Multi-Asset-Strategien haben im vergangenen Jahr angesichts der gleichzeitigen Kursrückgänge am Aktien- und am Anleihenmarkt besonders gelitten. Die Aktienschwäche konnte nicht mehr durch eine Anleihenstärke ausgeglichen werden. Konservative, ausgewogene und wachstumsorientierte Risikoprofile generierten ähnliche Erträge und nahmen einen ähnlichen Verlauf: Das 60/40-Portfolio und seine Cousins scheiterten.

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Diese Underperformance von gemischten 60/40- Portfolios und ihren Varianten traf die Investoren weitgehend unvorbereitet. Denn im Umfeld der letzten dreissig Jahre galten Anleihen bei fallenden Aktienkursen als Zufluchtsort und insbesondere Staatsanleihen als Anker zur Reduzierung des Portfoliorisikos und der Volatilität – ganz im Sinne der modernen Portfoliotheorie nach Harry Markowitz. Grundsätzlich hat dieser Ansatz in den letzten Dekaden gut funktioniert und sich auch in Krisenzeiten bewährt. Doch im Jahr 2022 versagte die negative Korrelation zwischen Aktien und Anleihen.

Der Autor

Aurèle Storno, Chief Investment Officer, Multi Asset, Lombard Odier Investment Managers, Genf

Dies verdeutlicht zwei klare Defizite gängiger Multi-Asset-Ansätze: Erstens zeigt es, wie eine Risikoprofilierung (oder Risikokontrolle) auf Basis der langfristigen Korrelationen zwischen Anlageklassen zum Problem werden kann, wenn diese Korrelationen nicht mehr funktionieren. Zweitens waren viele ausgewogene Portfolios zu sehr von Aktienrisiken abhängig – obwohl sie aufgrund ihres Anleihenanteils diversifiziert erschienen. Bei diesen Strategien verschleierte die Kapitalallokation das Konzentrationsrisiko und führte zu einem falschen Anschein der Diversifikation.

Viele Multi-Asset-Strategien hätten besser abgeschnitten, wären sie diversifiziert und risikoüberwacht gewesen – unabhängig davon, wie das Portfolio auf die Anlageklassen verteilt war. Das 60/40-Portfolio sollte mit einem risikobasierten Ansatz ergänzt werden, dessen Ziel es ist, eine positive, stabile Performance über die Marktzyklen hinweg zu erzielen. Dies wird durch Engagements in unterschiedliche Ertragsquellen erreicht sowie durch ein dynamisches Rebalancing.

Da die Betonung auf Stabilität und Diversifikation liegt, wird ein solches Portfolio zwar kaum die höchsten Erträge erzielen. Es sollte sich aber in vielen Marktsituationen gut entwickeln, Rückgänge abfangen und so die Anlageentwicklung glätten, um im Lauf der Zeit höhere Qualitätsrenditen zu erzielen.

Ziel ist es, ähnliche Renditequellen für konservative, ausgewogene und wachstumsorientierte Risikoprofile zu suchen und auszugleichen. Auf diese Weise investiert man über Aktien und Anleihen hinaus in die verschiedensten Märkte: Rohstoffe, Volatilität, alternative Risikoprämien und sogar Geldmarkttitel. Cash ist im Übrigen ein wichtiger Diversifikator, wenn sich die Korrelationen der Eins nähern.

Aus diesem diversifizierten, liquiden Universum bestimmt man eine strategische Asset-Allokation mit ausgewogener Verteilung über drei gesamtwirtschaftliche Szenarien – Wachstumsaufschwung, Wachstumsrückgang und Inflationsschock. Dies ergänzt man mit dynamischen Rebalancing-Strategien, die auf gesamtwirtschaftliche und Marktsignale reagieren. Man betrachtet nicht die Volatilität, sondern Rückgänge (maximale Drawdowns) als massgeblichen Gradmesser. Auf dieser Basis wird das Gesamtengagement des Portfolios angepasst und man nutzt Absicherungsinstrumente gegen Extremrisiken, um die Auswirkungen nachteiliger Marktentwicklungen im Griff zu behalten. Statt sich zu fragen, ob das 60/40-Portfolio am Ende ist, sollten Anlegerinnen und Anleger lieber die Diversifikation und Rebalancing-Methoden überdenken.