Peter Arnet, mit eLoaded wird das Aufladen von Elektrofahrzeugen im grossen Stil möglich – ob Personenwagen oder Lastwagen. Wird der Ladevorgang auch schneller und effizienter?
Er ist effizienter. Ob er schneller ist, hängt vor allem von den Elektroautos ab. Schnellladestationen liefern 50 bis 950 Kilowatt. Bei den schnellsten ist die Batterie in 15 Minuten bis zu 80 Prozent gefüllt. Ziel der Autoindustrie sind Ladestationen, die eine Batterie in fünf Minuten zu 80 Prozent laden können. In diesem Zusammenhang ist wichtig zu wissen, dass die BKW die Exklusivrechte an diesem System für die Schweiz und Liechtenstein erwerben konnte. Unser Vertragspartner und Hersteller rüstet im bayrischen Zusmarshausen eine der grössten Stromtankstellen Europas aus, die im Endausbau über 144 Ladeanschlüsse verfügt. Das heisst: 144 Autos können gleichzeitig über das Schnellladesystem ihre Batterien aufladen. Und das System bietet auch etwas völlig Neues.
Was wäre das?
Wenn jemand mehr Zeit hat und beispielsweise auf der Raststätte essen möchte, kann er einen günstigeren Tarif auswählen, bei dem das Netz weniger belastet und der Wagen nur mit einer reduzierten Geschwindigkeit geladen wird. Dahinter steckt auch ein Preismodell: Je mehr man bezahlt, desto höher ist die Ladegeschwindigkeit.
In welchen Bereichen bewegen sich die Preise für Schnellladungen?
Bezahlt wird über Netzwerke – wie in der Schweiz beispielsweise «Move», «Swisscharge» oder «Greenmotion». Da spielen ähnliche Mechanismen wie früher bei der Mobiltelefonie, als es sehr teuer werden konnte, wenn man über unterschiedliche Netze telefonierte. Derselbe Sachzwang besteht heute bei den Elektroladestationen. Aber dies wird sich – wie auch in der Telefonie – normalisieren. Früher oder später wird es so sein, dass man mit der Karte eines Anbieters auf allen Netzwerken und an allen Ladestationen den gleichen Preis bezahlt – auch im Ausland. Die Zurich Versicherungen haben mit «Z Volt» ein System geschaffen, bei dem man schweizweit überall zu den gleichen Konditionen tanken kann: für 49 bis 55 Rappen pro Kilowattstunde.
Das Aufladen von Elektrofahrzeugen ist vor allem unterwegs noch ein gewisses Problem. Haben Sie mit eLoaded die Lösung gefunden?
Ich glaube nicht, dass das Aufladen ein ungelöstes Problem ist – obwohl dies von den Medien oft so dargestellt wird. Es existieren in der Schweiz sehr viele Ladestationen, die über freie Kapazitäten verfügen. Zwar bestehen bei gewissen Systemen noch Kinderkrankheiten, aber mit der Entwicklung werden sich diese beheben lassen. Ob wir die perfekte Lösung haben, wird sich zeigen. Aber wir haben definitiv gewisse Ideen für die Zukunft, die viel zur Weiterentwicklung beitragen. Dank der neuen Lösung rechne ich mir grosse Zukunftschancen aus – weil diese neuen Ladestationen dank den Gleichspannungsleitungen viel weniger Energieverluste aufweisen.
Können Sie das System bitte erklären?
Der Unterschied von eLoaded zu herkömmlichen Ladestationen ist unter anderem der geringere Platzbedarf. Wir kommen ohne grosse Infrastrukturelemente auf den Parkplätzen aus. Bisher wurde Gleichspannung in Transformatorenstationen in Wechselspannung umgewandelt. An der Ladestation selber wurde der Strom wieder in Gleichspannung zurücktransformiert, damit er in die Batterien einfliessen kann. Dafür waren grosse Schnellladeanlagen gleich beim Parkplatz erforderlich. Die neuen Systeme dagegen funktionieren in allen Bereichen mit Gleichspannung. Die Technologie kann im Boden versenkt oder aber in einer zentralen Technikstation integriert werden.
Wie breitflächig wird das Angebot in der Schweiz nutzbar sein?
Wir bauen kein eigenes Ladestation-Netz auf. Wir stellen die Technologie zur Verfügung. Und wir liefern diese an Betreiber von Ladestationen, an Lastwagenfirmen, an Ladenetzwerk-Betreiber. Der Schlüssel liegt in der neuen Technologie. Für ein oder zwei Parkplätze lohnt es sich kaum, eine Anlage mit Gleichspannung zu bauen. Ab zehn Ladeanschlüssen ändert es sich aber. Sehr gut geeignet ist das Angebot z. B. für ein Transportunternehmen, das sich entschliesst, seine Lastwagen zu elektrifizieren. Eine solche Firma kann alles vorbereiten und beispielsweise mit vier Anschlüssen starten – um dann kontinuierlich auszubauen: auf 100 Anschlüsse oder sogar 200.
Der potenzielle Käufer eines Elektroautos interessiert sich vor allem dafür, wo die öffentlich zugänglichen Ladestationen sein werden. Lässt sich dazu schon etwas sagen?
Im Moment werden 100 Rastplätze an Autobahnen mit Schnellladesystemen ausgebaut – viele Raststätten-Betreiber verfügen bereits über Ladestationen. Dazu kommen Lademöglichkeiten am Rand der Autobahnen und bei den Ausfahrten. Ich gehe davon aus, dass sich unsere Konzepte mittelfristig auch in den Städten oder an Flughäfen etablieren werden. Auch Unternehmen mit grossen Fahrzeugflotten sind potenzielle Nutzer von Schnellladestationen. Bekanntlich hat die EU die Zulassung der Verbrennungsmotoren ab 2035 verboten. Momentan haben wir genügend Ladestationen. Geht man aber von den derzeitigen Wachstumsraten bei den Elektroautos aus, wird es vermutlich zu Engpässen kommen.
Woher stammt der Strom bei diesen Anlagen?
Das ist eine politische Diskussion. Die entsprechenden Strategien werden aufgrund der globalen Konfliktsituation soeben neu erfunden. Letztlich denk ich – das ist aber meine persönliche Meinung –, wird es in Richtung erneuerbare Energie gehen, deren Ausbau man beschleunigen muss. Das Beispiel in Zusmarshausen zeigt, wie es funktioniert. Dort wird Solarstrom gespeichert. Und der hat den grossen Vorteil, dass er Gleichstrom ist – und direkt in die Leitungen einfliesst, die dann die Energie in die Batterien der einzelnen Fahrzeuge einspeisen.
Gibt es weitere Kooperationen der BKW?
Wir haben einen Vertrag mit der Designwerk Technologies AG abgeschlossen, einer Winterthurer Firma, die Lastwagen auf Elektromobilität umrüstet und bereits Ladestationen im Megawatt-Bereich baut. Da können wir perfekt Synergien schaffen. Mit Designwerk werden wir erste Pilotprojekte bauen. Lastwagen müssen noch schneller geladen werden. Gleichzeitig bieten wir Lösungen an, mit denen Lastwagen über Nacht – mit weniger grossen Geschwindigkeiten – geladen werden können. Dafür ist unser neues System perfekt geeignet – mit grossen Leistungen im tieferen Geschwindigkeitsbereich und sehr flexiblen Ausbaumöglichkeiten der Anlagen. Um 200 bis 300 Lastwagen gleichzeitig zu laden, braucht es eine beachtliche Infrastruktur.
Bedeuten die neuen Ladestationen den endgültigen Durchbruch der Elektromobilität?
Der Durchbruch hat bereits stattgefunden. Die Elektromobilität ist nicht mehr aufzuhalten. Wasserstoff ist im PKW-Bereich kein Thema mehr – höchstens noch bei den Lastwagen, allerdings mit einem grossen Fragezeichen. Das heisst: Wir brauchen sehr viele neue Ladestationen. Und wir bieten ein neues System, das vieles vereinfacht und vergünstigt, wenn man in grösseren Dimensionen denkt und die Entwicklung antizipiert. Wir sprechen von der Weiterentwicklung von Technologien, die derzeit stattfindet. Jede Firma versucht, eine interessante Lösung auf den Markt zu bringen. Die BKW ist in einer guten Position. Es ist kaum ein Zufall, dass alle Vorstände der grossen Autokonzerne und Ölfirmen derzeit die Anlage in Zusmarshausen besichtigen.
Die BKW strebt eine lebenswerte Zukunft an – für unsere, aber auch für kommende Generationen. Um dabei nachhaltig unterwegs zu sein, arbeiten wir an Lösungen für die
Elektromobilität.