Hinter uns steht ein anspruchsvolles Anlagejahr. Bei hartnäckig hoher Inflation, steigenden Zinsen und fallenden Wachstumserwartungen erlitten sowohl die Aktien- wie auch die Anleihenmärkte herbe Verluste. Das geopolitische Umfeld wird auch im neuen Jahr komplex bleiben. Dennoch gilt es, sich auf einige Veränderungen einzustellen.

Ein Treiber dafür ist das Zinsumfeld. So dürften es fallende Inflationsraten der Fed, der EZB und auch der SNB erlauben, ihre Zinserhöhungszyklen im ersten oder spätestens zweiten Quartal 2023 zu beenden. In den USA wie auch in Europa dürften die Inflationsraten gegen Jahresende dann nah genug am Zielwert von 2 Prozent liegen, sodass die Notenbanken erste Zinssenkungen ins Auge fassen können.

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Aufgrund der höheren Inflation und Zinsen ist im ersten Halbjahr mit einem Rückgang der Wachstums- und Gewinnerwartungen zu rechnen. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass das globale Wachstum 2023 die Talsohle durchläuft und die Wachstumsaussichten sich im weiteren Jahresverlauf verbessern werden.

Portfoliostrategien bei Volatilität

Bis dahin dürften die Märkte jedoch insgesamt weiter schwanken. Wie können Anlegerinnen und Anleger sich also positionieren?

Der Blick richtet sich zunächst auf den Aktienmarkt. Defensive Sektoren wie Basiskonsumgüter dürften von der globalen Wachstumsverlangsamung hier weniger stark betroffen sein, während sich Substanztitel in einem Umfeld mit hoher Inflation tendenziell gut entwickeln. Attraktivere Gelegenheiten für den Kauf von zyklischen Werten und Wachstumsaktien könnten sich im späteren Jahresverlauf ergeben, sobald die Märkte eine niedrigere Inflation und ein stärkeres Wirtschaftswachstum einzupreisen beginnen.  

In einem unsicheren, schwankungsanfälligen Umfeld ist es vorteilhaft, mit Ertragsstrategien stabile Renditen zu erwirtschaften. Doch auch die hohe Marktvolatilität selbst kann Möglichkeiten schaffen, Erträge zu generieren. Am Anleihenmarkt bietet sich zu Jahresbeginn ein Fokus auf Emittenten von höherer Qualität an. Sobald sich Zinsen und Wachstum stabilisieren, können aber auch Emittenten mit einem niedrigeren Rating Chancen bieten.

US-Dollar und Schweizer Franken sind für Devisenstrategien attraktiv. Relativ hohe US-Zinsen und eine Verlangsamung des globalen Wachstums sollten in den kommenden Monaten dem Dollar noch Aufwind geben. Auch der Franken dürfte als sicherer Hafen weiter gefragt bleiben. Sobald sich die Erwartungen an die Fed-Politik ändern, müssen sich Anlegerinnen und Anleger im Verlauf des nächsten Jahres aber auf eine Dollar-Schwäche vorbereiten.

Und weil auch 2023 geopolitische Risikofaktoren die Märkte in Bewegung halten dürften, wird die Korrelation zwischen Aktien und Anleihen wohl zeitweilig erhöht sein. Hier kommen alternative Anlagen ins Spiel: Unkorrelierte Hedgefonds-Strategien können weiter zur Diversifikation von Portfolios beitragen.

Trends für die lange Sicht

Angesichts der geopolitischen Verwerfungen stehen wir am Anfang einer Ära der Sicherheit, in der Energie-, Ernährungs- und Cybersicherheit von Regierungen und Unternehmen priorisiert werden. Substanzielle Investitionen in eine verbesserte Energiesicherheit sowie in grüne Technologien für saubere Luft, CO2-Reduktion und Energieeffizienz sind deshalb zu erwarten. Mit Blick auf die Ernährungssicherheit werden eine Verbesserung der landwirtschaftlichen Erträge, Wassereinsparungen und Anpassungen an den Klimawandel angestrebt. Der Cybersicherheitsmarkt dürfte bis 2025 zudem jährlich um 10 Prozent wachsen. 

Trotz einem eher schwachen Abschneiden im vergangenen Jahr bleibt die langfristige Performance nachhaltiger Anlagen auf absoluter und relativer Basis stark. Das vergangene Jahr hat gezeigt, warum Anlegerinnen und Anleger über nachhaltige Anlagethemen diversifizieren müssen, einschliesslich wertorientierter sowie Wachstumsthemen. Es hat sich auch gezeigt, warum ein Fokus auf Unternehmen, die sich im ESG-Bereich verbessern oder bereits zu den Vorreitern zählen, die Ergebnisse positiv beeinflussen kann. Eine Diversifikation über nachhaltige Anlageklassen hinweg, beispielsweise durch die Einbeziehung nachhaltiger Anleihen sowie solcher von Entwicklungsbanken, kann ebenfalls zu besseren risikobereinigten Portfoliorenditen beitragen.

Anlegerinnen und Anleger, die Teile ihres Vermögens mit einem sehr langfristigen Horizont investieren, können sich mit Privatmarktanlagen interessante Renditequellen erschliessen. Engagements direkt nach einem Rückgang an den öffentlichen Märkten haben sich in der Vergangenheit als überdurchschnittlich gute Anlagen entpuppt. Derzeit sind Sekundärmarktanlagen, Kredit- und Distressed-Manager sowie Buy-out-Fonds zu favorisieren, die in Privatisierungen, Ausgliederungen und Veräusserungen von Unternehmensteilen investieren.  

Daniel Kalt ist Chefökonom und Chief Investment Officer Schweiz der UBS.