Bei der Stadt Lugano, der AXA-Versicherung und einigen Automaten kann man bereits mit Bitcoin bezahlen. Auch grosse Payment-Unternehmen wie Worldline, das in der Schweiz mit Abstand Marktführer ist, ermöglichen einzelnen Geschäften und Händlern, Zahlungen mit der Kryptowährung entgegenzunehmen und zu verwalten.

Die Installation der Terminals beziehungsweise der Software ist aber noch die kleinste Herausforderung – es ergeben sich zum Thema einige weitere wichtige Fragen für Firmen. Wie beispielsweise die nach der praktischen Handhabung von Bitcoin in den Bilanzen und Abrechnungen.

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Externe Dienstleister springen ein 

Zuerst muss die Firma entscheiden, ob sie die Bestände selbst verwaltet oder einen Dienstleister in Anspruch nimmt, welcher Zahlungen abwickelt und Wallets betreibt, sagt Silvan Loser, Partner und Accounting-Experte bei KPMG Schweiz.

«Bei der Eigenverwaltung trägt die Firma selbst das Risiko der sicheren Private-Key-Verwahrung und ist für den Bestandsnachweis verantwortlich», so Loser. «Da die benötigten Kompetenzen in diesem Bereich häufig fehlen, entscheiden sich Firmen in der Regel für die Abwicklung und Verwahrung durch einen externen Dienstleister.»

Aufgrund der hohen Volatilität von Kryptowährungen erfolgt meist eine zeitnahe oder gar sofortige Überführung der Bestände in Schweizer Franken, um keinen Kursschwankungen ausgesetzt zu sein. «Kryptowährungen sind zwar mit einem Fremdwährungsbestand vergleichbar, qualifizieren sich aber im Gegensatz zu Fremdwährungen nicht als flüssige Mittel, da sie grundsätzlich nicht den Status als gesetzliche Zahlungsmittel besitzen und keine Zentralbankunterstützung haben», so Loser weiter.

Dafür ergeben sich andere Möglichkeiten, wie beispielsweise das Staking. «Wenn die zugrunde liegende Blockchain den Proof-of-Stake-Konsensalgorithmus nutzt, kann Staking eine Möglichkeit sein, um Zusatzerträge zu generieren», erklärt der KPMG-Experte weiter.

Dabei sei zu beachten, dass die Token während des Staking-Zeitraums blockiert sind. «Für konventionelle Firmen bietet es sich an, die Form des Delegated Staking zu nutzen, also die operative Staking-Tätigkeit auszulagern», so Loser. Firmen könnten so schon mit geringen Beständen am Staking teilnehmen. Die aus Staking erhaltenen Token sind bei konventionellen Firmen im Zeitpunkt des Zugangs als Finanzertrag zu erfassen.

 

Für Banken ist es noch anspruchsvoller

Theoretisch ist es auch möglich, Kryptowährungen als Sicherheiten für Kredite einzusetzen. «Mit Kryptowährungen besicherte Kredite sind in der Schweiz aber selten», so Loser. «Wenn die Firma eine Bank findet, welche Kryptowährungen als Sicherheit akzeptiert, ist eine solche Finanzierungsform aber durchaus möglich.» Aufgrund der hohen Volatilität von Kryptowährungen könnte die zu Beginn erforderliche Sicherheit den Kreditbetrag jedoch deutlich übersteigen, oder es können bei einem Kurszerfall Nachschüsse erforderlich werden.

Umgekehrt können Banken Kryptowährungen in Eigenverwaltung halten oder lizenzierte Dienstleister in Anspruch nehmen. «Kryptowährungen werden im Bankengesetz nicht wie herkömmliche Währungen als Publikumseinlagen, sondern als Depotwerte gehandhabt», so Loser. «Somit ist die Verwahrung von Kryptowährungen für Kunden aus buchhalterischer Perspektive als aussonderbares respektive ausserbilanzielles Vermögen zu führen – analog den Wertschriften.»

Dies folge dem Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz, welches die Aussonderung von Kryptowährungen im Konkursfall spezifisch regelt. Ferner würden Kryptowährungen explizit in den Geldwäschereivorschriften aufgeführt. «Die regulatorischen geldwäscherechtlichen Anforderungen sind somit vollständig einzuhalten», sagt Loser. «Dies kann aufgrund der pseudonymisierten Transaktionshistorie sowie der Möglichkeit, Kryptowährungen zwischen unregulierten Wallets zu transferieren, herausfordernd sein.» 

 

Langfristig auch ein gutes Accounting-Werkzeug

Zurück zu den Unternehmen selber – die Spielregeln für den Jahresabschluss sind klar. «Eine Firma wird die Token im statutarischen Abschluss, je nach Geschäftszweck und beabsichtigter Haltedauer, als immaterielle Werte, Vorräte oder Wertschriften ausweisen», erklärt Loser.

«Die Bewertung zum aktuellen Marktwert ist bei etablierten Kryptowährungen aufgrund von jederzeit verfügbaren Börsenkursen grundsätzlich möglich.» Hierfür gibt es bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung eine Kurstabelle. «In der internationalen Rechnungslegung ist die Klassifizierung als Finanzinstrument hingegen nicht erlaubt; dort erfolgt die Bilanzierung entsprechend als immaterielle Werte oder gegebenenfalls Vorräte.» 

Die den Kryptowährungen wie Bitcoin und Co. zugrunde liegende Blockchain- beziehungsweise Distributed-Ledger-Technologie (DLT) weist noch einige zusätzliche Merkmale auf, die sie für Aufgaben im weiteren Bereich der Buchführung interessant machen.

«Die DLT hat den Vorteil, dass sich verschiedene Parteien ohne Abhängigkeit von Intermediären auf einen bestimmten Zustand respektive Sachverhalt einigen können», beschreibt Loser den zentralen Vorteil. «Damit kann ein Ledger als Single Point of Truth für Transaktionen dienen und in die Buchhaltung von Unternehmen eingebunden werden.»

Blockchains sind konzipiert, um das Risiko einer missbräuchlichen Änderung erfasster Daten zu minimieren und volle Transparenz zu bieten. Dies wird durch Dezentralisierung, Kryptographie und aufeinander aufbauende Datensatzspeicherung erreicht. «Die eigenen Aufzeichnungen und Hauptbücher werden Firmen aber weiterhin vertraulich halten wollen», so Loser. «Ein absoluter Schutz vor retrospektiver Anpassung besteht jedoch nicht. Umso wichtiger ist eine redundante Datenaufzeichnung, auch um die Einhaltung der gesetzlichen Aufbewahrungspflichten zu gewährleisten.»