Wer auf eine dynamische Transformation des Automarktes in Richtung Elektromobilität hofft, musste in den letzten Wochen eine Reihe von Hiobsbotschaften verkraften. Schwächelnde Volkswirtschaften und der Wegfall von Fördergeldern haben die Verkäufe von E-Autos weltweit gebremst. Die USA haben beispielsweise zum Jahreswechsel die Kriterien für die Vergabe von Fördergeldern verschärft; im grössten europäischen Automarkt, in Deutschland, wurde die «Umweltprämie» quasi über Nacht gestrichen, und in der Schweiz hat der Bundesrat per 1. Januar 2024 die Befreiung der Elektrofahrzeuge von der Automobilsteuer beendet. Autohersteller versuchen, mit Rabatten die Kauflust der Konsumentinnen und Konsumenten wieder anzukurbeln. Und verursachen dadurch zusätzliche negative Effekte. Denn Autovermieter und Leasinggesellschaften verlieren viel Geld, wenn die Restwerte der Fahrzeuge durch die Preisreduzierungen sinken. Zudem verursachen E-Autos häufig höhere Reparaturkosten als Verbrenner, was besonders den Autovermietern zu schaffen macht. Hertz und Sixt haben daher begonnen, ihre Elektroautos durch Verbrenner zu ersetzen. Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer spricht bereits von einer «Renaissance der Verbrenner» (siehe Interview auf Seite 27).

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Auch in der Schweiz schwächeln die Verkaufszahlen von Elektroautos: Im Januar und Februar sank der Marktanteil der vollelektrischen Fahrzeuge auf 16,8 Prozent. Im gesamten Jahr 2023 hatte ihr Marktanteil noch 20,9 Prozent betragen. Auf jedes vollelektrische Fahrzeug, das in der Schweiz verkauft wird, kommen knapp zwei verkaufte Benziner (32,4 Prozent Marktanteil). Immerhin jedes dritte Neufahrzeug (30,8 Prozent) verfügte in den ersten beiden Monaten 2024 über einen Voll- oder Mildhybridantrieb, nochmals 9,9 Prozent sind Plug-in-Hybride. Dieselaggregate haben einen Marktanteil von 10,2 Prozent.

Neue Töne gibt es aktuell aus Brüssel: In der Europäischen Union versuchen jetzt konservative Politiker und Politikerinnen, das beschlossene Verbrenner-Aus ab 2035 zu stoppen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat kürzlich angekündigt, das Verbrennerverbot nach den Wahlen im nächsten Jahr noch einmal zu überprüfen.

 

Chinesische Autobauer mit Rückenwind

Dass der Ausbau der Elektromobilität aktuell auf die Standspur abbiegt, ist schlecht für die Umwelt und tragisch für viele Automobilproduzenten. Sie haben in den letzten Jahren Milliardensummen in die Entwicklung von E-Fahrzeugen investiert und können diese Ausgaben jetzt nicht über Verkäufe amortisieren. Die zuletzt vermeldeten Rekordgewinne täuschen. Sie stammen noch aus der Nach-Corona-Zeit, als die starke Nachfrage nach Verbrennern ohne Preisreduzierungen bedient werden konnte. Ihre Deckungsbeiträge im E-Auto-Bereich sind bei den aktuell schwachen Verkäufen tiefrot, weil sie nicht die notwendige Skalierung erreichen. Von den westlichen Autobauern ist lediglich Tesla aufgrund seiner effizienten Produktionsweise in der Lage, auch mit einer Auslastung von nur 70 Prozent der Kapazitäten noch fette Gewinne zu schreiben.

Während die meisten westlichen Hersteller leiden, haben chinesische Firmen Rückenwind. Von staatlichen Förderprogrammen unterstützt und mit einem riesigen Heimatmarkt im Rücken, versuchen sie gerade, die westlichen Märkte aufzurollen. Noch sind Konsumentinnen und Konsumenten zurückhaltend gegenüber chinesischen Autos, aber das war man früher auch gegenüber japanischen und koreanischen Herstellern. Die Chinesen wissen: Auch wenn es jetzt im Westen ruckelt, die Elektromobilität wird sich durchsetzen, es dauert nur etwas länger.