Eines muss man Xavier Milei lassen. Der seit rund einem Jahr amtierende argentinische Präsident, der sich selbst als libertären Anarcho-Kapitalisten bezeichnet, verfolgt seine Ideale mit aller Konsequenz. Dazu gehören nicht nur der radikale Sparkurs und die Deregulierung, sondern auch die Öffnung der Wirtschaft.

So hat Milei entgegen dem Zeitgeist die Zölle gesenkt und andere Importrestriktionen der Vorgängerregierungen gelockert. Diese sollten die lokale Industrie schützen, sind aber ein Grund, weshalb die Argentinierinnen und Argentinier für viele Güter viel zu viel bezahlen.

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Eine Tafel Schokolade aus Europa etwa kostet umgerechnet 8 Franken. Am anderen Ufer des Río de la Plata in Uruguay gibt es sie zum halben Preis. Auch importierte Küchengeräte kosten mehr als das Doppelte als zum Beispiel in den USA. Und für ein iPhone 15 muss man in Buenos Aires 3000 Dollar hinblättern – das entspricht etwa sechs durchschnittlichen Monatslöhnen.

«Wir senken die Zölle, die das katastrophale Ziel hatten, Importe durch heimische Produkte zu ersetzen», sagt Milei. Das ganze Land habe dafür mit überteuerten Gütern und Dienstleistung von schlechterer Qualität bezahlt, zugunsten von ein paar wenigen Privilegierten.

So klingt es, wenn ein Populist mit ökonomischer Ausbildung den Leuten den Vorteil von Freihandel und internationaler Arbeitsteilung erklärt. Und es ist exakt das Gegenteil dessen, was Donald Trump und seine Zoll-Einflüsterer seit Jahren propagieren. Sie wollen die heimische Produktion mit allen Mitteln schützen und nehmen dafür höhere Preise für die Konsumenten oder Produkte von minderer Qualität in Kauf. Und provozieren Vergeltungszölle, die wiederum den heimischen Produzenten schaden.

Auch wenn sich die beiden in vielen Belangen einig sind und ein ähnliches Temperament haben, in Bezug auf die Aussenhandelspolitik ist Milei der Anti-Trump. 

Klar, auch diese Massnahme von Milei wird für viele Argentinierinnen und Argentinier schwerwiegende Folgen haben und die Arbeitslosigkeit punktuell verschärfen. Die industrielle Basis wird weiter erodieren, wenn Argentinien den Markt spielen lässt und sich auf seine Stärken konzentriert, die Milei im Energie- und Rohstoffsektor sieht.

Aber es ist ihm hoch anzurechnen, dass er sich in Zeiten von umgreifendem Protektionismus und Abschottung für offene Grenzen einsetzt. Gleichzeitig ist es auch sehr bedenklich, dass ausgerechnet ein ziemlich durchgeknallter Populist aus einem ärmeren Land, das Schutzzölle noch am ehesten rechtfertigen könnte, der letzte Kämpfer für den Freihandel ist.