Die VZ Depotbank belegt Podestplätze in verschiedenen Digitalisierungsrankings. Was bedeutet es für Sie, bei der Digitalisierung ganz vorne mitzumischen?
Für uns sind diese Rankings enorm wichtig, weil sie zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Ich bin überzeugt: In Zukunft kommt unsere Konkurrenz nicht zwingend aus dem Banken- oder Versicherungssektor, sondern vermehrt aus dem Technologiebereich. Für uns als moderne Bank ist Digitalisierung daher eine absolute Kernkompetenz.
Gibt es trotzdem noch Luft nach oben? Wo und wie kann das digitale Angebot punktuell verbessert werden?
Es gibt immer Luft nach oben. Von grosser Bedeutung ist sicher der Einsatz von künstlicher Intelligenz. Wichtig ist, Digitalisierung immer von den Kunden her zu denken. Jede digitale Neuerung muss ihnen einen Mehrwert bieten. Maximale Kundenorientierung ist bei uns daher das Leadership-Prinzip Nummer eins. Sehr gut gefällt mir die Studie des IFZ, in der wir den dritten Rang belegen, weil sie in erster Linie aus Kundenperspektive untersucht, wie hoch der Digitalisierungsgrad einer Bank ist.
Sie haben es angesprochen, KI ist ein grosses Thema. Wo steht hier die VZ? Nutzen Sie bereits KI-basierte Anwendungen?
Wie die meisten anderen Banken sehen wir, dass bei KI noch grosse Forschungs- und Entwicklungsarbeit gemacht werden muss. Wir sind erst am Anfang, Umgang und Möglichkeiten dieser Technologie kennenzulernen. Im internen Gebrauch nutzen wir KI bereits stark, und punktuell verwenden wir Betaversionen von KI-Lösungen an der Kundenschnittstelle, bspw. mit unserem digitalen Vorsorgeberater. Aber als breite, flächendeckende Anwendung, integriert in die IT-Infrastruktur und in die Prozesse sind wir noch zurückhaltend – gerade auch im Hinblick auf Aspekte wie Datenschutz.
«Wir setzen auf schnelle Entwicklungszyklen statt auf grosse Releases. So bringen wir einmal im Monat funktionalen Mehrwert zu unseren Kunden und wissen durch das Feedback sehr schnell, ob wir auf dem richtigen Weg sind.»
Ist es nur der Datenschutz, oder gibt es weitere Gründe für die Zurückhaltung?
Wie vorhin gesagt ist bei neuen digitalen Lösungen die Kundenakzeptanz das Wichtigste. Das heisst: Prozesse und Lösungen müssen vom Kunden her gedacht werden. Die Frage ist, ob der Kunde in KI-basierten Lösungen einen Mehrwert erkennt und ob er sie akzeptiert – unabhängig davon, ob diese technologisch funktionieren. KI-Technologien, wie wir sie heute sehen, können bereits sehr viel, gerade im Beratungsbereich. Aber in der Regel sind sie noch nicht 100 Prozent ausgereift. Wenn ich z.B. eine Beratungsfrage an ChatGPT stelle, bekomme ich eine gute Antwort. Aber ich kann nicht darauf vertrauen, dass diese auch richtig ist. Wir sind vor allem im Bereich der Pensionierungsberatung tätig. Dort reicht ein bisschen richtig nicht. KI ersetzt nicht den physischen Berater.
Was erwarten denn Kundinnen und Kunden von einer modernen Bank? Wie sondiert die VZ das digitale Bedürfnis auf Kundenseite?
Wir reden mit unseren Kunden und beziehen sie in die Entwicklung mit ein. Und, ganz wichtig: schnelle Entwicklungszyklen. Keine grossen Releases, die ein- oder zweimal pro Jahr ausgerollt werden, sondern schnelle Zyklen, durch die wir rasch ein Kundenfeedback zu ausgerollten Digitalisierungselementen erhalten. Wir bringen einmal pro Monat funktionalen Mehrwert zu unseren Kunden und wissen durch das Feedback sehr schnell, ob wir auf dem richtigen Weg sind.
«Das Entscheidende an der Zusammenarbeit mit ti&m ist für uns, einen Technologiepartner zu haben, der offen denkt und eine offene Bankingplattform anbietet.»
Sie beziehen neben dem E-Banking auch eine Trading-Plattform und das digitale Kunden-Onboarding von ti&m. Wie wichtig ist es für Sie, das gesamte digitale Angebot mit einem einzigen externen Partner zu entwickeln, zu implementieren und zu betreiben?
Solche Partnerschaften sind wichtig, aber wir wollen nicht nur von einem einzigen Partner abhängig sein. Mit der Bankingplattform stellt uns ti&m eine Lösung bereit, in die Angebote und Anwendungen von Dritten einfach integriert werden können. Unter Dritte verstehe ich übrigens auch die VZ Depotbank. Viele Lösungen entwickeln wir selber inhouse. Das ist für uns das Entscheidende an dieser Partnerschaft: Einen Technologiepartner zu haben, der offen denkt und eine offene Bankingplattform anbietet.
Bei der Integration von Dritten denkt man schnell an Ökosysteme. Die Schweiz öffnet sich in Sachen Open Finance eher langsam. Ist der marktgesteuerte Ansatz gescheitert, braucht es Massnahmen des Gesetzgebers?
Es braucht keine Massnahmen des Gesetzgebers. Die erste Frage muss wieder sein: Will das der Kunde? Wenn Open-Banking-Anwendungen ein zentrales Bedürfnis der Kunden wären, dann hätte sich Open Banking automatisch beschleunigt. Wie man auch in Deutschland mit PSD2 sieht, ist das Bedürfnis der Kunden, ihre Bankdaten kreuz und quer herumzuschicken, nicht wahnsinnig gross.
Schnittstellen, über die Bankdaten in ein Drittsystem transferiert werden können, gibt es schon seit über 20 Jahren. Klar kann man sagen, die Standardisierung der API müsse verbessert werden. Aber am Schluss stellt sich die Frage: Wo sind die sinnvollen Anwendungsfälle für Kunden, die heute nicht schon abgedeckt sind? Wenn es solche Anwendungsfälle auf breiter Front gibt, kommt automatisch Bewegung in den Markt. Im Moment sehe ich bei unseren Kunden schlicht kein Bedürfnis an Open Banking.
«Wichtig ist, Digitalisierung immer von den Kunden her zu denken. Jede digitale Neuerung muss ihnen einen Mehrwert bieten. Das muss auch die Frage bei KI-basierten Lösungen sein – unabhängig davon, ob diese technologisch funktionieren.»
Wo sehen Sie denn ein grosses Bedürfnis?
Dass der Bankwechsel für Kunden einfacher wird. Kontoauflösung und Neueröffnung sind immer noch sehr aufwändig. Und der gesamte Zahlungsverkehr muss neu organisiert werden: Daueraufträge künden, Lastschriftverfahren neu einrichten, E-Rechnungen neu aufsetzen. Es gibt viele Fesseln, die Kunden davon abhalten, die Bank zu wechseln, obwohl sie bei der neuen Bank ein besseres Angebot mit tieferen Gebühren und höheren Zinsen bekommen. Das ist schade. Und das könnte man mit technologischen Lösungen, die Richtung Open Banking gehen, sicher erleichtern. Das ist aber kein Open-Banking-Bedürfnis, sondern ein implizites Kundenbedürfnis, einfacher die Bank zu wechseln – und Open Finance könnte ein Werkzeug dazu sein.
Es liegt wohl auch nicht im Interesse der Banken, den Wechsel für die Kunden einfacher zu gestalten.
Stimmt. Ein Kunde kann aber schnell über 50 Prozent Gebühren sparen – im Wertschriftenbereich sowieso. Aber auch die höheren Zinsen machen schnell einmal ein paar Tausend Franken pro Jahr aus. Darum lohnt es sich, das Verhältnis von Preisen und Leistungen zu vergleichen. Es liegt aber in der Verantwortung der Kunden, zu einer attraktiveren Bank zu wechseln. Das sind nicht meine Worte, sondern die des Nationalbankpräsidenten. Und die kann ich nur unterschreiben.
Wie wird sich das Banking verändern?
Technologie wird immer wichtiger werden. Für Banken ist es besser, sich als Technologiekonzern mit Banklizenz zu verstehen, denn als Bank mit etwas Technologie. Das ist zumindest unser Verständnis. An sich ist bei einer Bank alles digitalisierbar – mit Ausnahme der Kundenschnittstelle: Vertrauen und eine persönliche Beratung sind nicht digitalisierbar. Aber auch hier muss man eine Klammer machen, denn KI will ja genau das erreichen. Hier stehen wir noch ganz am Anfang der Entwicklung.
Immer wird von neuen Geschäftsmodellen gesprochen. Von welchen Modellen reden wir da konkret?
Embedded Finance, offene Ökosysteme, Versicherungs- und Allfinanz-Themen waren schon immer Teil unserer Strategie und sind keine neuen Themen für uns. Wir betrachten unsere Kunden nicht nur aus Bankperspektive. Vorsorge-, Versicherungs- und Finanzierungsthemen sind genauso wichtig. Dieses holistische Denken für unsere Kunden war schon immer in unserer DNA.
Lassen wir die Technologie einmal beiseite. Thema Nummer 1 in der Bankenwelt war letztes Jahr der Niedergang der Credit Suisse. Wie haben Sie diesen erlebt? Und welche Auswirkungen spürten Sie?
Direkt gab es keinen spürbaren Effekt, es liefen nicht plötzlich Tausende von Kunden zu uns. Unser Geschäft funktioniert auf Basis von unabhängigen Beratungen, vor allem in Pensionierungsthemen, und man braucht einen Grund, um sich beraten zu lassen. Der Niedergang der Credit Suisse hat ja keine Pensionierungswelle ausgelöst.
Indirekt war es eine Tragödie für unseren Finanzplatz und für die ganze Branche. Das macht mich nachdenklich. Klar, auch wir betreiben das Bankgeschäft. Aber wir sehen uns nicht als Banker, sondern als Berater für unsere Kunden. Kundenorientierung steht bei uns im Vordergrund. Banken sind häufig Verkaufsorganisationen – und keine Berater.
Marc Weber ist CEO der VZ Depotbank AG und Mitglied der VZ Gruppenleitung. In dieser Funktion ist er unter anderem verantwortlich für die Digitalisierung der Kundenschnittstelle mit dem VZ Finanzportal.
Mit dem neuen Finanzportal macht die VZ Depotbank ihr gesamtes Angebot an Produkten und Dienstleistungen in einer benutzerfreundlichen Banking-Lösung ihren Kundinnen und Kunden zugänglich.