Um das Virus auf globaler Ebene bekämpfen und die Pandemie schnellstmöglich eindämmen zu können, wurden Vakzine und Medikamente innerhalb von nur wenigen Monaten hergestellt. Üblicherweise dauert dies mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte. Verschiedene Phasen der klinischen Studien wurden überlagert, um den gängigen Prozess zu beschleunigen. Welche Auswirkungen diese Veränderungen für die Life Science-Industrie hatten – oder noch immer haben –, fasst der Bericht Life Science in Pandemiezeiten: Erfahrungen der letzten beiden Jahre des Industrieversicherers Chubb in Zusammenarbeit mit der Anwaltskanzlei Kennedys zusammen.

Klinische Studien im Wandel

«Wenn man sehr schnell mehrere Phasen übereinander lagert, verringert sich die Fähigkeit, das Gesamtbild und potenzielle künftige Probleme erkennen zu können. Es ist eine Frage der Risikotoleranz», erklärt Alex Forrest, Head of Industry Practices and Life Sciences – Overseas General Chubb, im Bericht. «Aus juristischer Sicht sind wir noch nicht aus dem Gröbsten heraus, was die Verkürzung der Pandemie-Studien angeht», ergänzt Karishma Paroha, Legal Director Kennedys. «Schon jetzt gibt es vereinzelte Schadenforderungen im Zusammenhang mit Nebenwirkungen von Impfstoffen, die Testfälle für die Versicherer und Rechtssysteme dieser Welt sind.» Was sich laut Bericht wahrscheinlich fortsetzen wird, ist der Trend zu dezentralen klinischen Studien. Im Jahr 2022 werden voraussichtlich 1.300 Medikamentenstudien mit virtuellen und/oder dezentralen Komponenten starten – ein Rekordanstieg um 93 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Hierbei Schutzmechanismen und Kontrollen der Fernüberwachung auf Basis gewonnener Praxiserfahrungen kontinuierlich weiterzuentwickeln, sei laut des Chubb Experten aber unverzichtbar.

Damit Lieferketten robuster werden

Im Zuge der Pandemie sind die Lieferketten im Life Science-Bereich auch für die allgemeine Öffentlichkeit sichtbar geworden. In den letzten beiden Jahren wurden diese weltweiten Lieferketten bis ins kleinste Detail geprüft und nicht zuletzt die Verlagerung von Produktionskapazitäten in das den heimischen Standorten nahe gelegene Ausland (Nearshoring) sowie Rückverlagerungen aus dem Ausland (Reshoring) waren – und sind noch – ein grosses Thema. Die wesentliche Aufgabe besteht momentan darin, Abhängigkeiten und damit mögliche Probleme zu identifizieren, zum Beispiel mittels moderner technischer Analyseverfahren und künstlicher Intelligenz. Das Ziel ist es, Lieferketten künftig widerstandsfähiger zu machen.

Die Gefahren neuer Technologien

Der Einsatz von Telemedizin hat in vielen Industrieländern während der Pandemie rasant zugenommen und ist zum Bestandteil der neuen Normalität geworden. Externe Hersteller und Dienstleister stellen telemedizinische Geräte bereit – diese reichen von Software über tragbare Geräte bis hin zu Diagnostikprodukten. Der unsachgemässe Einsatz dieser Produkte ist jedoch ein erhebliches Risiko. Deshalb müssen Life Science-Unternehmen dafür Sorge tragen, dass das medizinische Personal in der Anwendung ihrer Produkte entsprechend instruiert wird. Ähnliches gilt auch im Hinblick auf die Datenintegration und dahingehend, dass die verschiedenen Systeme noch nicht richtig miteinander kommunizieren und die Ärzte entsprechend informieren können. Wichtig sei laut Chubb Experten, dass verschiedenen Akteure des Gesundheitswesens ihre Daten ordnungsgemäss untereinander austauschen können, sodass der Datenaustausch für den einzelnen Patienten nicht fragmentiert erfolgt.

Weitere Details zu den mittelfristigen Folgen der Pandemie für die Life Science-Industrie finden Sie im Bericht Life Science in Pandemiezeiten: Erfahrungen der letzten beiden Jahre