Die Zahlen sind erschreckend. Es geht um Bluthochdruck. In der Schweiz und weltweit leiden rund 25 Prozent aller Erwachsenen unter Bluthochdruck («arterielle Hypertonie», ab 140/90 mmHg) – Tendenz steigend: Bis 2025 sollen es knapp 30 Prozent sein. Auf Dauer schädigt Bluthochdruck die Gefässe und trägt so zur Entstehung von Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall bei. Hypertonie ist zudem der wichtigste Hirnschlagrisikofaktor. Das Gemeine: Hohen Blutdruck spürt man nicht; deshalb wird Bluthochdruck auch als «stiller Killer» bezeichnet.

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Messungen ohne Aufheben

Und es geht weiter: 50 Prozent der Betroffenen sind sich nicht einmal bewusst, dass sie an Bluthochdruck leiden, und 50 Prozent der Menschen mit einer Diagnose haben ihren Blutdruck nicht unter Kontrolle. Ein Grund dafür könnte sein, dass das Messen, sofern man nicht extra zur Ärztin oder zum Arzt geht, ein eher mühsames Unterfangen ist. Oft fehlt die nötige Ruhe, die Manschette sitzt nicht richtig oder sie bereitet sogar Schmerzen. Der Gang zum Arzt oder auch die Messung zu Hause liefert je nachdem auch keine verlässlichen Werte – wegen des Weisskitteleffekts: Man ist nervös, und das lässt den Blutdruck steigen. In einigen Fällen sinkt er, was nicht weniger hinderlich ist für eine richtige Diagnose und Therapie.

Was also liegt näher als eine kontinuierliche Messung des Blutdrucks, ohne dass man es merkt? Ein Spin-off des CSEM in Neuenburg – das Non-Profit-Technologie-Innovationszentrum –, die Firma Aktiia, hat vor zwei Jahren nach fast 15 Jahren Forschung ein Gerät auf den Markt gebracht, das diese Anforderungen erfüllt. Mittels zweier grüner Leuchtkörper misst der Sensor den Blutdruck auf optische Weise, und das bei jeder Körperhaltung. Die Genauigkeit der Messung – eine ruhige Körperhaltung ist dafür Voraussetzung – liegt knapp unter derjenigen mit der klassischen Manschette. In Zahlen: Die Aktiia-Genauigkeit beim systolischen Blutdruck beträgt 0,45 ± 7,75 mmHg, beim diastolischen Blutdruck 0,38 ± 6,86 mmHg.

Am Anfang sowie alle vier Wochen muss man mit der mitgelieferten Manschette eine justierende Kontrollmessung durchführen. Dafür messen die Sensoren im Idealfall jede Stunde die Werte und berechnen aus je zwei Messungen einen Mittelwert. Macht zwölf Messdaten pro Tag. Die Informationen werden an die App auf dem Smartphone gesendet, wo sie eingesehen werden können. Eine Statistik lässt sich ebenfalls erstellen, womit man beim Besuch in der Praxis genügend Werte vorlegen kann.

 

Klinisch getestet

Aktiia hat die Zulassung für 43 Länder; es gibt zahlreiche klinische Studien, darunter die des Universitätsspitals Waadt (CHUV). Der deutsche TüV Süd hat für die CE-Zulassung gesorgt. Vertrieben wird das smarte Armband ausser in der Schweiz bereits in Grossbritannien und Irland, Deutschland, Österreich, Frankreich und Italien. Und die Liste wird in Zukunft noch länger werden. Gut 50 000 Stück hat das Unternehmen bereits verkauft, und dank der anonymisierten Rückmeldungen der Messungen kann der Algorithmus heute schon aus über 120 Millionen Messungen lernen.

Das ist auch der grosse Vorteil gegenüber der Konkurrenz – beispielsweise von Samsung: Die Genauigkeit ist dank des Lernens viel besser. Ausserdem ist Aktiia deutlich anwenderfreundlicher.

Blutdruck messen, nicht erhöhen

Auf einige Funktionen wurde bewusst verzichtet. So gibt es keine Warnsignale bei erhöhten Werten und auch kein Display, bei dem man versucht wäre, ständig darauf zu schauen. Denn am Ende geht es darum, verlässliche Langzeitwerte zu vermitteln und nicht darum, Alarmismus zu verbreiten, der den Blutdruck eher latent erhöhen würde. Man erhält die geräuschlose Kontrolle über den «stillen Killer».

Aktiia mit seinen unterdessen fünfzig Mitarbeitenden ist nicht am Ende der Weiterentwicklung. Dank weiteren Messdaten und dem Feedback der Benutzerinnen und Benutzer sind weitere Innovationen möglich. In Kürze wird es übrigens neben dem schwarzen Armband auch solche in Blau, Hellgrau und Hellrosa geben.