Wie hat Sie die Corona-Krise persönlich betroffen?
Zuerst war ich, wie so viele, geschockt. Solch eine aussergewöhnliche Situation mit einem Entscheid von dieser Tragweite hatte ich wie alle anderen natürlich noch nie erlebt – privat wie beruflich. Zudem hatte ich mich erst kurz vor dem Lockdown im März entschieden, die spannende Stelle als Geschäftsführer bei der Emil Frey Betriebs AG anzunehmen. Also eine sehr herausfordernde Situation für mich persönlich.
Wie stellt sich die Übernahme der neuen Aufgabe in dieser speziellen Situation dar?
Als Erstes ein riesiges Kompliment an meine Mitarbeiter. Sie haben mir den Einstieg erleichtert. Trotzdem war meine erste Zeit bei der Betriebs AG sehr stark auf Corona ausgerichtet. Die Gesundheit aller Mitarbeiter hat oberste Priorität und trotzdem ist es wichtig, unser aktuelles und das zukünftige Geschäft im Fokus zu behalten. Es ist ein grosser Spagat und es fordert uns täglich aufs Neue heraus. In solchen Situationen zählen ein starkes Teamwork und viel Teamgeist. Und genau das haben wir in Härkingen, Courgenay und auch hier in Safenwil mit Bravour gelöst und bestanden.
Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen heute, neun Monate nach dem ersten Lockdown?
Die Sensibilität für die Schutzmassnahmen hochzuhalten, aber auch die Zuversicht und Freude bezüglich der Zukunft nicht zu verlieren. Aus meiner Sicht sind diese beiden letzten Punkte enorm wichtig, damit wir den Fokus auf eine erfolgreiche Zukunft behalten können. Ich persönlich freue mich sehr auf die Zukunft.
Wie stellen Sie die Leistungen Ihres Unternehmens in dieser derzeit schwierigen Zeit sicher?
Bezüglich Logistik gilt es festzuhalten, dass unsere Arbeit vor Ort in den Betrieben stattfindet. Das heisst, wir waren Tag für Tag vor Ort operativ tätig – ohne Ausnahme. Dies wirkte sich natürlich auch auf unser Schutzkonzept aus. Mit striktem Einhalten von Schutzmassnahmen, Maskentragepflicht im Innenwie Aussenbereich und vielen weiteren Massnahmen, wie zum Beispiel der Reduktion von externen Kontakten auf dem Gelände, haben wir uns gegen die Pandemie gestemmt. Sie können sich jedoch vorstellen, dass ein tägliches Arbeiten unter körperlicher Belastung mit Schutzmaske nicht nur einfach ist, und vor allem langfristig keine Lösung sein kann.
Welche Herausforderungen haben sich in der Logistik konkret gestellt?
Zunächst einmal war die Aufrechterhaltung des Betriebs für eine weiterhin garantierte Lieferung aller Teile und Neufahrzeuge für uns zentral. Und auch die Anlieferung von Teilen und Fahrzeugen via Schiffe, Bahn und Lastwagen musste koordiniert und sichergestellt werden. Dies alles unter dem Aspekt, die Mitarbeitenden sowie Vertragspartner stets bestmöglich zu schützen und alle Massnahmen des Bundes einzuhalten. Die kantonalen Unterschiede verursachten hierbei einen zusätzlichen Aufwand. Genauso wie die unterschiedliche Handhabung der Pandemie im europäischen Raum. Dadurch kam es immer wieder zu zeitlichen Verschiebungen der Lieferketten – eine Planbarkeit war fast unmöglich. Hier mussten wir besonders viel Flexibilität zeigen.
Ist dies geglückt?
Wir haben immer versucht, unsere Dienstleistungen gegenüber den Händlern und Endkunden so auszuüben wie vor dem Ausbruch der Pandemie, damit diese ihre Leistung weiter zu 100 Prozent erbringen können. Ganz nach dem Motto: «Egal wie schwierig es ist, sie werden es von uns nicht zu spüren bekommen.» Kernaufgabe war und ist es daher, die Leistungsfähigkeit und Verlässlichkeit immer aufs Neue abzurufen. Denn die Logistik ist für Ersatzteile wie auch für Neufahrzeuge das Rückgrat des Automobilgewerbes.
Wieso Rückgrat?
Wir als Betriebs AG beliefern täglich über 2000 Lieferadressen in der Schweiz mit Ersatzteilen. Zudem werden an drei Standorten die Neufahrzeuge für unsere Vertragspartner und Kunden aufbereitet. Unsere Dienstleistung wirkt sich also direkt auf die Zufriedenheit der Kunden sowie die Erträge der Vertragspartner aus. Hauptziel von uns ist es, genau diesen Service trotz Pandemie hochzuhalten. Ohne Ersatzteile kann schliesslich auch der Mechaniker in der Werkstatt seine Arbeit nicht ausführen.
Wie wichtig ist Ihre Branche in dieser Zeit?
Die ganze Automobilbranche, insbesondere das Reparaturgeschäft, ist ein sehr wichtiger und systemrelevanter Bestandteil der Schweiz. Die individuelle Mobilität wird – zusammen mit dem öffentlichen Verkehr – weiterhin einen sehr gewichtigen Teil der Mobilität von Menschen ausmachen. Ein Miteinander im Bereich der Mobilität, sei es die individuelle oder die öffentliche, wird daher entscheidend sein.
Was macht Ihnen Sorgen?
Die Ungewissheit, wie lange die Restriktionen noch anhalten werden. Aus meiner Sicht brauchen wir alle ein Ziel, wann wieder eine gewisse Normalität möglich sein wird. Auf der einen Seite für meine Mitarbeiter, aber auch bezüglich der Kontakte im geschäftlichen und privaten Umfeld. Die lockere Art im Umgang fehlt uns allen.
Sind Sie froh, dass Händeschütteln passé ist?
Nein, definitiv nicht. Ich finde, der Ellenbogen- oder Faustgruss können dies nicht ersetzen. Mit Corona lernte ich solche alltäglichen Dinge wieder vermehrt schätzen. Ich persönlich vermisse es.
Wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in dieser Zeit?
Meine Aufgabe ist es, vor allem Zuversicht zu vermitteln und in vielen direkten Gesprächen auf die Bedenken und Sorgen einzugehen. Die Präsenz vor Ort bei den Mitarbeitern ist dabei sehr wichtig.
Was hat Sie als Chef in dieser Krise besonders stolz gemacht?
Wie flexibel alle Mitarbeiter auf die Situation reagiert haben und wie viel Eigenverantwortung sie gezeigt haben. Der Betrieb konnte immer aufrechterhalten werden. Eine tolle Teamleistung!
Was haben Sie beruflich dazugelernt?
Dass die persönliche Kommunikation weiterhin, trotz der neuen Medien, sehr wichtig ist. Und dass die langjährige Verbundenheit der Mitarbeiter mit der Emil Frey AG ein entscheidender Faktor ist, gerade in Zeiten wie diesen.
Worauf freuen Sie sich 2021?
Ich freue mich, wenn wir uns wieder mit gutem Gewissen, im Geschäftsumfeld und privaten Bereich, treffen dürfen und wir die Pandemie gesund überstanden haben.
Welches Hobby haben Sie im Corona-Jahr neu entdeckt?
Ich konnte meine Segelkünste sowie mein Mountainbike reaktiveren. Wiederentdeckt habe ich sicher auch die «Faszination Schweiz» mit all ihren wunderschönen Plätzen.
Lieferdienst oder selber kochen?
Glatteisfrage. Von meiner Frau bekocht werden und manchmal – laut meiner Familie zu wenig – selber kochen (lacht). Zwischendurch unterstützen wir aber auch gerne die gebeutelten Wirte mittels Lieferdienst oder Take-away.