Gemäss der im April zum vierten Mal erschienenen Studie zur Rechnungslegung in der Schweiz erstellen nach wie vor zwei Drittel der nicht kotierten Unternehmen ihre Jahresrechnung ausschliesslich basierend auf den Vorschriften des Obligationenrechts (OR).

Die Autoren

Prof. Dr. Peter Leibfried (Präsident der FER-Fachkommission), Dr. Daniel Bättig (Fachsekretär der Stiftung FER)

In der von der Stiftung für Fachempfehlungen zur Rechnungslegung (FER) durchgeführten Langzeiterhebung wird aber gleichzeitig festgestellt, dass sich der Anteil der Swiss-GAAP-FER-Anwender seit 2009 markant erhöht hat, auf mittlerweile 28 Prozent. Was sind die Gründe für die Beliebtheit der Minimallösung des OR, und wieso konnten die Swiss GAAP FER ihre Verbreitung trotzdem steigern?

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

 

Auch für Kleinstunternehmen interessant

Aktiengesellschaften, GmbH und alle anderen juristischen Personen in der Schweiz müssen eine Jahresrechnung nach den Bestimmungen des OR erstellen, die nach wie vor vom Vorsichtsprinzip geprägt sind.

In gutschweizerischer Manier darf die finanzielle Situation des Unternehmens nicht besser dargestellt werden, als sie es effektiv ist – schlechter allerdings schon. Da ein solcher Abschluss die Einschätzung der wirklichen finanziellen Situation nur bedingt erlaubt, gibt es bereits seit längerer Zeit Bestrebungen, die Erstellung betriebswirtschaftlich aussagekräftiger Jahresabschlüsse zu ermöglichen.

In der Schweiz haben sich insbesondere zwei solcher Rechnungslegungsstandards durchgesetzt, die Swiss GAAP FER und die International Financial Reporting Standards (IFRS). Letztere dominieren bei grossen börsenkotierten Unternehmen und in einem internationalen Kontext, die Swiss GAAP FER sind demgegenüber bei grösseren KMU, Non-Profit-Organisationen und bei kleinen bis mittelgrossen kotierten Gesellschaften stark vertreten.

Währenddem sich kotierte Unternehmen von Gesetzes wegen nicht auf die Erstellung eines OR-Abschlusses beschränken dürfen, sind die Gründe für eine freiwillige Erstellung eines Abschlusses nach Swiss GAAP FER (oder IFRS) bei den nicht kotierten Unternehmen vielfältig.

Zumeist liegt die Motivation darin, dass mindestens eine der Anspruchsgruppen zuverlässige Finanzinformationen benötigt. Dabei handelt es sich typischerweise um (Minderheits-)Aktionäre und Aktionärinnen, Banken oder sonstige Geldgeber (wie etwa die öffentliche Hand).

 

Kontroll- und Steuerungsfunktion

Gemäss eingangs erwähnter Studie dient die Rechnungslegung nicht nur der Information und Rechenschaftsablage, sondern ihr kommt auch eine interne Kontroll- und Steuerungsfunktion zu. Je verlässlicher die Finanzzahlen sind, desto besser können diese Aufgaben erfüllt werden (was nicht nur für die Anwendung eines Rechnungslegungsstandards, sondern auch für eine Revision der Jahresrechnung durch einen unabhängigen Prüfer spricht).

Der Nutzen eines Abschlusses nach Swiss GAAP FER oder IFRS hängt von der Unternehmensgrösse, dem Grad der Fremdfinanzierung und der Eigentümerstruktur ab. So zeigt die erwähnte Studie, dass der Anteil der Swiss-GAAP-FER-Anwender von 15 Prozent bei Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitenden auf mehr als zwei Drittel bei denjenigen mit mehr als 500 Mitarbeitenden steigt.

Gerade in kleinen Verhältnissen wirkt der Aufwand für die Erstellung eines zweiten Abschlusses nach Swiss GAAP FER neben dem obligatorischen OR-Abschluss offensichtlich abschreckend. Zudem sind die Eigentümer oft unmittelbar ins Tagesgeschäft eingebunden und wissen über die aktuelle Lage ohnehin Bescheid.

 

Swiss GAAP FER als pragmatische Schweizer Lösung

Die Vorteile der Swiss GAAP FER gegenüber den IFRS bestehen darin, dass sie seit den Anfängen im Jahr 1984 konsequent an den Bedürfnissen hiesiger Unternehmen ausgerichtet wurden und sich ihre Umsetzung aufgrund eines prinzipienorientierten Ansatzes und der entsprechend geringen Regelungsdichte bedeutend weniger aufwändig gestaltet.

Als die Anwendung der IFRS 2005 in der Europäischen Union für börsenkotierte Unternehmen obligatorisch wurde, zog die Schweizer Börse zwar nach, erlaubte aber auch die Anwendung der Swiss GAAP FER. Deren schlanker Ansatz bewog in der Folge zahlreiche börsenkotierte Unternehmen dazu, angesichts der zunehmenden Komplexität der IFRS auf Swiss GAAP FER umzusteigen.

Wie bereits vor zwanzig Jahren befindet sich die Unternehmensberichterstattung nun erneut im Umbruch: Die Nachhaltigkeit und die Berichterstattung darüber haben in den letzten Jahren der rein finanziellen Berichterstattung – zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung – den Rang abgelaufen.

Wiederum befürchten viele Unternehmen, insbesondere KMU, dass sie durch bis in jedes Detail geregelte Berichterstattungsvorschriften geradezu erschlagen werden. Aus diesem Grund hat die Stiftung FER entschieden, sich der Thematik anzunehmen und nach Möglichkeiten zu suchen, neben der finanziellen auch die nicht finanzielle Berichterstattung auf eine pragmatische Weise anzugehen. Gerade angesichts der laufenden Vernehmlassung zur Weiterentwicklung der Berichterstattung über nicht finanzielle Belange ist es nämlich erlaubt, sich daran zu erinnern, wie vergleichbare Herausforderungen in der Vergangenheit gemeistert wurden.