Grundsätzlich ist das Gesetz über die berufliche Vorsorge geschlechtsneutral und benachteiligt niemanden aufgrund seines Geschlechts. Die Problematik der niedrigeren Rentenleistungen für Frauen ist in erster Linie gesellschaftlich bedingt. Einerseits sind Frauenlöhne im Schnitt nach wie vor tiefer als jene der Männer und andererseits ist die Erwerbsquote ab der Mutterschaft tiefer. Künftig wird das Einkommen zu 80 Prozent versichert, was einem Koordinationsabzug von 20 Prozent entspricht. Diese Berechnung wirkt sehr gezielt auf eine Verbesserung der Renten von Niedriglöhnen hin. Aufgrund der paritätischen Finanzierung des BVG steigt der persönliche Beitrag der Versicherten im gleichen Verhältnis wie der des Arbeitgebers, wobei letzterer ebenfalls einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Renten der Arbeitnehmer leistet.
Der pauschale Koordinationsabzug benachteiligte bisher Teilzeitangestellte und Personen mit mehreren Jobs. Zwar stand es dem Arbeitgeber frei, den Koordinationsbetrag im Verhältnis zum Beschäftigungsgrad zu kürzen, doch war er nicht dazu verpflichtet.
An der zweiten Säule wurde immer wieder bemängelt, dass sie den Verbleib älterer Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt aufgrund der zunehmenden Altersguthaben erschwere. Der Gesetzgeber wollte diesen Missstand korrigieren und sieht nur noch zwei Altersgutschriften vor: 9 Prozent für 25- bis 44-Jährige und 14 Prozent ab 45 Jahren. Somit liegen diese unter den aktuell geltenden Altersgutschriften, die bis zu 18 Prozent betragen. Es ist jedoch zu beachten, dass auch der versicherte Grundlohn angepasst wurde, was zu einer schrittweisen Erhöhung des versicherten Lohnes und der Spargutschriften führt. Das Ziel der Beschäftigungsfähigkeit von Arbeitnehmenden über 55 Jahren ist somit nur teilweise erreicht, doch unterstützt die Reform die Erhaltung ihres Leistungsniveaus.
Kompensationsmassnahmen sollen die Auswirkungen der Senkung des Umwandlungssatzes für Versicherte, die kurz vor der Pensionierung stehen, mildern. Sie werden in besonderen Situationen gekürzt wie Frühpensionierung, Bezug eines Teils der Leistungen in Kapitalform oder Bezug für den Kauf von Wohneigentum in den letzten 20 Jahren vor der Pensionierung.
«Gewinner sind alle Versicherten, für die die Unternehmen die besten Vorsorgelösungen finden können.»
Derzeit finanzieren die jungen Versicherten aufgrund der hohen Lebenserwartung den Umwandlungssatz mit. Eines der Hauptziele der Reform ist die zumindest teilweise Abschaffung der aktuellen Umverteilung von berufstätigen Versicherten zu den Neurentnern. Die Kosten für Kompensationsmassnahmen sind jedoch beträchtlich. Bevor die jungen Versicherten voll in den Genuss der Reform kommen, müssen sie diese über weite Teile ihres Berufslebens finanzieren.
Für Selbstständige bringt die Reform nichts Neues. Das heisst, sie haben weiterhin die Wahl, ob sie sich über das System der drei Säulen versichern wollen und sind somit für ihre Situation im Ruhestand selbst verantwortlich.
Die Behauptung, die Reform sei ein Nullsummenspiel, hat damit zu tun, dass die Pensionskassen nur als Vermittlerinnen zwischen den berufstätigen Versicherten, den Leistungsempfängern und den Arbeitgebern fungieren. Sie kassieren Beiträge ein, investieren und zahlen Leistungen aus. Eine der Stärken der Reform ist, dass sie nach den Übergangsgenerationen das Gleichgewicht der Finanzierung der Rentenleistungen zumindest teilweise wiederherstellt und somit langfristig zur Stärkung der gesamten zweiten Säule beiträgt.
Vorsorgelücken schliessen: Der Wohlstand von morgen
Am 4. September Vormittags unterhalten wir uns im Hotel Widder mit Vorsorge-Experten zur bevorstehenden BVG-Reform-Abstimmung – Sie sind herzlich eingeladen.
Der zweite HZ Focus Day, in Kooperation mit unserem Partner Group Mutuel, beleuchtet kurz vor der Abstimmung des Schweizer Stimmvolks das Thema BVG-Reform. Wie steht es um unser Sozialleistungssystem im Allgemeinen? Welche Zukunftsperspektiven ergeben sich? Und welche Defizite müssen behoben werden? Unter der Moderation von Dr. Hugo Bigi haben wir renommierte Experten zu diesem Thema eingeladen: Professorin Dr. Yvonne Seiler Zimmermann, die an einer wegweisenden Studie beteiligt war sowie Dr. Jêrome Cosandey, Forschungsleiter bei Avenir Suisse, der mit Ihnen die individuelle Säule 3a beleuchten wird. Im anschliessenden Panel diskutiert Dr. Hugo Bigi mit Flavia Wasserfallen (Ständerätin), Andri Silberschmidt (Nationalrat), Lukas Müller-Brunner (Präsident ASIP) sowie dem Polit-Philosophen Dr. Francis Cheneval zur Abstimmung im September. Der Event ist kostenfrei und beinhaltet einen anschliessenden Lunch im Widder Hotel Zürich.