Die Weltgemeinschaft bleibt trotz drohender neuer Raketentests gespalten, wie Nordkorea zur Räson gebracht werden soll. Die USA schlagen schärfere Sanktionen vor. Experten warnen aber vor Hungersnöten in Nordkoreas Bevölkerung und China befürchtet, damit Hass auf sich zu ziehen.
Die US-Botschafterin bei der UNO, Nikki Haley, betonte bei einer Dringlichkeitssitzung des UNO-Sicherheitsrats, die USA wollten die «schärfsten aller möglichen Massnahmen» gegen Pjöngjang durchsetzen. Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un «bettelt um Krieg», sagte sie.
«Verbündete und Territorium verteidigen»
«Krieg ist nie etwas, was die USA anstreben. Wir wollen es auch jetzt nicht», sagte sie. «Aber die Geduld unseres Landes ist nicht grenzenlos. Wir werden unsere Verbündeten und unser Territorium verteidigen.»
Nordkorea setzt derweil trotz des internationalen Drucks nach seinem bislang stärksten Atomtest seine Provokationen fort. Das weitgehend isolierte Land drohte den USA am Dienstag mit «weiteren Geschenkpaketen».
Solange die «unverantwortlichen Provokationen und nutzlosen Versuche» anhielten, Druck auf die Volksrepublik Korea auszuüben, werde sie sich weiter selbst verteidigen, sagte der UNO-Botschafter des Landes, Han Tae Song, in Genf.
Neue Provokation am 9. September?
Beobachter rechnen damit, dass Nordkorea anlässlich des Jahrestages der Staatsgründung am 9. September zu weiteren Provokationen greifen könnte. Angesichts dieser Anzeichen sei höchste Eile geboten, sagte Haley. Sie will einen Katalog mit härteren Massnahmen vorlegen. Darüber solle der Rat kommenden Montag abstimmen.
Bei den Sanktionen geht es den USA besonders um eine Aussetzung der Öllieferungen aus China nach Nordkorea. China bezweifelt den Erfolg dieser Massnahme: «Es könnte das Problem nicht lösen, sondern nur den Hass Nordkoreas gegenüber China verschärfen», sagte der renommierte Professor Shi Yinhong von der Volksuniversität in Peking.
Sanktionen schaden Zivilbevölkerung
Nach Einschätzung des auf Frieden und Sicherheit spezialisierten Nautilus Institute werden chinesische oder russische Ölkürzungen das Atom- und Raketenprogramm Nordkoreas nicht stoppen, sondern nur dem Wohl der Zivilbevölkerung schaden und beispielsweise zu Hungersnöten führen. Frühere Beispiele zeigten, dass Mangel nicht zu sozialer Instabilität führe, sondern dass die Nordkoreaner zumeist gehorchten.
Deutschland unterstützt neue UNO-Sanktionen, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Angaben der Bundesregierung in zwei eigenen Telefonaten mit Trump und Südkoreas Präsident Moon deutlich machte. Ziel sei es, «eine militärische Eskalation zu vermeiden und eine friedliche Lösung zu ermöglichen», erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert.
Merkel bekräftigte auch ihren Willen, sich auf Ebene der Europäischen Union für eine diplomatische Lösung einzusetzen: «Europa hat eine wichtige Stimme in der Welt und muss diese Stimme nutzen.» Gemeinsam mit Frankreich will sich Merkel auch in der EU für «zusätzliche, harte Sanktionen gegen Nordkorea» einsetzen. Am Wochenende solle es dazu ein Aussenministertreffen geben.
Putin erachtet Sanktionen als «sinnlos»
Der russische Präsident Wladimir Putin bezeichnete schärfere Sanktionen gegen das international isolierte Land als «sinnlos». Putin sagte auf einem Treffen der fünf grossen Schwellenländer in China, dass härtere Sanktionen keinen Einfluss auf die Regierung in Pjöngjang hätten, stattdessen aber das Leiden der Bevölkerung deutlich vergrössern könnten.
Nordkorea werde sein Atomprogramm nicht aufgeben, solange es sich nicht sicher fühle, sagte Putin. «Es gibt keinen anderen Weg als Verhandlungen, um das nordkoreanische Atomprobleme zu lösen.»
«Zeit für halbe Sachen ist vorbei»
Auch Chinas UNO-Botschafter, Liu Jieyi, mahnte in der Sitzung des UNO-Sicherheitsrates eine friedliche Lösung des Konfliktes an: «Wir werden niemals Chaos und Krieg auf der koreanischen Halbinsel erlauben.» Alle müssten einer weiteren Eskalation entgegenwirken.
Zu den Forderungen nach Dialog sagte die US-Botschafterin Nikki Haley, dass immer wieder mit Nordkorea verhandelt worden sei, was aber nicht funktioniert habe. «Die Zeit für halbe Sachen im UNO-Sicherheitsrat ist vorbei.» Jetzt müssten alle diplomatischen Bemühungen ausgeschöpft werden, «bevor es zu spät ist».
Zweigleisiges Vorgehen «frech»
Haley wies zudem eine Vorschlag Chinas und Russlands für ein «zweigleisiges Vorgehen» als «frech» zurück. Der Vorschlag sah vor, dass die USA und Südkorea ihre Militärmanöver einstellen und Nordkorea im Gegenzug sein Atom- und Raketenprogramm einfriert, um Verhandlungen aufzunehmen.
«Wenn ein Schurkenstaat eine Atombombe hat und mit einer Langstreckenrakete auf dich zielt, dann nimmt man nicht die Deckung herunter», sagte Haley.
Südkorea übt Seemanöver
Südkorea reagierte derweil mit einer neuerlichen Militärübung auf den Atomtest Pjöngjangs. Am Seemanöver vor der Ostküste der koreanischen Halbinsel nahmen unter anderem die 2500-Tonnen-Fregatte «Gangwon», ein Patrouillenboot sowie ein Lenkraketen-Schiff teil, wie die Marine des Landes mitteilte.
«Falls der Feind eine Provokation zu See oder unter Wasser startet, werden wir sofort zurückschlagen und ihn im Meer beerdigen», erklärte Kapitän Choi Young Chan. Bis Samstag sollen weitere Marineübungen vor der Südküste der koreanischen Halbinsel folgen.
Notwendigkeit für moderne Waffensysteme
Wie das Weisse Haus mitteilte, habe Trump seine grundsätzliche Zustimmung gegeben, dass Südkorea «für viele Milliarden Dollar Waffen und Ausrüstung» kaufen könne. Südkoreas Präsidialamt sagte aber dazu, Seoul sehe zwar die Notwendigkeit, künftig moderne Waffensysteme der USA anzuschaffen, doch gebe es keine aktuellen Pläne, «Milliarden von Dollar» auszugeben.
Nordkorea hatte am Sonntag die Welt mit dem bisher gewaltigsten Atomwaffentest schockiert. Pjöngjang testete nach eigenen Angaben eine Wasserstoffbombe. Die Sprengkraft des Atomtests war nach südkoreanischen Angaben dreimal so gross wie die der Bombe, die die USA 1945 auf Hiroshima abwarfen.
(sda/cfr)