Sie sind ein seltener Anblick auf Schweizer Strassen: Wasserstoffautos. Auf der einen Seite ist die Nachfrage klein, weil die Infrastruktur fehlt, auf der anderen wird diese nicht ausgebaut, weil der Bedarf nicht besteht. Die Zukunftsaussichten, dass sich dieser Antrieb daher durchsetzen wird, sind damit schlecht. Parallel aber hat die Schweiz als erstes Land auf der ganzen Welt die erste Wasserstoffflotte im Schwerverkehr auf die Strasse gebracht, die mit grünem Wasserstoff angetrieben wird. «Hyundai Hydrogen Mobility» ist ein Joint Venture zwischen der Hyundai Motor Company und H2 Energy. «Gemeinsam haben wir im Jahr 2020 die ersten serienmässigen Brennstoffzellen-LKW in der Schweiz eingeführt», sagt Rolf Huber, Gründer von H2 Energy. «Seitdem hat die Flotte im Rahmen eines Full-Service-Pay-per-Use-Angebots über elf Millionen Kilometer sicher, zuverlässig und effizient zurückgelegt und über 9000 Tonnen CO₂ eingespart.»

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Strategie unbrauchbar

Es läuft also doch – aber eben nicht rund. Man fährt mit angezogener Handbremse und das trotz der aktuellen Lage. So muss auch die Schweiz auf Dauer CO₂-frei werden. Das Netto-null-Ziel soll im 2050 erreicht sein. Wasserstoff wäre hier ein wichtiger Energieträger. Er lässt sich zudem gut speichern und ist auch zu Zeiten einsetzbar, an denen nicht durch Sonne oder Wind regenerative Energie gewonnen werden kann. Daher wundert es Rolf Huber, dass der Bund mit der im Dezember 2024 verabschiedeten Wasserstoffstrategie einen – wie er es sagt – «verwaltungstechnischen Betriebsunfall» hingelegt hat. «Beginnend damit, dass es an Anreizen fehlt», sagt er. «Niemand investiert in unsichere Märkte ohne wirtschaftliche Erfolgsaussichten.» So fehlt es an Marktanreizen durch die Politik beziehungsweise alternativ an Strategien, mit denen sich der Einsatz monetarisieren lässt. 

Der Treibhausgas-Zertifikatehandel in Deutschland zum Beispiel funktioniert als Marktmechanismus zur Reduktion von Treibhausgasemissionen. Zertifikate werden von Unternehmen generiert, die emissionsärmere Technologien oder Verfahren einführen, also auch Produzenten von grünem Wasserstoff. Diese Unternehmen können die generierten Zertifikate auf dem Markt verkaufen. Als Käufer treten Unternehmen auf, welche gemäss der EU verpflichtet werden, einen Teil ihrer CO2-Emissionen zu kompensieren. Die Erträge aus den Zertifikaten erlauben den Wasserstoffunternehmungen, ihre Mehrkosten für die Produktion von grünem Wasserstoff zu decken und bilden somit einen direkten Anreiz für den Hochlauf des Wasserstoffmarktes, ohne die Staatsbudgets zu belasten. «So entsteht ein verlässlicher, planbarer Markt und nicht nur bürokratische Hürden», sagt Rolf Huber.

 

Fehlende Anreize

Hydrospider, ein Joint Venture zwischen H2 Energy, Alpiq und Linde, zeigt, dass es in der Schweiz schon funktionierende Systeme gibt. Hydrospider produziert zusammen mit der Wasserstoffproduktion Ostschweiz (WPO) und beschafft sowie vertreibt beispielsweise grünen Wasserstoff im gesamten Land und über die Grenzen hinaus. Seit der Aufnahme des Betriebs im 2020 wurden über 1000 Tonnen grüner Wasserstoff in das Ökosystem geliefert. «Auch hier stellt sich die Frage, warum jetzt weiter Geld und Zeit investieren, wenn man auf lange Sicht gar nicht mitspielen soll», so Rolf Huber. «Womit wir dann auch beim bürokratischen Mehraufwand sind, der in meinen Augen nur dazu dienen soll, Daten zu sammeln, um eine Grundlage für eine Besteuerung zu definieren.»

Dass im Gegensatz zu den Kosten für Schnellladestationen die Tankstellen für Wasserstoff ebenfalls allein durch den Bereitstellenden getragen werden müssen, ist ein weiterer Kritikpunkt auf der Liste. Und schlussendlich steht im Strategiepapier, dass die Kantone jeweils eine eigene Wasserstoffstrategie entwickeln sollen. Gleiches gilt für das Prüfen von Richtplänen und Bewilligungspraxen, einhergehend mit dem Ausbau von Aus- und Weiterbildungen von Fachkräften. Die Aussichten auf eine landesweite erfolgreiche, weil gemeinsame Umsetzung sind somit nicht gut. 

 

Ideale Ergänzung

Dabei wäre Wasserstoff zwar nicht die alleinige Lösung, wenn es um regenerative Energien geht. Es wäre aber eine sinnvolle Ergänzung – und das in allen Bereichen, wie eben auch der Industrie. Bezogen auf Mobilität funktionieren Wasserstofffahrzeuge im Grunde wie Elektrofahrzeuge. Nur wird der Strom nicht über eine Batterie zugeführt, sondern durch die eingebaute Brennstoffzelle, welche Wasserstoff und Sauerstoff aus der Umgebungsluft verstromt und damit den Elektromotor antreibt. Und das mit mehr Reichweite, da Wasserstoff mehr mobile Energie speichern kann. Dabei entsteht reiner Wasserdampf. Auch der Tankvorgang dauert ähnlich lang wie beim Tanken von Diesel oder Benzin. 

Interessant ist, dass H2 Energy mit der Wasserstoffflotte für Länder wie China enorm interessant ist und genau verfolgt wird, wie das mit dem Schwerlastverkehr seit fünf Jahren funktioniert. Und schaut man sich die Bemühungen der Volksrepublik genau an, zeigt sich, dass China bereits der grösste Wasserstoffproduzent weltweit ist, seine Kapazitäten aber weiter erheblich ausbaut. Jeder grosse chinesische Automobilhersteller verfügt mittlerweile über Wasserstoffaggregate, welche in bestehende Fahrzeugchassis eingebaut werden können. Unternehmen wie Dongfeng Motor, FAW-Hongqi, GAC, Geely, Guangzhou Automobile, BAIC und Great Wall Motor haben bereits Wasserstofffahrzeuge entwickelt. Man darf daher gespannt sein, ob Europa wie auch bei den E-Autos von China um Längen überholt werden wird. «Es liegt nicht an den technischen Möglichkeiten; die haben wir», meint Rolf Huber abschliessend. «Es geht allein um Politik.»