Jetzt also auch die Raiffeisen: Nach den beiden internationalen Schwergewichten UBS und Credit Suisse sowie der Zürcher Kantonalbank ist nun auch die Genossenschaftsbank systemrelevant. Das heisst laut Bankengesetz: Der Ausfall des Instituts würde die Schweizer Wirtschaft und das hiesige Finanzsystem erheblich schädigen.
Das Problem: Je grösser eine Bank ist, desto grösser auch die Gefahr, dass der Staat im Krisenfall einspringen muss, um ein Überschwappen der Schwierigkeiten auf andere Finanzinstitute zu verhindern. Für die Schweizer Bürgerinnen und Bürger bedeutet das im Klartext: Sollte Bundesbern die Raiffeisenbank oder ein anderes grosses Institut in einer neuen Krise retten wollen, könnte es für alle Beteiligten sehr teuer werden.
Zwar machte die Schweizerische Nationalbank (SNB) mit der milliardenschweren Rettung der UBS 2008 unterm Strich einen saftigen Gewinn – der Rückkauf der einstigen Schrottpapiere brachte im vergangenen Jahr 3,8 Milliarden Dollar, hinzu kamen Zinszahlungen von rund 1,6 Milliarden Dollar. Doch es ist höchst ungewiss, ob die Schweiz bei einer neuerlichen Bankenkrise ähnlich glimpflich davon kommt.
IWF: Schweizer Banken sparen dank «too-big-to-fail» viel Geld
Das Schweizer Problem des «too-big-to-fail» (zu gross, um in die Pleite zu rutschen) ist mit der heutigen Entscheidung damit wieder im Fokus. Nach Ansicht vieler Wissenschafter ist vor allem problematisch, dass Risiken und Erträge zwischen den Banken und der Gesellschaft ungleich verteilt sind. Der Zürcher Finanzwissenschaftler Marc Chesney glaubt, dass die Schweizer Aufsicht das Problem des «too-big-to-fail» nicht ernsthaft genug angeht. «Die grossen Banken werden heute subventioniert», sagte er kürzlich im Interview.
Weil einige Banken zu gross seien, müssten sie deutlich niedrigere Zinsen zahlen als es auf einem normalen Markt üblich wäre. Chesney verweist auf eine Studie des Internationale Währungsfonds (IWF): Derzufolge sparten die Schweizer Banken, die too-big-to-fail sind, in den Jahren 2011 und 2012 rund 50 Milliarden Dollar. «Das widerspricht der Idee des Liberalismus», so der Vizedirektor der Instituts für Banking und Finance an der Uni Zürich.
30 Prozent Eigenkapital besser?
Andere Bankenexperten sind ebenfalls besorgt. Zu den weltweit besten Wissenschaftlern auf dem Gebiet zählen der Deutsche Martin Hellwig und die Stanford-Professorin Anat Admati. Sie veröffentlichten im vergangenen Jahr das viel beachtete Buch «Des Bankers neue Kleider: Was bei Banken wirklich schief läuft und was sich ändern muss». Beide Wissenschaftler sprachen sich in der Vergangenheit bereits des Öfteren für ungewichtete Eigenkapitalquoten von bis zu 30 Prozent für Banken aus.
Auch Chesney spricht sich für klare Regeln aus. Stattdessen sieht das mehrere 100 Seiten dicke Regelwerk Basel III verschiedene risikogewichtete Quoten vor – oft blicken da selbst erfahrene Beoabachter nicht vollständig durch.
Schweiz hat nach der Finanzkrise reagiert
Allerdings darf nicht vergessen werden: Die Finanzaufsicht Finma hat seit der Finanzkrise reagiert, die neuen Anforderungen für Banken sind in der Schweiz strenger als anderswo. Diese neuen Regeln entfalten nun erst ihre Wirkung. Und die Schwergewichte bemühen sich: Die Eigenkapitalquote der UBS liegt inzwischen bei international vergleichsweise hohen gut 13 Prozent. Die Credit Suisse hingegen hinkt der Konkurrenz hinterher.
Für die Raiffeisen Bank laufen die Gespräche mit der Finma – auch bezüglich höherer Kapitalanforderungen – nun erst an. Ob das Ergebnis als Puffer im Falle einer neuen Finanzkrise ausreicht, darüber kann heute nur gemutmasst werden.