Für gewöhnlich steht der tschechische Staatspräsident im staatlichen Rundfunk alle drei Monate in einem Liveauftritt Rede und Antwort. Diese Tradition geht auf den Mitbegründer und ersten tschechoslowakischen Staatspräsident Tomáš Masaryk zurück. Doch mit dem letzten Auftritt vom 2. November 2014 hat der amtierende Staatspräsident Miloš Zeman mit einer vulgären Entgleisung eine Kontroverse und viel Protest ausgelöst.
Nach etwa 35 Minuten wurde im Gespräch die russische Politik insbesondere der Umgang mit politischen Gefangenen sowie Gegner von Wladimir Putin thematisiert. Der Staatspräsident machte klar, dass er in Mikhail Khodorkovsky keinen politischen Gefangenen sieht und widmet sich in seinen weiteren Ausführungen den russischen Aktionskünstlern, die auch bekannt sind als die Punkband «Pussy Riot».
Vulgäre Sprache
Dabei übersetzt er das englische Wort «Pussy» sogleich mit einem vulgären Ausdruck für weibliche Genitalien («kunda»). Und es blieb nicht beim einen Ausrutscher – Zeman brauchte das Wort gleich mehrmals im selben Interveiw.
Bereits in der Vergangenheit fiel Zeman durch respektloses Verhalten bei öffentlichen Auftritten negativ auf, gern auch in angetrunkenem Zustand. Mit seiner Entgleisung vom November hat der Staatspräsident das Fass zum Überlaufen gebracht.
Rücktrittsforderungen von allen Seiten
Nach einer Rüge durch den tschechischen Rundfunkrat erlaubt der Leiter des öffentlichen tschechischen Radios Peter Duhan nur noch aufgezeichnete Auftritte des Staatspräsidenten. Dieser wiederum besteht auf der Liveübertragung und erwägt, auch in privaten Sendern live aufzutreten. Ungeachtet dessen fordern viele Politiker und Bürgerinitiativen öffentlich den Rücktritt von Zeman. Auch in der Bevölkerung hat er seinen Rückhalt verloren.
Bereits am ersten Dezember wurden 100'000 Unterschriften gesammelt für eine Petition, die den Rücktritt des Präsidenten fordert. Auch seine Weihnachtsansprache von letzter Woche wurde eher gemieden. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Einschaltquote von 1,25 Millionen Zuschauern auf 800'000 deutlich, wie Radio Praha berichtete.
Auch im Inhalt weicht seine Ansprache deutlich von den bisherigen ab. Denn anders als für Politiker in Tschechien üblich beschäftigte er sich hauptsächlich mit seinem eigenen Leistungsausweis des vergangenen Jahres.
«Selbstverteidigung des eigenen Handelns»
«Bisher waren wir daran gewöhnt, dass der Präsident der Republik darüber spricht, was die Gesellschaft interessiert, über was man nachdenken und wohin der Weg führen sollte. Die jetzige Ansprache des Präsidenten war jedoch vielmehr eine Art Selbstverteidigung des eigenen Handelns», monierte Stanislav Polčák, Abgeordneter bei der wirtschaftsliberalen Rechtspartei Top 09. Ob Zeman seine fünfjährigen Amtszeit bis 2018 aussitzen kann, wird nach diesem Auftritt nochmals unsicherer.
Staatspräsident Miloš Zeman fällt oft aus dem Rahmen - zum Entsetzen der Tschechen: