Seit 2019 ist die Kardiologie des Zürcher Unispitals (USZ) medizinischer Partner des Leichtathletikmeetings. Doch nicht nur die Athletinnen im Letzigrund rennen, springen und werfen jedes Jahr im August im Letzigrund auf Weltklasseniveau; auch die Kardiologen und Kardiologinnen spielen ganz vorne mit. Im Ranking «Beste Fachkliniken» rangieren die Leute von Chefarzt Frank Ruschitzka auch dieses Jahr auf dem ersten Platz, der Score liegt mit 93,42 Prozent sogar noch etwas höher als im vergangenen Jahr. Es ist der beste aller Kliniken im Ranking 2024.
Die USZ-Herzmedizin hat eine ruhmreiche Vergangenheit. 1969 hat Åke Senning am damaligen Zürcher Kantonsspital die erste Herztransplantation der Schweiz durchgeführt. 1977 revolutionierte Andreas Grüntzig in Zürich mit der ersten erfolgreichen Ballonaufdehnung die Herzmedizin. Die Erfindung, für die der Zürcher Mediziner anfangs von seinen Kollegen belächelt wurde, ist heute Standard und markiert den Beginn weniger invasiver Herzmethoden.
Heute knüpft sein Nachfolger an die ruhmreiche Vergangenheit an. Frank Ruschitzka ist Chef von 105 Ärzten, davon sind 16 Leitende Ärztinnen und 35 Oberärzte. Felix Tanner, stellvertretender Klinikdirektor und Leitender Arzt, verantwortet jedes Jahr 20’000 Ultraschalluntersuchungen des Herzens. Das sind rund 60 pro Tag, an Wochentagen, Sonntagen, Feiertagen – eine enorme Anforderung. «Die Qualität steht für uns trotz der hohen Zahlen im Zentrum», sagt der Ultraschallspezialist. In den fünfziger Jahren war der Ultraschall eindimensional, dann wurde er zweidimensional, und heute ist er dreidimensional. Die künstliche Intelligenz wird die diagnostischen Möglichkeiten nochmals erweitern und die Datenauswertung beschleunigen. Zudem werden die prädiktiven Möglichkeiten nochmals verbessert, wie Felix Tanner sagt; das heisst, man wird aufgrund der rasanten Fortschritte in der kardiovaskulären Bildgebung, aber auch in der Genetik und Immunologie die Patientinnen und Patienten früher behandeln können. «Prävention ist und bleibt die beste Therapie», sagt der Kardiologe.
Das Unispital Zürich entwickelt stets neue Methoden
Zu den Spezialgebieten seiner Kollegin Barbara Stähli gehören komplexe Koronarinterventionen und der kathetergestützte Ersatz der Aortenklappe. Die häufigste Intervention ist die Erweiterung verengter Herzkranzgefässe mittels eines Herzkathetereingriffs, einer Koronarintervention, in welcher verschlossene oder verengte Blutgefässe mittels Ballonerweiterung und Einsetzen eines Stents wieder geöffnet werden. Eine Methode, die 1977 am Universitätsspital Zürich durch Andreas Grüntzig weltweit erstmals durchgeführt wurde.
Um Starallüren geht es in der Zürcher Kardiologie inzwischen nicht mehr; dazu sind die Dinge zu komplex geworden, wichtig ist Teamarbeit. Fünf Kardiologen und Kardiologinnen sieht der Patient, die Patientin im Durchschnitt, bevor es zu einem Eingriff kommt. Zudem sind die meisten Herzpatientinnen und -patienten in ihren Siebzigern und Achtzigern, die meisten haben nicht nur Probleme mit dem Herz, sondern auch andere Krankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck oder Entzündungen. «Da muss man zusammenarbeiten», sagt Frank Ruschitzka.
Teamarbeit, das ist auch in der Klinik Hirslanden das Mass aller Dinge, wobei sie bei der Herzmedizin noch einen Schritt weiter geht und die Kardiologie und die Herzchirurgie gleich zusammenlegt. «Wir sind der Meinung, dass man die beiden Disziplinen heute nicht mehr trennen sollte», sagt der Herzchirurg Jürg Grünenfelder. Er hat die Herzklinik Hirslanden Zürich vor zehn Jahren mit seinem Kollegen von der Kardiologie, Roberto Corti, aus der Taufe gehoben. Mit ihrem Alles-aus-einer-Hand-Approach schafft es das Duo der Klinik Hirslanden mit dem 1987 gegründeten Herzzentrum und der Herzklinik auf Anhieb auf Platz eins in der Herzchirurgie, mit einem Score von 91,23 Prozent. In der Kardiologie reicht es für die Klinik Hirslanden ebenfalls für einen guten zweiten Platz (Score: 91,37 Prozent).
Es gehe um die beste Therapieoption für die Patienten und Patientinnen, und das lasse sich am besten realisieren, wenn man alles unter einem Dach mache. «Vieles, was die Kardiologen heute interventionell machen, ist eine echte Alternative für die operative Behandlung der Herzklappe», sagt der Herzchirurg. «Wegen dieses Team-Approachs haben wir die tiefste Mortalitätsrate aller Herzkliniken», sagt Jürg Grünenfelder.
Die Hirslanden-Gruppe ist allgegenwärtig
Wie sehr die Hirslanden die Schweizer Spitallandschaft inzwischen prägt, zeigt sich in der Herzmedizin ganz besonders. In der Kardiologie sind sechs der 25 bestplatzierten Kliniken Hirslanden-Kliniken, drei sind unter den Top 5. Neben der Klinik Hirslanden schaffen es auch die Klinik Im Park in Zürich (Platz drei) und Beau-Site in Bern (fünf) ganz nach oben, wobei die Scores hier mit 85,73 und 85,03 Prozent doch etwas tiefer liegen. Noch ausgeprägter ist das Bild bei der Herzchirurgie, wo drei der fünf bestplatzierten Kliniken zur Hirslanden-Gruppe gehören.
Statista sagt dazu: «Die Hirslanden-Kliniken weisen sowohl im Bereich der Kardiologie als auch im Bereich der Herzchirurgie sehr gute fachgebietsspezifische Kennzahlen auf. Da die medizinischen Kennzahlen in diesem Jahr höher gewichtet werden, profitieren die Hirslanden-Kliniken von dieser Anpassung. Darüber hinaus können die Kliniken einen guten konstanten Reputationsscore aufweisen.»
Der erste Platz der Privatklinik in der Herzchirurgie ist ein harter Schlag für das USZ. Ob die Turbulenzen in der Herzchirurgie unter Klinikchef Francesco Maisano, eine missglückte Herzoperation, die als Weltpremiere verkauft wurde, sowie mit dem Abgang von Starchirurg Thierry Carrel vor einem Jahr dabei eine Rolle spielen? Das USZ schreibt auf Anfrage, dass sich mit der neuen Klinikleitung unter Omer Dzemali – er ist seit einem Jahr im Amt – «sehr vieles verändert» habe und dass die eigenen Befragungen zur Patientenzufriedenheit und neueste Erhebungen zur Patientenzufriedenheit «den Eindruck eines deutlich positiven Trends» bestätigten. Zudem weist das USZ darauf hin, dass die Klinik im – ebenfalls von Statista — erstellten Ranking der weltbesten Fachkliniken im Bereich der Herzchirurgie von allen Schweizer Kliniken am besten abgeschnitten habe.
Statista weist in diesem Zusammenhang auf die unterschiedliche Methodik der beiden Rankings hin. Das Ranking von «Newsweek» beruhe auf internationalen Datenquellen, aus denen sich eine internationale Reputation einer Klinik ergebe. Beim Ranking der «Handelszeitung» würden neben der nationalen Reputation eines Spitals auch medizinische Kennzahlen und die Patientenzufriedenheit mit in den Score einfliessen. Deshalb liessen sich die Rankings nicht direkt vergleichen.
Von den fünf Schweizer Unikliniken schaffen es nur die Herzchirurgie des Inselspitals und die der Hôpitaux Universitaires de Genève unter die Top 5. Auch das Waadtländer Unispital Chuv schafft es nicht nach ganz oben. Die Herzchirurgie des Chuv wurde bis vor einem Jahr von René Prêtre geleitet, der nach seiner Pensionierung weiter in Lausanne operiert. Der Jurassier ist spezialisiert auf Operationen bei Kindern und eine Kapazität. Das Chuv äusserte sich nicht zu den Fragen der «Handelszeitung».
Kardiologie und Herzchirurgie
Wissen Sie, wie oft unser Herz pro Tag schlägt? 100 000 Mal, macht mehr als drei Milliarden Mal in 80 Jahren und das «ohne Boxenstopp», wie Frank Ruschitzka, Chef der Kardiologie am Zürcher Unispital sagt. «Unser Herz ist unser bester Freund, es arbeitet hart für uns», sagt der Chefarzt. «Tragen SIe Ihrem Herzen deshalb mehr Sorge und lassen Sie sich helfen»,
Klar, dass da eine Menge schiefgehen kann. Und das tut es auch. Mit 20 000 Toten pro Jahr sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen noch immer die häufigste Todesursache in der Schweiz, noch vor Krebs. Frauen sterben häufiger an Herzinfarkten und anderen Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Männer, vor allem weil sie älter werden. Bis zur Menopause sind sie besser geschützt als die Männer, doch nachher sind sie sogar stärker betroffen.
«Bei Frauen zeigt sich der Herzinfarkt häufig anders», sagt Barbara Stähli, Leitende Ärztin am Zürcher Unispital und stellvertretende Klinikdirektorin; bei bei Frauen sehe man nicht nur «typische Ablagerungen in den Herzkranzgefässen, die aufbrechen und zum Verschluss der Gefässe führen können, sondern oft auch Verkrampfungen der Herzkranzgefässe, sogenannte Gefässspasmen, oder eine Stressreaktion des Herzens, das sogenannte Takotsubo-Syndrom».
Die Kardiologie und die Herzchirurgie sind in den vergangenen Jahren dank den neuen, weniger invasiven Methoden näher zusammen gekommen. Der Kardiologe kümmert sich um die medikamentöse Versorgung der Patientinnen und Patienten, zudem setzt er Stents, Herzkatheter und Ballone ein. Die Herzchirurgin kommt heute nur noch zum Zug, wenn der Brustkorb des Patienten geöffnet werden muss, weil mehrere Herzgefässe erkrankt sind, wenn der Patient oder die Patientin an die Herzlungenmaschine angeschlossen werden muss oder das Herz transplantiert werden muss.
Grosse Hoffnungen ruhen derzeit auf neuen Medikamenten wie Wegovy und Ozempic von Novo Nordisk und Mounjaro von Eli Lilly. Es handelt sich um Medikamente, die ursprünglich gegen Diabetes entwickelt wurden und bei denen sich dann herausstellte, dass sie bei übergewichtigen und fettleibigen Patienten zu einer erheblichen Gewichtsreduktion führten. Nun zeigen Studien, dass sie auch das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken.
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