Vor einer Woche hat Bundespräsidentin Keller-Sutter den Rechnungsabschluss für das vergangene Jahr präsentiert. Zum ersten Mal seit 2019 schliesst der Bund mit einem Resultat ab, das mit einem Defizit von 80 Millionen Franken als fast ausgeglichen bezeichnet werden kann. Auch wenn ein bisschen Glück im Spiel war und die Einnahmen um 1,4 Prozent höher ausfielen als budgetiert, ist das ein Grund zum Feiern. Vier Jahre nach der Covid-Krise ist der Bundeshaushalt fast wieder im Gleichgewicht. Eine solche Entwicklung entspricht der Wunschvorstellung fast aller ökonomischen Lehrbücher. Vor der Covid-Krise schrieb der Bund hohe Überschüsse, in der Krise Milliarden-Fehlbeträge und vier Jahre später ein (fast) ausgeglichenes Rechnungsergebnis. Keynesianische Stabilisierungspolitik in Reinkultur.
Der Gastautor
Serge Gaillard ist Ökonom und ehemaliger Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung.
Kritiker der Schuldenbremse mögen sich nicht freuen. Sie finden diese zu restriktiv, weil die Ausgaben nur im Gleichschritt mit den Einnahmen wachsen dürfen. Sie würden lieber die Schuldenquote stabilisieren und nicht das Niveau der Schulden, was in guten Zeiten höhere Ausgaben zuliesse. Interessant ist deshalb auch die Entwicklung der Nettoschuldenquote des Bundes. Sie ist heute noch immer leicht höher als vor zehn Jahren. In einigen Jahren dürfte sie das Niveau von vor einem Jahrzehnt aber wieder erreicht haben. Auch hier: Stabilität, so weit das Auge reicht. Das zeigt, dass die Schuldenbremse auch gemäss diesem Kriterium gut abschneidet: Die Kombination einer restriktiven Ausgabenregel mit pragmatischer Grosszügigkeit in Krisenzeiten führt langfristig zu einer mehr oder weniger stabilen Schuldenquote. Diese Kombination ist sicher besser als eine grosszügige Ausgabenregel in guten Zeiten und Sparmassnahmen in Krisenzeiten.
Der Bundesrat will diese bemerkenswerte Stabilität bewahren. Dazu hat er eine einfache Strategie vorgeschlagen, die auf zwei Säulen beruht. Einerseits soll die 13. AHV-Rente durch höhere Einnahmen im Umfang von fast 2,5 Milliarden Franken finanziert werden. Der Bundesrat schlägt dabei höhere Zuschläge zur Mehrwertsteuer vor, denkbar wäre auch eine Mischung aus Zuschlägen zur Mehrwertsteuer und höheren Lohnbeiträgen. Anderseits soll der Bundeshaushalt durch gezielte Sparmassnahmen und geringe Mehreinnahmen um rund 3 Milliarden Franken entlastet werden. Damit kann bis 2030 einerseits die Schuldenbremse des Bundes eingehalten werden, andererseits auch die Vorgabe des AHV-Gesetzes, wonach der Ausgleichsfonds Reserven im Umfang von einer Jahresausgabe enthalten muss. Folgt das Parlament dem Bundesrat, wird sich die Finanzpolitik wieder in ruhigen Bahnen bewegen. Und die Politik kann sich auf die vielen Herausforderungen konzentrieren, vor denen wir stehen.