Zürich gefällt sich sehr in der Rolle des First Mover. Ploppt ein Trend auf, will man vorne dabei sein. Beim Hugo-Longdrink, aber auch in Sachen Digitalisierung, bei der man es heute mit mancher Tech-Metropole Europas aufnehmen kann. Diesen kreativen Zukunftsdrang vermisst man beim Thema Steuerbelastung komplett. Seit 15 Jahren zeigen Statistiken, dass der Wirtschaftsmotor der Schweiz zur Steuerhölle geworden ist, die florierende Firmen abschreckt. Der Saldo von Zuzug und Wegzug ist chronisch negativ. Firmen und ihre Mitarbeitenden fliehen von Zürich nach Zug, nach Schaffhausen oder in den Thurgau. Weil in Zürich die Steuerbelastung und die Mieten zu hoch sind.

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Mit der geplanten Senkung der kantonalen Unternehmenssteuern liefert Finanzchef Ernst Stocker jetzt immerhin eine Vorlage, die in die richtige Richtung geht und den Abstand verkleinert. Die Steuerlast auf Gewinne wird um 1 Prozent gesenkt, falls das Stimmvolk am 18. Mai Ja sagt. Nur sollte man sich nichts vormachen: Ein Prozentchen weniger – das löst das Grundproblem nicht. Zürich ist und bleibt wenig konkurrenzfähig, zumal sich die anderen Kantone bewegt und ihre Steuersätze gekappt haben. Zürich, das sich gerne als Vorreiter gibt, wäre – bei einem Ja an der Urne – bestenfalls ein lahmer Nachzügler.

Ausgelöst durch Bemühungen von Genf und Waadt sind die Firmensteuern nämlich massiv ins Rutschen geraten. Heute liegt die mittlere Steuerbelastung bei 14 Prozent, also meilenweit tiefer als in der Stadt Zürich (19,6 Prozent). Auf mittlerem nationalen Niveau agieren Wirtschaftszentren wie Basel-Stadt und Genf sowie die Anrainerkantone St. Gallen, Schaffhausen und Schwyz. Diese Regionen haben mit ihrem Mut zu einer forschen Gangart Steuersubstrat aus dem In- und Ausland angelockt. Und den Beweis erbracht, wie die Mechanik funktioniert: Wer Steuern senkt, wird mit Zuzügen und schliesslich mit Mehrertrag belohnt. Diese Einsicht hat den Wettbewerb der Stände erst richtig entfacht. Ein Segen für die Schweiz, zumal es jene Politikerkaste halbwegs im Zaum hält, die nichts lieber tut, als das Geld der anderen zu verteilen.

Gerade in Zeiten der Unsicherheit, in denen Donald Trump Firmen mit zweistelligen Zollsätzen drangsaliert und «Tariff» zu seiner Lieblingsvokabel erhebt, ist Standortpflege noch wichtiger. Es geht um eine Senkung der Kostenbasis der Unternehmen – mit kompetitiven Steuersätzen, effizienten Bewilligungsverfahren, eingedämmter Regulierungswut. Denn es zeichnet sich ab: Handel treiben, eine lebenswichtige Domäne des Landes, wird im Zeitalter des starken Frankens, von Strafzöllen und Importbarrieren nur teurer. Dagegen hilft ein beherzter Steuerwettbewerb.