Private Equity steht in der Anlegergunst. Professionelle Investoren wie Pensionskassen und Versicherungen haben in den vergangenen Jahrzehnten bedeutende Summen in private Beteiligungen an Unternehmen investiert. Die Gründe dafür sind vor allem: die Diversifikation zu traditionellen Anlageklassen, die tiefere Volatilität der Ertragsentwicklung als bei kotierten Finanzprodukten und die hohen, historischen Renditen.
2017 wurde bei der Kapitalbeschaffung ein Rekord erzielt mit einem Wert von beinahe 450 Milliarden Franken – in Renminbi kotierte Fonds nicht eingeschlossen (siehe obere Grafik). 2018 und 2019 sank das Volumen jeweils leicht, betrug aber immer noch mehr als 400 Milliarden Franken pro Jahr.
Der Erfolg von Private Equity hat auch das Interesse von Privatanlegern geweckt. Doch bislang war ihnen der Zugang zur Anlageklasse mehrheitlich verwehrt. Zwar konnten sie Private-Equity-Fonds und die Aktien von Anbietern kaufen, doch durch die Kotierung ähneln diese Gefässe bezüglich ihres Charakters eher klassischen Finanzmarktanlagen – so weisen etwa die Aktien von Private-Equity-Häusern eine signifikant höhere Korrelation zur Entwicklung an den Finanzmärkten auf als typische Private-Equity-Anlagen, und Private-Equity-Fonds handeln in der Regel zu einem Abschlag des Nettoinventarwerts. Der Zugang zu traditionellen Private-Equity-Strukturen (vor allem über Limited Partnerships) blieb Privatanlegern wegen der sehr hohen Eintrittshürden grundsätzlich verwehrt, denn der Anlagehorizont beträgt dort mindestens 10, eher jedoch 15 Jahre und die Mindestanlagesumme mehrere Millionen Franken.
Einen Mittelweg bieten semi-liquide Fonds mit deutlich niedrigeren Mindestanlagesummen – zum Teil ab 50 000 Franken – und einem kürzeren Anlagehorizont von drei bis fünf Jahren, die qualifizierten Anlegern offenstehen. In der Schweiz gelten vermögende Privatpersonen als qualifizierte Anleger, wenn sie schriftlich bestätigen, dass sie entweder durch die persönliche Ausbildung und berufliche Erfahrung die Risiken der Anlagen verstehen und über ein frei verfügbares Vermögen von mindestens 500 000 Franken verfügen, oder aber – ohne entsprechendes Finanzfachwissen – ein Vermögen von 5 Millionen Franken ihr Eigen nennen.
In der Regel können Gelder aus semi- liquiden Fonds quartalsweise zurückgezogen werden, sofern ein bestimmter Prozentsatz des Nettoinventarwerts nicht überschritten wird. Zusätzlich bedingen sich Anbieter meist eine bestimmte Zeitdauer aus, innert deren sie die Auszahlung aufschieben können. Das dient dem Schutz der Anleger, denn so soll verhindert werden, dass Anlagen zu einem ungünstigen Zeitpunkt zwangsveräussert werden müssen.
Nach der erfreulichen Entwicklung an den Finanzmärkten in den vergangenen Jahren, und vor allem 2019, stellen sich viele Privatanleger wohl die Frage, ob der Einstiegszeitpunkt in Private Equity aktuell der richtige sei. Ebenso viele dürften sich fragen, ob die aktuellen Bewertungsniveaus noch angemessen sind, die Renditeerwartungen nach unten korrigiert werden müssen, der Höhepunkt des Wirtschaftszyklus erreicht ist und wie lange es noch bis zur nächsten Rezession dauert.
Zur Beantwortung dieser Fragen hilft ein Blick auf einen von Schroder Adveq entwickelten Frühindikator, den sogenannten Fund Raising Indicator, kurz FRI. Insgesamt deutet der Kapitalbeschaffungs-Indikator auf ein nur geringes Überhitzungsrisiko der weltweiten Private-Equity-Fonds hin. In der historischen Betrachtung war es jeweils so, dass Jahre mit hoher Kapitalbeschaffung mit einer schwächeren Performance einhergingen als Jahre mit einer tieferen Kapitalbeschaffung. Seit 2017 hat sich die Situation insgesamt etwas entspannt.
Es gibt allerdings Segmente, die signifikant über dem langfristigen historischen Trend liegen, wie etwa grosse Buy-outs. Das zeigt sich auch in den Einstiegsbewertungen (Enterprise Value/Ebitda) kleiner und grosser Buy-outs in Europa und den USA, wobei die Bewertungsschere in Europa 2017 mit einem Faktor von rund 3,3 gegenüber 2,9 in den USA noch ein wenig weiter aufgegangen ist (siehe untere Grafik). Die Abweichung vom Trend ist jedoch weniger extrem als 2006 bis 2008. Buy-outs am unteren Ende des Marktes dürften also weiterhin ein lohnendes Geschäft bleiben.
Andere Segmente, die Rendite versprechen, sind im Bereich Venture-Frühphasenfinanzierungen und im Bereich Wachstum vor allem Gesellschaften aus China und Indien. Bezogen auf die Unternehmenssektoren bietet Biotechnologie viel Potenzial nach oben.
Dank semi-liquiden Strukturen erhalten neu qualifizierte Anleger Zugang zu Private-Equity-Anlagen, die bis vor kurzem nur institutionellen Anlegern, Family Offices und sehr vermögenden Privatpersonen offenstanden. Doch auch letztgenannten Investoren bieten semi-liquide Anlagen Vorteile wie etwa eine grössere Flexibilität im Portfoliokontext. Das dürfte der Anlageklasse insgesamt zu zusätzlicher Reife, mehr Transparenz und Akzeptanz verhelfen.
Benjamin Alt, Head of Investments DACH, Nordics & CEE, Schroder Adveq, Zürich-Oerlikon.