Der 10. Dezember 2003 markierte das «Aus für die Zauberformel», sie wurde «geknackt», ja «gesprengt». So jedenfalls kommentierten die Zeitungen damals die Abwahl der CVP-Bundesrätin Ruth Metzler und die Wahl des SVP-Lenkers Christoph Blocher. Aber das politische Gedächtnis ist kurz, sehr kurz sogar. Und so wurde aus Machtkalkül, Nachlässigkeit oder Nichtwissen aus der «neuen Regierungsformel» schnell wieder die alte «Zauberformel».
Bei der Umschreibung der Geschichte hat der Umstand geholfen, dass sich die neue Zusammensetzung des Bundesrats ebenfalls auf die mathematische Formel 2+2+2+1 reduzieren lässt:
Aus 2 FDP + 2 CVP + 2 SP + 1 SVP wurde 2 FDP + 2 SVP + 2 SP + 1 CVP.
Doch die Magie, die der Architekt der Zauberformel, der damalige CVP-Generalsekretär Martin Rosenberg, 1959 nicht ganz uneigennützig eingebaut hatte, ging verloren: Mit dem Ziel, die Vormachtstellung des Freisinns zu brechen, hatte er eine Formel entworfen, bei welcher die beiden Christdemokraten mit links oder rechts paktieren konnten und so für wechselnde Mehrheiten sorgten.
Die Zauberformel lässt sich also auf ein 3+2+2 verkürzen, auf 3 Sitze für die Rechte (2 FDP; 1 SVP), 2 für die Mitte (2 CVP) und 2 für die Linke (2 SP). Die aktuelle Formel jedoch basiert auf dem 4+1+2-Muster mit einem dominierenden rechten Block (2 FDP; 2 SVP), einer marginalisierten Linken (2 SP) und einer bedeutungslos gewordenen Mitte (1 CVP).
System wird Parteienlandschaft nicht mehr gerecht
Mit dieser, den neuen Kräfteverhältnissen im Nationalrat angepassten Formel, so die Hoffnung der Parteistrategen, sollten Konkordanz und Stabilität gerettet werden. Seitdem wiederholen Politiker landauf, landab, dass die drei grössten Parteien zwei Sitze im Bundesrat erhalten, die viertgrösste einen. Gemessen an den Wähleranteilen müsste die CVP also jetzt ihren Stuhl in der Regierung zugunsten der Grünen räumen. Stützt man sich, wie einst Rosenberg, aber auf die Anzahl Sitze der Fraktionen in beiden Kammern, dann blieben die Grünen aussen vor, und die FDP müsste der CVP einen Sitz abgeben.
Wie auch immer: Das zeigt vor allem, dass das heutige System der neuen Parteienlandschaft nicht mehr gerecht wird. Es braucht eine neue Formel, allenfalls eine mit neun Bundesräten, wie es der Historiker Urs Altermatt schon lange fordert. Aber sicher eine, die alle politischen Kräfte einbindet und wechselnde Mehrheiten ermöglicht. Nur so gibts Konsens und Stabilität. Diese Formel könnten wir dann auch wieder Zauberformel nennen.