Die FDP schreibt auf ihrer Website Folgendes über sich: «Wir stehen ein für Selbstverantwortung, Wettbewerb und gesunde Staatsfinanzen – und wir bekämpfen Bevormundung, Bürokratie und einen aufgeblähten Staat.» Klingt gut. Wenn denn die wichtigsten Aushängeschilder der Partei auch danach handeln würden. Doch genau das tut eine der wichtigsten FDP-Exponentinnen nicht: Bundesrätin Karin Keller-Sutter.
Die Justizministerin hat auf Druck von Grenzkantonen aus ihrer ostschweizerischen Heimat eine Vernehmlassung angestossen, die zum Ziel hat, die sogenannte Wertfreigrenze für die Einfuhr von Waren in die Schweiz von 300 auf 150 Franken zu halbieren. Was technisch klingt, ist im Kern simpel: Keller-Sutter will den Einkaufstourismus erschweren. Und schafft so mehr Bürokratie, bläht den Staat auf, schwächt den Wettbewerb und bevormundet die Schweizer Bürgerinnen und Bürger. Sie tut also das Gegenteil dessen, was sich ihre Partei auf die Fahnen geschrieben hat.
Als wäre die magistrale Verlogenheit nicht schon schlimm genug, beschäftigt sich der Staat beim Einkaufstourismus mit Dingen, die ihn eigentlich nichts angehen. Wer wo einkauft, hat weder Keller-Sutter noch sonst jemanden zu interessieren. Vernünftig handelnde Menschen kaufen das, was sie brauchen oder auch nur haben wollen dort, wo es am günstigsten oder schlicht am bequemsten ist. Und wenn gewisse Produkte in deutschen Supermärkten 30, 40, 50 Prozent günstiger sind als bei Migros oder Coop, macht es eben Sinn, für den Shoppingtrip ab und zu den Rhein zu überqueren.
Wenn es die Aufgabe des Staates wäre, den hochpreisigen Schweizer Handel vor Konkurrenz zu schützen, müsste er auch sicherstellen, dass teurere Supermärkte in der Schweiz – man denke an Migros oder Coop – vor billigeren Anbietern – man denke an Denner, Aldi, Lidl – geschützt würden. Und das ist, wie wohl alle anerkennen, eine absurde Vorstellung. Genauso absurd allerdings bleibt die Vorstellung, wenn der billigere Anbieter im benachbarten Ausland sitzt.
Der wirtschaftliche Erfolg der Schweiz hängt zu einem sehr guten Teil an offenen Grenzen, am Austausch mit der Welt. Dafür setzt sich der Bundesrat zu Recht engagiert und mit Erfolg ein. Der Abbau von Zollgrenzen oder Freihandelsabkommen sind relevante Faktoren, um Schweizer Unternehmen im internationalen Wettbewerb zu stärken. Umso unverständlicher ist es, wenn für Konsumentinnen und Konsumenten andere Maximen gelten sollen. Wer sich für freien Handel einsetzt, kann nicht gleichzeitig anderswo höhere Hürden aufbauen.
3 Kommentare
Kann man so sehen, Herr Speiser.
Der guten Ordnung halber aber:
- KKS ist jetzt ja eben Finanzministerin (nicht EJPD)
- Denner gehört ja jetzt zur Migros und wird kaum als Gegner der MM auftreten.
Details, aber es geht ja um den Detailhandel...:-)
Lieber Herr Speiser,
egal, wie liberal man denkt, kann man m.E. nicht für eine möglichst hohe Freigrenze argumentieren.
In fast jedem Land der Welt gibt es eine Mehrwertsteuer. Solange man nicht grundsätzlich gegen eine Mehrwertsteuer argumentiert, gibt es auch kein logisches, wirtschaftliches oder moralisches Argument dafür, diese für Einkäufe jenseits der Grenze aufzuheben.
Es geht eben NICHT um Zölle, es geht nicht darum, warum man nur 1 kg Fleisch pro Person oder 1 l Alkohol importieren darf, bevor man Zölle bezahlt usw.
Es geht ausschliesslich darum, warum man die deutsche MWST zurück erhält und die Schweizer MWST nicht bezahlen sollte, wenn man Dinge in Lörrach statt in Basel einkauft.
Wie Herr Güntert absolut logisch argumentiert: Es geht ausschliesslich um die Steuergerechtigkeit bei dieser Entscheidung.
Sie liegen zum Teil falsch. Soo gross ist die Preisdifferenz nicht. Hauptsächlich beim Fleisch ist er gross aber das liegt nicht an den Schweizer Händlern sondern am Verteuern durch den Staat.
Es ist aber unfair wenn man gar keine Steuern bezahlt. Alle die diese Möglichkeit nicht haben sind die Geprellten.
Wir kaufen auch im Ausland ein aber sind uns dessen bewusst. Alle Deutschen und die Schweizer, die diese Möglichkeit nicht nutzen (können), haben durch zu hohe Entlastung das Nachsehen. Finden Sie das wirklich gerecht? Komisches Rechtsempfinden und Fairness.