Regulierung, Bevormundung, Paternalismus – die Konsumentenfreiheit in der Schweiz ist nach Ansicht von Avenir Suisse in zu vielen Bereichen eingeschränkt. In einer neuen Studie schlägt die liberale Denkfabrik deshalb vor, den Konsumentenschutzorganisationen die Subventionen zu streichen und den Wettbewerb zu stärken.

Die Wahlmöglichkeiten von Konsumenten sind heute viel grösser als noch vor 50 Jahren: Flossen 1966 noch 36 Prozent der Haushaltsausgaben in Nahrungsmittel, waren es 2014 noch 12 Prozent. Heute gibt es nicht nur mehr und bessere Produkte und Dienstleistungen, die Güter sind auch billiger geworden, wie der Autor der Studie, Samuel Rutz, am Dienstag vor den Medien sagte.

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Paragrafen-Protektionismus

Verantwortlich für diese Entwicklung sei aber nicht der Mitte der 1960er Jahre aufkommende Konsumentenschutz, sondern der intensivere Wettbewerb, betonte Rutz. Dieser neugewonnenen Konsumentenfreiheit werde jedoch durch zahlreiche Regulierungen eingeschränkt: Jährlich würden durchschnittlich knapp 60 Gesetzesänderungen beschlossen

Viele dieser Änderungen dienten aber nicht dem Wohl der Konsumenten. So führten Regulierungen oftmals dazu, dass Produktions- und Vertriebsprozesse verteuert oder Markteintrittsschranken geschaffen würden. Als Beispiele nannte Rutz die Forderungen nach Protektionismus im Agrarsektor oder spezifische Schweizer Deklarationspflichten.

Gegen «umfassenden» Konsumentenschutz

Vom Konsumentenschutz ist laut der Studie heute beinahe jeder Lebensbereich betroffen. Massnahmen zum Schutz der Konsumenten würden nicht nur im Bereich der Gesundheit und Produktesicherheit erlassen, sondern ebenso im Bestattungswesen, der Hotellerie oder in der Schifffahrt.

Den Sinn dieses «umfassenden Schutzes» zieht Autor Rutz in Zweifel. Konsumentenpolitik müsse den Wettbewerb und die Konsumentenfreiheit schützen. Der Staat solle sich grundsätzlich darauf beschränken, die Konsumenten mittels rechtlicher Vorgaben zu schützen und zu stärken. Intervenieren soll der Staat höchstens, wenn die Märkte nicht wunschgemäss funktionierten. Konsumentenpolitik dürfe aber keinesfalls bevormunden, erziehen oder lenken. «Nicht der Konsument, sondern der Wettbewerb muss geschützt werden», sagte Rutz.

Kein Informationsnachteil

Die traditionelle Annahme, der Konsument sei schlecht informiert und müsse geschützt werden, verkomme zusehends zum Anachronismus. Dank Globalisierung und Digitalisierung habe sich die Informationslage der Konsumenten massiv verbessert. Auf dem Internet gebe es zahlreiche Ratgeberplattformen, die bei unzähligen Themen Rat bieten.

Die Vorschläge von Avenir Suisse zielen auf eine Reform der konsumentenpolitischen Institutionen und Entscheidungsprozesse. «Weniger wäre mehr», sagte Rutz. Konkret soll sichergestellt werden, dass keine Regulierungen umgesetzt werden, welche die Souveränität der Konsumenten schwächen oder deren Interessen zuwiderlaufen.

Neuorganisation der Schweizer Konsumentenpolitik

Konkret schlägt der Think Tank konsumentenpolitische «Regulierungs-Checks» vor. Diese wären dem Büro für Konsumentenfragen (BFK) zu übertragen, dem Kompetenzzentrum des Bundes für die Belange der Konsumenten im Rahmen der allgemeinen Wirtschaftspolitik. Mit der Verabschiedung der Resultate dieser «Regulierungs-Checks» sollte demnach die Eidgenössische Kommission für Konsumentenfragen (EKK) beauftragt werden. Diese berät den Bundesrat und die Departemente in konsumpolitischen Fragen. Ihr gehören Vertreter der Konsumenten, der Wirtschaft und der Wissenschaft an.

Weil Avenir Suisse eine budgetneutrale Umsetzung anstrebt, würden im Gegenzug die Subventionen für die Konsumentenschutzorganisationen gestrichen. Diese belaufen sich auf jährlich eine Million Franken.

(sda/ise)