Wir pendeln zwischen Notständen – von Klima zu Corona und bald zurück. Beim Klima haben gerade noch viele gefordert, man müsse jetzt alles tun, andernfalls belaste die Erderwärmung die zukünftigen Generationen schwer. Nun fordern sie bei Corona, man müsse auch alles tun – aber denken kaum an die Schuldenlast für die zukünftigen Generationen. Wie passt das zusammen?
Reiner Eichenberger ist ordentlicher Professor für Theorie der Finanz- und Wirtschaftspolitik an der Universität Freiburg und Forschungsdirektor des Instituts Crema.
Nun: Politik ist die Kunst des abstrakten Schutzes zukünftiger Generationen und der konkreten Bedienung gegenwärtiger Interessen. Die Klimapolitik bringt einigen grosse Subventionen, die wiederum finanziert werden mit der Besteuerung der Leistung und Wertschöpfung vieler anderer. Die Corona-Krisenpolitik bringt vielen Hilfsprogramme, die mit Schulden und damit zukünftigen Steuern für alle finanziert werden. Kurz: Politik ist auch das Privatisieren der Gewinne und das Sozialisieren der Verluste.
Das Problem dabei ist nicht die Umverteilung an sich, sondern dass die Klima- und Corona-Krisenpolitik statt auf die Lösung der angeblich anvisierten Probleme auf möglichst viel Umverteilung ausgelegt wird. Damit wird sie ineffektiv und ineffizient. Wahre Problemlösung bedingt volle Konzentration auf die Klima- und Corona-Krisenwirkung.
Beim Klima brauchen wir umfassende Kostenwahrheit. Jeder Verursacher von CO2 soll für die Kosten aufkommen. Ideal wäre aus Sicht von vielen Klima-Ökonomen eine Abgabe von etwa 40 Franken pro Tonne CO2, die dann bis 2030 auf 75 Franken steigen sollte.
«Wir bräuchten statt weiterer Hilfsprogramme eine Steuersenkung für ein paar Jahre zur Belohnung von Wertschöpfung und Leistung.»
Die zusätzliche Belastung von Leistung und Wertschöpfung sollte kompensiert werden, indem die Einkommens- oder Mehrwertsteuern entsprechend gesenkt und die vielen dann überflüssigen Regulierungen und Subventionen gestrichen werden. Das Paket wirkt perfekt, denn klimaschädigendes Verhalten wird teurer, was die Anreize zur Klimaschonung und Technologieentwicklung stärkt, ohne dass die Wertschöpfung weiter belastet wird. Falls 40 Franken pro Tonne zu tief sind, kein Problem. Wenn wir gleich mit 75 Franken beginnen, macht das beim heutigen Ausstoss rund 3 Milliarden Franken jährlich.
Das entspricht einem einzigen Mehrwertsteuerprozent. Solange die Klimasteuer mit der Senkung der Mehrwertsteuer kompensiert wird, ist sie ein Nullproblem.
Ihr einziger Fehler: Sie hätte kaum Umverteilungswirkung. Deshalb kämpft noch keine Partei für sie.
Bei der Corona-Krise brauchen wir statt weiterer schuldenfinanzierter Hilfsprogramme zur Kompensation von Einkommensausfällen eine Steuersenkung für ein paar Jahre zur Belohnung von Wertschöpfung und Leistung. So würde die Wirtschaft entlastet und die Leistungs- und Investitionsanreize würden gestärkt. Entsprechend müsste die Steuersenkung nur wenig durch neue Schulden finanziert werden.
Der einzige Fehler auch dieses Programms: Es hat kaum Umverteilungswirkung. Die vielen, die entlastet würden, wären in etwa die Gleichen, die später für die verbleibenden Lasten aufkommen müssten. Deshalb kämpft auch noch keine Partei für diesen Vorschlag.