus den Kantonen ertönten in den vergangenen Tagen angesichts der wieder stark steigenden Fallzahlen, mehr Covid-Patienten in den Spitälern und der teils dramatischen Lage in Österreich und Deutschland Rufe nach landesweiten Massnahmen - darunter eine Ausweitung der Maskenpflicht und vermehrtes Homeoffice.

Für den Bundesrat stehen jedoch regionale Ausweitungen der Maskenpflicht, namentlich auch in Schulen, der Homeoffice-Pflicht oder der Kapazitätsbeschränkungen im Vordergrund.

Die Kantone sollten nun möglichst schnell die Auffrischungsimpfungen anbieten, hielt Berset fest. Zudem appellierte er erneut an alle ungeimpften Personen, sich eine Impfung zu überlegen. «Wir akzeptieren jeden Entscheid, aber die Impfung nützt nach wie vor gut vor einem schweren Verlauf, in allen Alterskategorien.»

(sda/ske)