Die Auswirkungen geopolitischer Risiken gewinnen zunehmend an Bedeutung und werden zugleich immer schwerer vorhersehbar. Ihre Intensität im Einfluss auf die globale Stabilität und Sicherheit ist immens. Konflikte zwischen Staaten, Terrorismus, politische Instabilität, wirtschaftliche Sanktionen und systemische Risiken wie Pandemien können zu erheblichen Marktvolatilitäten führen und das Vertrauen der Investoren beeinträchtigen. Auch der Schweizer Finanzplatz ist hier nicht immun.

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Trotz politischer Neutralität und Stabilität beeinflussen internationale Spannungen und Unsicherheiten die hiesigen Finanzmärkte und damit auch die Schweizer Banken. Mit einer aktuellen Studie liefert die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) gemeinsam mit ZEB Consulting eine Analyse dazu, welche Szenarien für das Land besonders eindrücklich sind. «Hauptziel war, die Auswirkungen geopolitischer Risiken auf den Schweizer Finanzplatz und die einzelnen Geschäftsmodelle wissenschaftlich und datenbasiert zu analysieren», sagt August Benz, Leiter International & Transformation und stellvertretender CEO der SBVg. «Dabei wurden zentrale Risikofaktoren wie internationale Spannungen, Sanktionen und Cyberbedrohungen identifiziert und bewertet, um die langfristige Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Bankensystems zu untersuchen.»

 

Risikomanagement als Kernthema

Die direkten Auswirkungen geopolitischer Risiken auf Schweizer Banken manifestieren sich laut der Studie in mehreren Bereichen. Die Marktvolatilität und die wirtschaftliche Unsicherheit beeinflussen das Risikomanagement und fordern die Liquidität von Finanzinstituten heraus. Gleiches gilt für die Kreditwürdigkeit von Debitoren. Es droht eine höhere Ausfallquote. Und Wirtschaftssanktionen können Bankgeschäfte mit bestimmten Ländern oder Unternehmen stark einschränken. «Die Anpassungsfähigkeit an geopolitische Risiken sowie Investitionen in technologische Innovationen sind entscheidend für langfristige Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit», fasst es August Benz zusammen. «Erfreulicherweise verfügt der Schweizer Finanzplatz über eine solche Fähigkeit, was langfristig die Resilienz stärkt.»

Neben den direkten Auswirkungen gibt es zudem langfristige, indirekte Risiken, die ebenfalls Einfluss nehmen. So folgt der Unsicherheit bei den Investoren nicht selten Kapitalflucht oder ein Rückgang der Einlagen. Infolgedessen kann sich das wirtschaftliche Umfeld destabilisieren, was wiederum die Geschäftstätigkeit und das Wachstum der Banken beeinträchtigen kann … Ein Rattenschwanz, der sich mit beliebig vielen Eventualitäten ergänzen lässt.

 

Aktiv sein und nicht auf Schlimmes warten

Die Frage im gesamten Kontext ist daher nicht, welche Risiken sich verhindern lassen, sondern vielmehr, wie man möglichst aktiv mit ihnen umgeht. Man sollte also bereits im Vorfeld Szenarien entwickeln, um im Fall der Fälle schnell und effektiv handeln zu können. «Die Stabilität des Schweizer Finanzplatzes hängt zunehmend von seiner Position als Ort der Stabilität und Sicherheit ab», sagt August Benz. «Die Schweizer Banken müssen ihre Position gegenüber internationalen Sanktionen klar definieren, um ihre Rolle in der multipolaren Weltordnung zu festigen.» So muss das Land in der multipolaren Weltordnung die eigene Rolle und Strategie in Bezug auf Sanktionen klar definieren.

«Die Schweiz ist ein sehr exportorientiertes Land mit beträchtlichen Direktinvestitionen und wirtschaftlichen Verflechtungen auf der ganzen Welt und deswegen traditionell eine grosse Befürworterin offener Märkte und des freien Handels», so der Experte. «Es besteht jedoch die Gefahr, dass der zunehmend protektionistisch motivierte globale Wettbewerb dazu führt, dass sich Sanktionsregimes mehr von einem Instrument zur Sicherung des Völkerrechts zu einem Werkzeug entwickeln, das geopolitischen und handelspolitischen Interessen von Wirtschaftsblöcken dient.» Ein proaktives Risikomanagement und eine klare Haltung zu Sanktionen sind deshalb entscheidend für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes.

 

Innovationen sind wichtig

Um das zu gewährleisten, braucht es Einsatz. Die fortschreitende Digitalisierung, insbesondere im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI), ist dabei entscheidend. Die Empfehlung ist daher klar: Für Schweizer Banken wird es unerlässlich sein, erheblich in Innovationen zu investieren, um sich auf einem zunehmend globalen und technologiegetriebenen Markt zu behaupten. Aber hier sollten sie nicht allein agieren. Denn: «Die Politik muss einen intelligenten Weg finden, wie sie ihre Sanktionspolitik gestalten will, damit die Schweiz ihre Rolle als Ort der Stabilität und Sicherheit für Investorinnen, Investoren und Unternehmen weiterhin wahrnehmen kann. Die Schweiz braucht eine Sanktionspolitik, die international breit abgestützt ist und auf Rechtsstaatlichkeit, Völkerrecht und einem internationalen Level Playing Field basiert.» Dafür solle sich die Schweiz in internationale Diskussionen einbringen, findet August Benz weiter. «Als neutrales Land mit einer langen demokratischen Tradition, einer liberalen Aussenhandelspolitik und aussenpolitischer Kompetenz haben wir die dazu notwendige Glaubwürdigkeit.»

 

Ohne Transparenz geht es nicht

Und hier kommt Kommunikation ins Spiel. Denn die Analyse zeigt auch, dass es eine grosse Diskrepanz zwischen den geopolitischen oder Makrorisiken gibt, die in öffentlichen Dokumenten behandelt werden, und dem, was führende Bankexpertinnen und -experten für wichtig halten. Relevante Expertise bleibt weitgehend auf Expertenkreise beschränkt und ist im öffentlichen Diskurs nur unzureichend vertreten. Auch hier braucht es mehr Mut und mehr Transparenz. Denn auch Privatanlegenden sollte die Chance offenstehen, geopolitische Risiken einzuschätzen. «Sie sollten regelmässig Marktanalysen und Berichte von Finanzinstituten konsultieren. Die Banken in der Schweiz verfügen über ein grosses Know-how und hoch qualifizierte Mitarbeitende, die helfen können, die geopolitische Lage einzuordnen und damit fundierte Anlageentscheidungen zu treffen», hält der Experte fest. «Sie bieten zudem massgeschneiderte Lösungen, um Portfolios widerstandsfähiger gegen geopolitische Unsicherheiten zu machen – sei es durch Diversifikation, Absicherungsstrategien oder nachhaltige Anlagen.»

Und das spielt zukünftig eine immer wichtigere Rolle. Denn geopolitische Risiken werden weiterhin zunehmen, sei es durch exponierte Persönlichkeiten, technologischen Fortschritt oder politische Diskurse. Hier kann die Schweiz sich entsprechend positionieren, muss das aber aktiv angehen und sollte sich vor allem fokussieren.