Der erste Elektro-Ferrari soll mindestens 500’000 Euro kosten – dafür soll er dann aber auch wie ein «echter» Ferrari klingen. Sein erster Auftritt ist auf Ende 2025 terminiert. Garantiert aber ist das noch nicht, denn auch intern in der Scuderia scheint man noch nicht gänzlich überzeugt zu sein, dass dieses Experiment gelingen wird. Denn sind die Kunden im italienischen Supersportwagengeschäft wirklich offen für ein reines E-Modell, zumal Autofahrer, die gerne lange und schnell fahren, ein Problem mit der zu geringen Energiespeicherkapazität des Hochvoltakkus eines Elektroautos haben? Schaut man sich einmal an, was bisher in diesem Segment vom Band gerollt ist, wird schnell klar: Nein, das wollen die Fahrerinnen und Fahrer in aller Regel nicht. Viele Modelle kamen daher bislang nicht über den Status «Concept Car» hinaus. Der Lamborghini Terzo Millennio ist ein Beispiel dafür, er ist mittlerweile im Museum geparkt.

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Dass vollelektrische Supersportwagen schwierig zu verkaufen sind, hat auch der kroatische Erfinder, Unternehmer und Gründer des Automobilherstellers Rimac, Mate Rimac, für sich verbuchen müssen. So galt sein 1914 PS starker Rimac Nevera mit insgesamt vier Elektromotoren als echter Überflieger unter den Supersportwagen. Doch bislang konnten nur rund 50 von 150 gebauten Exemplaren verkauft werden. Auf dem Future of the Car Summit der «Financial Times» in London im letzten Jahr fasste er die Gründe dafür zusammen. In seinen Augen sei der Rückgang der Nachfrage damit d’accord, dass der Massenmarkt immer elektrifizierter werde und es hier ausreichend gute Angebote gebe. Der Wohlhabende würde sich daher nun wieder verstärkt mit analogem Fahrgefühl und Verbrennungsmotoren absetzen wollen …

 

Der Spass bleibt auf der Strecke

Ein Supersportwagen verkörpert seit je pure Leistung, kompromisslose Geschwindigkeit und ein unvergleichliches Fahrerlebnis. Und dafür braucht es Benzin im Tank und die eine oder andere röhrende Auspuffanlage. Sicher haben Elektrofahrzeuge in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht, doch Freunde von Supersportwagen sind da wenig kompromissbereit. Eine Studie des Beratungsunternehmens Deloitte aus dem Jahr 2020 beleuchtete die Nutzerpräferenzen in Bezug auf Elektrofahrzeuge. Und das Ergebnis war eindeutig: Die Nutzer elektrischer Fahrzeuge ziehen hauptsächlich aufgrund von Umweltbedenken und der geringeren Betriebskosten ein E-Auto in Erwägung. Doch das sind keine Gründe, so wichtig sie auch sein mögen, die den Hauptantrieb für den Kauf eines Supersportwagens darstellen. Diese Fahrzeuge werden aus Leidenschaft, für das Fahrerlebnis und die Performance sowie als Statussymbole gekauft.

Laut einer Umfrage von J. D. Power aus dem Jahr 2021 sind Leistung und Fahrspass zudem weiterhin die Hauptgründe, warum Käufer sich für einen Supersportwagen entscheiden. Der sonore Klang eines Hochdrehzahlmotors und der sofortige Kraftzuwachs eines Verbrennungsmotors bieten eine Erfahrung, die viele Enthusiasten nicht gegen die ruhigere und glattere Beschleunigung eines Elektromotors eintauschen möchten. Dazu kommen dann noch die beschränkte Reichweite und fehlende Ladeinfrastruktur. 

 

Aktuell einfach nicht gefragt

Sicher steckt der Markt für elektrifizierte Supersportwagen noch in den Kinderschuhen, und die traditionellen Märkte und Nutzer müssen sich erst an die neuen Gegebenheiten gewöhnen. Ein wenig Hoffnung darf daher mitschwingen. Aber schaut man sich an, wie die Produzenten reagieren, sinkt die Hoffnung gegen null. So hat auch Aston Martin erst einmal Fahrt rausgenommen und den für das Jahr 2025 angekündigte allradgetriebene Elektro-GT nun auf 2026 terminiert. Zur Verlegung des Marktstarts sagte der Vorstandsvorsitzende Lawrence Stroll: «Wir glauben, dass die Nutzernachfrage nicht so stark ist, wie Analysten und Politiker dachten. Wir glauben auch, dass es sie in Zukunft geben wird; sie wird nicht verschwinden. Wir glauben nur, dass sich das Projekt ein wenig verzögert.» Optimismus klingt anders. 

Auf der anderen Seite ist ein Blick nach Asien lohnenswert, wenn es um die Zukunft der sportlichen Mobilität geht. Hier war man schon in anderen Mobilitätsbereichen schneller und effizienter in der Umsetzung. Bereits heute haben viele E-Autos aus dieser Region ihren Weg nach Europa gefunden, und ihre Anzahl wächst stetig. Die Automobilbranche Asiens zeigt eindrucksvoll, wie schnell sich Innovationen verbreiten und etabliert werden können. Geht es um die elektrifizierten Supersportwagen, darf der neue Hyptec SSR der chinesischen Marke GAC daher als Versuchsobjekt betrachtet werden. Denn dieser Hyperstromer setzt neue Massstäbe in der Elektromobilität. Das SSR im Namen steht für «Super, Sport, Race» und signalisiert die unglaubliche Leistung und Geschwindigkeit des Fahrzeugs. Der Hyptec SSR wird von drei Elektromotoren angetrieben – ein Motor an der Vorderachse und zwei an der Hinterachse – die zusammen eine beeindruckende Systemleistung von 1224 PS liefern. Dadurch beschleunigt dieser Elektrosportwagen in atemberaubenden 1,9 Sekunden von 0 auf 100 Stundenkilometer und kann theoretisch sogar mit einem Formel-1-Boliden mithalten, wenn nicht gar diesen übertreffen.

 

Es läuft nicht rund

Abschliessend lässt sich daher wohl sagen: Die Handbremse bleibt angezogen. Und wer gut gestartet ist, der korrigiert nun den Kurs. So hat auch Porsche bereits vor einigen Monaten die Produktion seines vollelektrischen Flaggschiffs Taycan umstrukturiert beziehungsweise die produzierte Anzahl an Wagen gekürzt. Nach der Markteinführung des Modells im Jahr 2019 hat Porsche das Modell Anfang 2023 umfassend überarbeitet. Neben Designanpassungen wurden auch die Antriebstechnik und die Batterie verbessert. Die Ladeleistung wurde von 270 auf 320 Kilowatt erhöht und die Reichweite um 35 Prozent auf bis zu 678 Kilometer gesteigert. Dennoch läuft es nicht mehr wie erhofft. Und auch der E-Tron GT von Audi konnte sich nicht durchsetzen. Seit 2023 hat man von diesem Modell gerade einmal 11’203 Fahrzeuge verkaufen können.

Die Zukunft der Supersportwagen könnte sicher elektrisch sein, wenn es gelingt, die traditionelle Faszination und das Fahrerlebnis mit den Vorteilen der Elektromobilität zu verbinden. Und es bleibt zu hoffen, dass die nächste Generation von Autoliebhabern möglicherweise gleichermassen von technologischen Innovationen wie dem Hyptec SSR begeistert sein, wie es die aktuelle Generation von den Kraftpaketen der Vergangenheit ist. Aber realistisch erscheint dieses Szenario gerade nicht.