Das zweitgrösste Brokerunternehmen der Schweiz, Aon Risk Solutions, möchte in der französischen und italienischen Schweiz die bestehenden Standorte ausbauen. Das bestätigt CEO Felix C. Jenny gegenüber der «Schweizer Versicherung». Jenny wäre mittelfristig auch gerne im Grossraum Bern vertreten. Die richtige Kaufgelegenheit habe sich aber noch nicht ergeben, denn wichtig seien bei einer Akquisition in erster Linie die Menschen, erst in zweiter Linie das Portfolio.
Broker unter Druck
Obwohl der Schweizer Brokermarkt seit etwa drei, vier Jahren in einer Konsolidierungsphase steckt, ist Jenny überzeugt, dass sich bezüglich Übernahmen oder Zusammenschlüssen noch einiges tun wird. Ein verändertes Verhalten der Versicherer nur schon durch Kostendruck oder die Digitalisierung hat auch Auswirkungen auf die Broker. Vor allem kleinere Unternehmen – mit Ausnahme der auf Nischen spezialisierten – sind unter Druck. Durch die Digitalisierung allein rechnet der Aon-CEO damit, dass ein Teil des klassischen Brokergeschäftes wegbricht. Ausser der Broker kann einen Mehrwert bieten oder die Dienstleistung günstiger erbringen. Auch werden Versicherer teils vermehrt den Direktvertrieb suchen.
Neues Wissen gefragt
Der Brokermarkt ist nach wie vor im Umbruch. Das bedeutet immer Risiken, aber auch Chancen. Ein Teil des Problems hat seiner Meinung nach auch mit den Wurzeln des Schweizer Brokergeschäftes zu tun. Viele Broker haben ursprünglich bei Versicherern begonnen, sind ehemalige Vertriebsleute oder Agenten und haben sich vielleicht selbständig gemacht. Das heisst, viele von ihnen denken nach wie vor «Versicherung». Über Versicherungen Bescheid zu wissen reiche aber nicht mehr. Jenny: «Wir müssen vielmehr die Bedürfnisse der Kunden verstehen und Lösungen bieten können weit über die reine Platzierung einer Versicherungsdeckung hinaus. Wir benötigen Berater mit spezialisiertem Branchenwissen. Das mag banal klingen, ich weiss. Und doch stelle ich immer wieder fest, dass unsere Branche versucht, bei Kunden mit ihrem Versicherungs-Know-how zu punkten. Dieses Wissen setzen unsere Kunden ganz einfach voraus, so wie ich davon ausgehe, dass ein Telekom-Anbieter etwas von Telefonie versteht.»
Entsprechend vergleicht Felix C. Jenny die Aon Risk Solutions nur beschränkt mit anderen Brokern. Jenny: «Wir sind dank unserer diversifizierten Aufstellung eher ein Beratungsunternehmen in den Bereichen Risiko, Altersvorsorge und Gesundheit.» Entsprechend geht er davon aus, dass sich das Anforderungsprofil an Broker weiter verändern wird. Was heute grosse Industrieunternehmen beschäftigt, werde morgen auch mittlere und kleinere Unternehmen beschäftigen. Das Brokergeschäft dagegen hat sich im Grunde noch nicht sehr gewandelt, sagt er: «Wir denken immer noch viel zu sehr in Produkten statt in Lösungen. Mit Produkten lösen wir die echten Probleme dieser Unternehmungen nicht mehr sondern mit neuen Lösungsansätzen.» Als Beispiel erwähnt er selbstfahrende Fahrzeuge oder Risiken im Zusammenhang mit politischer Instabilität.
Unzufrieden mit dem Brokerverband
Schwer tut sich Felix C. Jenny mit dem Schweizer Brokerverband Siba, der Swiss Insurance Brokers Association, die er zeitgleich mit der Lausanner «IBC Insurance Broking and Consulting AG» verlassen hat. Für Aon hatte sich der Siba in eine falsche Richtung entwickelt, erklärt Jenny. Anstatt als Organisation für die Anliegen der Mitglieder einzustehen und mögliche Problemstellungen als Lösungsauftrag aus den eigenen Reihen anzunehmen, mandatierte sich der Vorstand zunehmend in Eigenregie. Dies hatte zur Folge, dass der Siba als elitär wahrgenommen wurde. Doch wäre der Zweck ein anderer, nämlich die breite Masse der Broker der Schweiz zu vertreten und so den Mitgliedern auf politischen und wirtschaftlichen Bühnen einen Auftritt und starkes Gewicht zu geben.
Ihn persönlich hat zudem gestört, dass die Mitglieder nicht regelmässig zu ihren Anliegen befragt wurden. Doch sehe er heute positive Tendenzen innerhalb des Brokerverbandes, diese Entwicklung zu korrigieren. Und: «Unser Austritt ist ja nicht in Stein gemeisselt. Wir sind durchaus bereit, über einen Wiedereintritt zu sprechen. Der Siba muss durch eine Transformation – das wollten wir mit unserem Austritt signalisieren.»
Das vollständige Interview mit Felix C. Jenny finden Sie in der September-Ausgabe der «Schweizer Versicherung».