Nach einer fünfwöchigen Hängepartie soll ein EU-Sondergipfel am Sonntagabend den Streit über die Nachfolge von Kommissionschef Jean-Claude Juncker endlich beilegen. Chancen auf das mächtige Amt hat offenbar der niederländische Sozialdemokrat Frans Timmermans.

Der deutsche Anwärter, der CSU-Politiker Manfred Weber von der Europäischen Volkspartei (EVP), ist für einen anderen Spitzenposten im Gespräch. Doch wird tagsüber noch verhandelt.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Samstag von einer möglichen Lösung mit Weber und Timmermans gesprochen. Die beiden hatten ihre Parteienfamilien als Spitzenkandidaten in die Europawahl Ende Mai geführt, und das Europaparlament will nur einen der Spitzenkandidaten als Chef der EU-Kommission wählen. «Auf jeden Fall sind die beiden Spitzenkandidaten Teil der Lösung, und das ist ganz wichtig», sagte Merkel beim G20-Gipfel im japanischen Osaka.

Um Junckers Nachfolge beworben hat sich auch die dänische Liberale Margrethe Vestager, die aber nicht alleinige Spitzenkandidatin ihrer Parteienfamilie war. Viele andere Namen wurden seit der Europawahl immer wieder genannt, darunter Brexit-Unterhändler Michel Barnier, die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, Weltbank-Managerin Kristalina Georgiewa oder die Regierungschefs der Niederlande, Mark Rutte, und Kroatiens, Andrej Plenkovic.

Macron ist Gegner Spitzenkandidaten-Prinzips

Vor allem der französische Präsident Emmanuel Macron ist Gegner des Spitzenkandidaten-Prinzips, das dem direkt gewählten EU-Parlament grossen Einfluss gibt. Macron stellte sich bei zwei Gipfeln im Mai und Juni auch vehement gegen den Deutschen Weber, obwohl dessen EVP bei der Wahl stärkste Partei geworden war.

Die «Welt am Sonntag» meldete, Weber sei nun für den Posten des Kommissionschefs aus dem Rennen. Genannt wurde der CSU-Politiker stattdessen zuletzt für das Amt des EU-Parlamentspräsidenten oder eines Ersten Vizepräsidenten der Kommission.

Neben dem Amt des Kommissionspräsidenten - einer Art Brüsseler Regierungschef der EU - sind nämlich noch weitere Spitzenposten zu besetzen: Gesucht werden Präsidenten des Europäischen Rats, des EU-Parlaments und der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie ein neuer Aussenbeauftragter.

Der Gipfel soll ein Personalpaket schnüren aus Männern und Frauen, verschiedenen Parteien und unterschiedlichen EU-Regionen. Einige der Kandidatennamen für die Juncker-Nachfolge könnten für andere Posten wieder auftauchen.

Tagsüber soll am Sonntag noch verhandelt werden: EU-Ratschef Donald Tusk wollte vor dem Mittag die Fraktionschefs im Parlament treffen. Nachmittags waren getrennte Vorgespräche der EVP und der Sozialdemokraten geplant, bevor der Gipfel um 18 Uhr beginnen sollte.

(sda/tdr)