Elon Musk (53) ist schwer einordbar. Das gilt für seine Geschäftsentscheide, aber auch für seine politischen Ansichten. Oft wird der Tausendsassa mit 245 Milliarden Dollar Vermögen als Libertärer beschrieben. Doch dieses Label greift zu kurz, weil es nicht die oftmals paradoxen und zufälligen Aussagen des Herrschers über Space X, Tesla und X widerspiegelt.

Gleichsam lässt sich über die Jahre ein steter Wandel in Musks politischer Denke feststellen – weg vom Obama-Wähler hin zum grossen Trump-Unterstützer, dessen Wahlkampf er laut «Wall Street Journal» mit 45 Millionen Dollar pro Monat bis zum Wahltag am 5. November mitfinanziert – wobei Musk in einem Interview Spendenaktivitäten bestätigt, aber die kolportierte Summe dementiert hat. Die «Handelszeitung» zeigt verschiedene Stationen seiner Abkehr von den Demokraten hin zum politischen Gegner auf:

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1. Frühe Erfahrungen mit Apartheidsystem

Elon Musk wuchs in einem liberalen Haushalt in der südafrikanischen Hauptstadt Pretoria auf. Sein Vater Errol Musk (78) arbeitete als Elektromechanikingenieur, Mutter Maye Musk (76) war Model und Ernährungsberaterin. Das politische Engagement seines Vaters beeinflusste Klein-Elon. Errol Musk sass für die Progressive Partei – der linken Opposition zum weissen Apartheid-Regime in Südafrika – im Stadtparlament von Pretoria. In einem Interview mit der «New York Times» sagte er einst, Elon und seine zwei Geschwister hätten von klein auf gewusst, dass mit dem Apartheidsystem etwas nicht stimme: «Es hatte ihnen nicht gefallen.»

2. Schon immer pragmatisch statt ideologisch

Mit 18 Jahren zog Elon Musk zu einem Cousin nach Kanada. Dort half er auf dessen Farm aus und arbeitete als Reinigungskraft in einem Sägewerk. Beides eher ungewöhnliche Jobs für den Sohn aus reichem Elternhaus, sie zeigen aber Musks pragmatische Seite, die auch sein politisches Denken stets geprägt hat. Ideologie war noch nie sein Ding. Als er später in Kalifornien wohnte, wo er 2002 die US-Staatsbürgerschaft erwarb, liess er sich als unabhängiger Wähler registrieren. Selbst beschrieb sich Musk als «politisch moderat».

Der Multimilliardär lässt sich nicht ins klassische Links-Rechts-Schema der US-Politik pressen. Fiskalisch galt Musk schon immer als konservativ. Er vertrat aber lange Zeit liberale und progressive Gesellschaftswerte – dazu gehört etwa sein offener Umgang mit Drogen. So rauchte Musk 2018 im Podcast des Komikers Joe Rogan öffentlich Marihuana. Der Aufschrei war gross: Der Chef des grössten Elektroautobauers der Welt vernebelt sich mit einem Joint das Gehirn? Konservative Anleger wandten sich von ihm ab, worauf die Tesla-Aktie an der Börse abstürzte.

3. Seine Stimmen gingen an Obama, Clinton und Biden

Der reichste Mann der Welt war lange kein spendabler Geldgeber für Parteien. Musk tendierte dazu, eher einige tausend Dollar für spezifische Anliegen zu spenden – stets das Interesse seiner Geschäfte im Auge. Es flossen Gelder an beide Parteien, um sich etwa Steuergeschenke für Tesla zu sichern.

Bei den Präsidentschaftswahlen hielt Musk jedoch stets zu den Demokraten, die er einst als «Partei der Höflichkeit» betitelte. Er wählte Barack Obama (62) und Hillary Clinton (76). In einem Interview mit CNBC sagte Musk damals, er habe das Gefühl, Trump sei «nicht der richtige Typ». Auch 2020 ging seine Stimme an Joe Biden (81).

4. Corona-Schliessung und Tochter-Trouble

Während der Corona-Pandemie begann Musk, mehr und mehr rechte Ansichten zu vertreten. Auf der Nachrichtenplattform X, die er rund zwei Jahre später für 44 Milliarden Dollar kaufen sollte, kämpfte er ab 2020 gegen die «Exzesse von politischer Korrektheit und der woken Kultur progressiver Aktivisten für soziale Gerechtigkeit», wie es der Autor Walter Isaacson (72) in seiner Musk-Biografie beschrieb.

Musks politischer Wandel, den die «New York Times» als «mehr anti-links denn ideologisch pro-rechts» einordnete, lässt sich auf persönliche Ereignisse zurückführen. Die temporäre Schliessung seiner Tesla-Werke in Kalifornien – angeordnet von der dortigen demokratischen Regierung – traf ihn nicht nur finanziell, sondern liess auch seine antiautoritäre Ader herausstechen. Zudem verletzte ihn, dass seine trans Tochter Vivian Jenna Wilson (20) den Kontakt zu ihm abbrach. Musk erfuhr laut Isaacson nur aus zweiter Hand von der Transition. Daraufhin warf er der Schule seiner Tochter vor, diese habe sie mit dem «Woke-Virus» infiziert.

5. Plötzlich grosser Trump-Fan

Gewisse progressive Ansichten hat Musk behalten, etwa jene zum Klimawandel und den erneuerbaren Energien – schliesslich ist er Chef eines E-Auto-Herstellers. Doch bereits 2022 rief er auf X dazu auf, bei den Kongresswahlen für die Republikaner zu stimmen. Damals verkaufte er seine Forderung noch damit, dass ein Gleichgewicht zwischen demokratischer Regierung und republikanisch dominiertem Parlament gut für das Land sei.

Im letzten März beteuerte Musk noch, für keinen Präsidentschaftskandidaten spenden zu wollen. Nach dem Attentat auf Trump vollzog er seine Kehrtwende aber vollends. Nur dreissig Minuten nach dem Anschlag outete sich Musk auf seiner Plattform X als Trump-Wähler: «Ich unterstütze Trump vollkommen und hoffe auf seine schnelle Genesung.»

Seine Unterstützung untermalt er nicht nur mit der kolportierten Mega-Spende bis zur Präsidentenwahl am 5. November, sondern auch in regelmässigen Telefonaten mit Trump. Im Raum steht für Musk offenbar eine Beraterrolle in einer allfälligen Trump-Administration – mit Blick auf seine Unternehmen ein wohl unbezahlbarer Schachzug.

Elon Musk hat sich in einem auf X gestreamten Interview mit dem konservativen Psychologen Jordan Peterson (62) zu seinen Spenden für die republikanische Kampagne geäussert und darin die Summe von 45 Millionen Dollar pro Monat bestritten. Der Artikel wurde entsprechend angepasst, in einer früheren Version war diese Info nicht erwähnt.