Startups wie Aipha, Linia und Winji sind nur eine kleine Auswahl der gegen 250 schweizerischen Jungfirmen im Bereich innovativer Technologien, welche die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) und Swisspower Innovation auf ihrer Startup-Map vereinen. Mit Fairtiq, der ÖV-App, ist auch eine bekannte Adresse in der Kategorie Transportdienstleister vertreten.
Dutzende weiterer Firmen aus den Bereichen Energiemanagement, Energieversorgung und effizientere Energienutzung sind in den letzten Jahren neu hinzugekommen. In den vergangenen zwei Jahren gab es in der Schweiz vor allem in den Bereichen Gebäudetechnologien und Energieproduktion zahlreiche Neugründungen.
Gemischtes Bild bei Finanzierungen
Im Vergleich zum Vorjahr blieb die Finanzierung dieser Startups auf globaler Ebene laut den Analystinnen und Analysten von CB Insights konstant. Allerdings gab es auch in diesem Technologiebereich Ende 2021 einen Allzeithöchststand bei den Finanzierungen. Und es zeigen sich bedeutende Umschichtungen: Einfache Energie-Tech-Themen sind derzeit bei den Risikokapitalgebern nicht mehr gefragt. Umgekehrt flossen insgesamt 11 Prozent mehr Investorengelder in Startups aus dem Öl- und Gasbereich wie etwa in das Unternehmen Crusoe aus Denver im US-Bundesstaat Colorado. Diese Firma entwickelt Verfahren, mit denen sich das routinemässige Abfackeln von Gas umweltfreundlicher vornehmen lässt. Allerdings ist auch hier das Bild gemischt: Den Rekordfinanzierungen bei den grösseren Startups steht ein Rückgang um 24 Prozent bei den Jungfirmen mit ersten Finanzierungsrunden gegenüber.
Gleich um 82 Prozent fiel das Volumen bei jenen Firmen, die sich mit Energiespeicherung beschäftigen. Dazu gehören auch Batterietechnologien. Hier investieren die grossen Autohersteller zunehmend mehr Gelder direkt in die Forschung – und überlassen Startups das Experimentieren.
Neben den chemischen Speicherformen für Strom gibt es oft übersehene weitere: Die Schweiz verfügt mit ihren Pumpspeicherseen über die grössten physikalischen Speicher weltweit. Denn nur solche grossen Anlagen können heute nennenswerte Strommengen über mehr als nur einige Minuten speichern. Alternativen wie riesige Akkuspeicher, wie sie laut Bloomberg NEF in Kalifornien von Netzbetreibern installiert worden sind, sind teuer und müssen sorgfältig in das ergänzende Netz der Stromproduzenten und Konsumierenden eingefügt werden.
Weil Strom oft auch für Heizzwecke genutzt wird und es bei den Umwandlungen zu einigen Verlusten kommt, lässt sich auch Hitze in geeigneten Materialien direkt speichern. Die Jungfirma Cowa aus Root LU zum Beispiel arbeitet an Speichern auf Salzbasis. Das schweizerische Startup Green-Y experimentiert mit komprimierter Luft als Speichermedium. Und das kalifornische Unternehme Antora Energy erhitzt Kohleblöcke, ohne dass diese verbrennen. Sowohl Wärme als auch das abgestrahlte Licht lässt sich hier als Energiequelle nutzen.
Förderländer sind weit weg
Energie-Startups schlagen sich mit dem gleichen Problem herum wie ihre älteren konventionellen Wettbewerber: Lieferprobleme und beschränkte Zugänge zu den für neue Technologien erforderlichen Rohstoffen. Viele grosse gelistete Windturbinenhersteller berichteten im August in ihren Halbjahresergebnismeldungen über gestiegene Kobalt-, Kup-fer- und Nickelpreise sowie über deutlich gestiegene Transportkosten. Die Rohstoffe der nachhaltigen Wirtschaft werden – aus europäischer Sicht – meistens in fernen Ländern gefördert, und nicht alle sind politisch stabil.
Während beim Rohöl und Erdgas die Länder am Persischen Golf, die USA sowie Russland die grössten Produzenten waren und sind, verschiebt sich das bei den Metallen, die für Stromgeneratoren und Verteilungsanlagen benötigt werden: Bei Kobalt beispielsweise ist Kongo laut den Statistiken des United States Geological Survey der mit Abstand grösste Produzent. Bei Lithium, für die Elektrofahrzeugakkus unverzichtbar, stellt Australien die Hälfte der Produktion. Bei Aluminium fördert China mehr als die Hälfte und bei Kupfer beziehungsweise Nickel kommen die grössten Förderländer Chile beziehungsweise Indonesien auf einen Viertel bis zu einem Drittel der Weltproduktion. Grosse Unternehmen wie Tesla kaufen ihren Bedarf deshalb vorzugsweise direkt bei den Förderländern – für Startups ist das kein praktikabler, weil viel zu kapitalintensiver Weg.
Entspannung ist nicht in Sicht, denn die Anteile der Metalle in den Erzen fallen laufend. In der chilenischen Förderung ist der Kupferanteil seit 2000 von einem Drittel auf unter 1 Prozent gefallen. Damit steigt der Energiebedarf für die Förderung und die ersten Verarbeitungsschritte massiv – was dann auch die Fertigprodukte verteuert. Immerhin drängen auch hier die ersten Startups: Impossible Mining beispielsweise, eine Jungfirma aus den USA, will mit künstlicher Intelligenz bereits erhobene Satellitendaten im Hinblick auf bisher übersehene Förderstätten analysieren; in der Fachsprache wird das als Daten-Mining bezeichnet.
Die sprachliche Bezeichnung ist mehr als nur zufällig – denn sowohl in den Daten als auch im Untergrund ist viel Material dabei, das nicht verarbeitet werden kann.