Anfang Mai fand die jährliche Generalversammlung von Berkshire Hathaway statt – erneut komplett digital. Erinnerungen an mein Treffen mit Warren Buffett vor einigen Jahren wurden wach.
Schon damals sprachen wir zu Tisch bei Cherry Coke über Ineffizienzen im Aktienmarkt und steigende Bewertungen. Heute – keine fünf Jahre später – sieht das Bild dramatisch aus. Buffett und sein Kollege Charlie Munger sprachen kürzlich von «Exzess» und «Schaum».
Oliver Scharping ist Portfolio Manager beim Asset Manager Bantleon Bank.
Im Zentrum stehen diesmal vor allem Kleinanleger: Die Wertpapierkreditvolumen sind in den USA am Anschlag, eine als Spass gedachte Kryptowährung mit Hundemotiv ist mehr wert als SMI-Konzerne und Millennials tummeln sich auf Tiktok, um Leerverkäufer aufs Korn zu nehmen.
Gleichzeitig bekommen Risikoassets wie Aktien Unterstützung vom konjunkturellen Umfeld und eine grössere Abkühlung ist erst mittelfristig zu erwarten – wenn die Märkte nicht vorzeitig überhitzen. Wann und ob es dazu kommt, ist schwer zu sagen.
Aber unabhängig von den Bewertungsindikatoren steht fest: Die Aktienmärkte sind nicht mehr günstig und die Finanzierungskonditionen sind so locker wie lange nicht, was bescheidene Aussichten für Aktienrenditen impliziert. Am Horizont scheint sich also der perfekte Sturm zusammenzubrauen.
Jetzt ist die Zeit für Sondersituationen
Für eine attraktive Nische könnte dieses Umfeld nicht besser sein: Das Jahr 2021 scheint eine glänzende Dekade für Strategien einzuläuten, die in Sondersituationen (Event Driven) investieren. Denn getrieben durch die jüngsten Exzesse nehmen auch Dislokationen zu, also Ineffizienzen bei einzelnen Aktien. Gleichzeitig brummt mit der Konjunktur der M&A-Markt. Die Aussichten für Merger-Arbitrage-Strategien sind damit so gut wie lange nicht mehr.
Entsprechend investierten institutionelle Anleger hier im ersten Quartal 2021 mit über 85 Milliarden Dollar massiv und zum ersten Mal hat die Assetklasse das Rekordvolumen von 1 Billion Dollar überschritten.
«Über spezialisierte Anlagefonds können auch Privatanleger von 'Event-Driven'-Strategien profitieren.»
Die von Pensionskassen, Versicherungen & Co. besonders stark nachgefragten Event-Driven-Strategien erzielen Erträge aus Fusionen & Übernahmen, kaufen SPACs risikolos unter ihrem Nettoinventarwert oder nutzen Preisineffizienzen zwischen Aktiengattungen.
Mit diesem dekorrelierten Werkzeugkasten lassen sich unabhängig von Bewertungen und Überhitzungstendenzen attraktive Renditen erzielen bei gleichzeitigem Kapitalschutz – eine Eigenschaft, die in einer Zeit mangelnder Dekorrelation bei Bonds selten geworden ist.
Über spezialisierte Anlagefonds können auch Privatanleger von Event-Driven-Strategien profitieren. Sollte der aufziehende Sturm noch länger fernbleiben, verdienen sie aktienähnliche Renditen. Braut sich das Tief schneller als erwartet zusammen, haben sie rechtzeitig eine Schutzhütte aufgesucht.
Auch Guru Warren Buffett ist «Event Driven»
Was wohl das Orakel aus Omaha dazu meint? Buffett war selbst über Jahrzehnte hinweg im Bereich Merger Arbitrage aktiv und hat so den Grundstein für seinen Erfolg gelegt. Heute sind es vor allem Spezialisten, die hier unterwegs sind.
Auch wenn Buffett noch ab und an auf der Arbitrage-Bühne zu sehen ist – das Vehikel des Altmeisters ist inzwischen zu gross, um hier agil zu investieren.
Dennoch ist sein Zitat von 1989 zur Merger-Arbitrage auch heute noch aktuell: «Man gebe einem Mann einen Fisch und man ernährt ihn für einen Tag. Man bringe ihm Arbitrage bei und man ernährt ihn für immer.»