Die Bundesfinanzen stehen unter Druck – so weit sind sich alle einig. Doch anstatt die wahren Ursachen des Problems anzugehen, wird zur einfachsten Lösung gegriffen: Steuererhöhungen. Beliebtes Ziel? Der Mittelstand. Diesmal trifft es die Altersvorsorge – ein cleverer Schachzug aus Bundessicht, denn wer sich jahrzehntelang brav eine Reserve fürs Alter aufbaut, kann schlecht spontan ausweichen.

Doch bevor wir darüber diskutieren, warum das eine schlechte Idee ist, lohnt sich ein Blick auf die Ursache des Finanzlochs. Tatsache ist, es sind nicht zu niedrige Einnahmen. Die Staatskasse füllt sich jährlich – nominell wachsen die Einnahmen sogar. Relativ zum BIP bleiben sie stabil bei rund 10 Prozent. Was aber stetig steigt, sind die Ausgaben. Wer mehr ausgibt, als er einnimmt, sollte nicht nach neuen Einnahmequellen suchen, sondern seine Ausgaben überdenken. Doch genau das passiert nicht. Statt nachhaltige Reformen anzugehen, wird kurzfristig an der Steuerschraube gedreht – mit dem vorhersehbaren Ergebnis, dass in fünf oder zehn Jahren das nächste Finanzloch klafft und erneut nach höheren Steuern gerufen wird.

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Die Gastautorin

Jamie Vrijhof-Droese ist Unternehmerin, Verwaltungsrätin, Referentin und Autorin. Sie ist Managing Partner von WHVP, einem Vermögensverwalter mit Fokus auf US-Kundinnen und -Kunden.

Der geplante progressive Spezialtarif für Kapitalbezüge aus der zweiten und dritten Säule ist vor allem eines: ein Vertrauensbruch. Wer jahrzehntelang unter bestimmten steuerlichen Bedingungen spart, muss sich darauf verlassen können, dass der Staat die Spielregeln nicht mitten im Spiel ändert. Sonst lautet die Lektion: Wer spart, ist der Dumme.

Sparen wird bestraft, Rentenbezug begünstigt. Dabei sollte es um Flexibilität gehen, nicht um Bevormundung. Statt Bürgern und Bürgerinnen die Wahl zu lassen, wie sie ihr hart erarbeitetes Vorsorgegeld nutzen möchten, drängt der Staat sie in den Rentenbezug – steuerlich erzwungen, versteht sich. Das sendet das falsche Signal: Eigenverantwortung wird bestraft, Abhängigkeit belohnt.

Das Vertrauen in die Altersvorsorge ist ohnehin angeschlagen. Nach der Annahme der 13. AHV-Rente und der Ablehnung der BVG-Reform zeigt sich: Reformen, die unser Vorsorgesystem langfristig stabilisieren, sind extrem schwierig. Anstatt die Altersvorsorge zu stärken, giesst der Bundesrat nun weiteres Öl ins Feuer. Wer garantiert, dass nicht bald weitere Steuererhöhungen folgen? Warum sollte man überhaupt noch in die dritte Säule einzahlen oder Pensionskasseneinkäufe tätigen, wenn sich die Bedingungen jederzeit verschlechtern können?

Fazit: Der Bund hat kein Einnahmenproblem – er hat ein Ausgabenproblem. Wer sich weigert, dieses zu lösen, greift reflexartig zum einfachsten Mittel: Steuererhöhungen für den Mittelstand. Doch diese Rechnung geht nicht auf. Wer vorsorgt, soll dafür nicht bestraft werden. Ganz im Gegenteil – Eigenverantwortung sollte gefördert, nicht untergraben werden.