Wie definieren Sie digitale Bildung im Kontext von Fintech und Kryptowährung?

Menschen das Wissen und die Fähigkeiten vermitteln, um neue Finanztechnologien zu verstehen und sicher zu nutzen. Es geht nicht nur um technische Aspekte wie KI, Blockchain, Bitcoin und Krypto, sondern auch um die wirtschaftlichen, rechtlichen und ethischen Implikationen. Ziel ist, Experten und Nutzerinnen zu haben, die die Chancen und Risiken der digitalen Finanzwelt erkennen und fundierte Entscheidungen treffen. Bildung muss kritisch und praxisorientiert sein, um die Komplexität der Fintech- und Kryptobranche abzubilden.

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Welche Rolle spielt digitale Bildung in der aktuellen Banken- und Finanzwelt? 

Sie ist der Schlüssel zur Transformation traditioneller Finanzinstitute. Diese müssen sich an die rasanten technologischen Entwicklungen anpassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Es geht nicht um Digitalisierung, sondern um die Transformation des Geschäftsmodells, und das ist anspruchsvoll. Letztere bestimmt die Zukunft der Finanzinstitute und somit die Arbeitsmarktrelevanz. Wer heute keine Never-Stop-Learning-Mentalität aufweist, wird früher oder später herausgespült. 

Das bedeutet das für Mitarbeitende und Führende? 

Mitarbeitende in Banken und Finanzunternehmen müssen kontinuierlich weitergebildet werden, um neue Technologien effektiv einzusetzen. Sie müssen verstehen, wie sich das Kundenverhalten verändert. Was Banken und Co. nicht unterschätzen dürfen, ist, dass sich die Kundinnen und Kunden dank digitalen Tools besser informieren können und somit in der Lage sind, die Finanzdienstleistungen sicher und effektiv zu nutzen. Schlussendlich ermöglicht Bildung, dass die Finanzwelt nicht nur technologisch fortschreitet, sondern inklusiver und zugänglicher für eine breitere Bevölkerung wird. Ohne eine fundierte Bildung riskieren wir, dass die Kluft zwischen den technologisch Versierten und denjenigen, die abgehängt werden, weiter wächst. 

Und welche digitalen Kompetenzen sind für die Zukunft des Bankensektors am wichtigsten? 

Auf jeden Fall Datenkompetenz: Banken sammeln und verarbeiten enorme Datenmengen. Die Fähigkeit, diese zu analysieren und zu interpretieren, ist entscheidend für personalisierte Dienstleistungen und fundierte Geschäftsentscheidungen. Zweitens: Technologisches Verständnis im Umgang mit aufkommenden Technologien wie Blockchain und künstlicher Intelligenz (KI) ist unverzichtbar. Diese Technologien werden die Arbeitsweise von Banken grundlegend verändern – von der Automatisierung interner Prozesse bis zur Verbesserung des Kundenerlebnisses. Drittens: Agilität und Lernbereitschaft sind entscheidend. Die Finanzbranche wandelt sich schnell, und die Zukunft gehört denen, die sich ständig weiterentwickeln und neue digitale Kompetenzen erlernen.

Welche Fähigkeiten sollten junge, aufstrebende Finanzleute unbedingt mitbringen, um langfristig erfolgreich zu sein in dieser Branche? 

Nicht nur junge Finanzleute, auch «ältere Kaliber» sollten eine Kombination aus technischen, analytischen und sozialen Fähigkeiten mitbringen. Es braucht die Fähigkeit, komplexe Finanzdaten zu interpretieren, um fundierte Entscheidungen zu treffen. Was bedeutet, nicht nur traditionelle Finanzkennzahlen zu verstehen, sondern vor allem, wie man Daten aus verschiedenen Quellen effizient zusammenführt und interpretiert. Dazu ist ein tiefes Verständnis für moderne Technologien wie Blockchain, künstliche Intelligenz und Fintech-Anwendungen entscheidend. Zudem eben Flexibilität und Agilität. Und dann natürlich gute Kommunikations- und Teamfähigkeit wie auch ethisches Urteilsvermögen. 

Können Sie das konkretisieren?

Finanzexperten und -expertinnen müssen nicht nur in der Lage sein, komplexe finanzielle Konzepte zu verstehen. Sie müssen diese klar und präzise an Kundinnen, Kollegen und Vorgesetzte kommunizieren können. Die Fähigkeit, effektiv im Team zu arbeiten, wird ebenfalls immer wichtiger, da viele Finanzprojekte interdisziplinäre Zusammenarbeit erfordern. Und in einer Zeit, in der Finanzinnovationen oft schneller voranschreiten als die Regulierung, ist es entscheidend, dass Finanzexperten ein starkes ethisches Fundament mitbringen. Entscheidungen müssen nicht nur profitabel, sondern auch verantwortungsbewusst und nachhaltig sein. Stichwort Ethik. 

Am Thema Krypto scheiden sich die Geister. Was braucht es an Bildungsmassnahmen, um hier mehr Akzeptanz zu schaffen? 

Bitcoin und Krypto sind polarisierende Themen. Oft herrschen Unsicherheit und Unwissen. Um mehr Akzeptanz zu schaffen, sind gezielte Bildungsmassnahmen entscheidend. Ein Beispiel ist der Certified-Crypto-Finance-Expert-Lehrgang (CCFE), den ich mitentwickelt habe und der seit über vier Jahren läuft. Heute braucht es mehr denn je fundierte Aufklärung, die über technisches Verständnis hinausgeht. Menschen müssen nicht nur verstehen, wie Bitcoin und Blockchain funktionieren, sondern auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Implikationen sowie deren Auswirkungen auf zukünftige Geschäftsmodelle begreifen. Nur dann wird es auch möglich sein, sie im eigenen Sinn und im Sinn der jeweiligen Unternehmen einzusetzen.

Was sind die grössten Herausforderungen, um Wissen rund um Fintech und vor allem Krypto zu vermitteln? 

Ein wichtiger Aspekt ist die Beseitigung von Mythen und Missverständnissen. Krypto wird oft mit Spekulation, Unsicherheit und illegalen Aktivitäten assoziiert. Bildung sollte darauf abzielen, diese Missverständnisse aufzuklären und die tatsächlichen Chancen, wie die Dezentralisierung, finanzielle Inklusion und Innovation, hervorzuheben. Ein weiterer entscheidender Punkt ist die praxisorientierte Bildung. Ziel sollte es sein, eine gut informierte und handlungsfähige Gesellschaft zu schaffen. Denn die Finanzwelt wird immer digitaler, und neue Technologien und neue Anbieter spielen dabei eine zentrale Rolle. Wer diese Entwicklungen nicht versteht, läuft Gefahr, abgehängt zu werden – sei es als Konsument, als Mitarbeiterin in der Finanzbranche oder als Entscheidungsträger. 

Die wichtigsten Schritte sind demnach? 

Erstens: die Komplexität und Dynamik von Krypto und Fintech verstehen. Die Technologie und die regulatorischen Rahmenbedingungen verändern sich schnell, was die Schaffung stabiler Bildungsangebote erschwert. Zweitens: Viele Menschen haben Schwierigkeiten, Konzepte wie Blockchain und Dezentralisierung zu verstehen, hier braucht es Bewusstsein, Akzeptanz und Aufklärung. Drittens: Skepsis und Misstrauen sind weit verbreitet und müssen aktiv reduziert werden. 

Welche Rolle spielt die Politik? 

Die Politik spielt eine entscheidende Rolle bei der Förderung von Wissen und Akzeptanz rund um Fintech und Kryptowährungen. Sie muss klare, transparente Regulierungsrahmen schaffen, die Innovationen in einem rechtssicheren, technologieneutralen Umfeld ermöglichen. Ein stabiler regulatorischer Rahmen schafft Vertrauen bei Unternehmen und Kundschaft. 

Gibt es weitere Aspekte? 

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Förderung von Forschung und Entwicklung. Durch Förderprogramme kann die Politik Innovationen im Fintech- und Kryptobereich vorantreiben. Dies schliesst nicht nur die technische Forschung ein, sondern auch die Untersuchung der sozialen, rechtlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Technologien. Es ist Aufgabe der Politik, Dialoge und Partnerschaften zwischen der Privatwirtschaft, dem Bildungssektor und der Zivilgesellschaft zu unterstützen. Durch solche Kooperationen können Best Practices ausgetauscht und gemeinsam Lösungen für die Herausforderungen entwickelt werden, die mit der digitalen Transformation der Finanzwelt einhergehen. 

Sie lehren im Bereich Fintech und Bitcoin. Wie erleben Sie die Studierenden, was sind ihre wichtigsten Fragen und welche Ansprüche haben sie an die Ausbildung?

Insgesamt erlebe ich die Studierenden sowohl an der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ) als auch im CCFE-Lehrgang als engagiert und zukunftsorientiert. Sie haben einen klaren Anspruch an eine Weiterbildung, die sie nicht nur theoretisch fit macht, sondern sie in die Lage versetzt, aktiv die Zukunft der Finanzwelt mitzugestalten. Sie erwarten eine praxisorientierte und anwendungsnahe Lehre, die über theoretische Grundlagen hinausgeht und ihnen konkrete Fähigkeiten vermittelt, die sie direkt in der Arbeitswelt einsetzen können. 

Warum sollte sich jeder und jede mit den Themen Fintech und Krypto auseinandersetzen? 

Es war noch nie so spannend, in der Finanzbranche zu arbeiten, wenn man diese Entwicklungen aktiv angeht und mitgestalten möchte. Ich sage immer: Willst du verwalten oder gestalten? Für mich ist klar, ich bin nicht auf die Welt gekommen, um zu veralten. Ich will gestalten und Spass im Leben haben. Die aktuellen Veränderungen revolutionieren nicht nur, wie wir Geld speichern, transferieren und investieren, sondern sie verändern die Art und Weise, wie Finanzdienstleistungen insgesamt funktionieren. Wer sich mit diesen Themen beschäftigt, kann nicht nur besser verstehen, wie das moderne Finanzsystem funktioniert, sondern auch aktiv daran teilhaben.

 

 

 

Zur Person

Rino Borini ist ein Schweizer Fintech-Experte, Autor und Dozent. Er ist Mitgründer von Scarossa und House of Satoshi, die auf digitale Finanz- und Kryptodienstleistungen spezialisiert sind. Zudem arbeitet er als Studiengangsleiter an der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ).