Noch sind keine normalen Zeiten angebrochen, doch die Verzögerungen und Ausfälle entlang der Wertschöpfungskette haben zum Teil deutlich abgenommen. Aber noch immer stapeln sich Tausende von Containern in den wichtigsten Häfen der Welt. Sollen in Zukunft chaotische Zustände entlang der Supply-Chain vermieden werden, ist es extrem wichtig, die Wechselwirkungen zwischen optimiertem Lagerbestand, Lieferfähigkeit und Kapazitätsauslastung aufeinander abzustimmen.
Die Einflussfaktoren auf die Lieferketten sind aber immer noch sehr vielfältig. Diese können sein: Naturkatastrophen, Ausfälle bei Lieferanten, Nachfrageschwankungen durch kriegerische Auseinandersetzungen (Ukraine), Bodenschätze, die zu Weiterverarbeitung fehlen, und nicht zuletzt die fehlenden Containerkapazitäten. In Verbindung mit der Containerknappheit entstand in den letzten Jahren ein Missverhältnis zwischen dem Standort und der Menge der für die Verschiffung notwendigen Container. Dies hat denn auch zu deutlich höheren Logistikkosten geführt. Langfristig muss daran gedacht werden, ein globales Liefersystem zu entwickeln, das weniger störungsanfällig ist. Das bedingt aber auch, dass die Infrastruktur in den Häfen sowie auf den Strassen und der Schiene verbessert und leistungsfähiger gemacht werden muss.
Das Problem des «Bullwhip-Effekts»
Die Verwerfungen in den weltweiten Lieferketten führten dazu, dass eine langfristige Planung in der Produktion nicht mehr wie früher möglich ist. Auch nur kleine und plötzliche Veränderungen in der Verbrauchernachfrage können zu erheblichen Nachfrageschwankungen in vorgelagerten Bereichen der Lieferkette führen. Durch eine mangelnde Informationstransparenz und lange Vorlaufzeiten werden diese Nachfrageschwankungen noch verschärft. Man bezeichnet dies als sogenannten Bullwhip-Effekt. Werden Bestände nicht rechtzeitig angepasst, kann dies zu Out-of-Stock-Situationen führen. Verändern sich dynamische Märkte, kann das eine Vielzahl verschiedenster Auswirkungen und Anpassungsprobleme nach sich ziehen.
Das Nachfrageverhalten kann aber auch durch gesellschaftliche oder demografische Veränderungen beeinflusst werden. Ein allgemeiner Wertewandel kann zum Beispiel Veränderungen des Kaufverhaltens bewirken. Eine zunehmende Marktsättigung beziehungsweise Stagnation oder sogar Marktschrumpfung stellt die Unternehmen auf vielen Märkten vor Wachstums- und Überlebensprobleme. Aber auch immer kürzere Produktzyklen können zu einem Engpass in der Fertigung oder bei der Auslieferung führen, insbesondere dann, wenn die Nachfrage nach Produkten deutlich ansteigt oder wenn das Produkt schon bei der Markteinführung als Renner gilt. Oft muss dann die Produktion rasch umgestellt werden. Wünscht ein Kunde beispielsweise einen früheren Liefertermin, kann dies rasch Problemen in der Produktion zur Folge haben.
Eine langfristig Planung in der Produktion ist so wie früher nicht mehr möglich.
In vielen Fällen müssen diese Schwankungen durch Pufferlager für Halbzeuge und Fertigartikel ausgeglichen werden. (siehe Editorial zu diesem Special). Das ganze System aus Logistik und Intralogistik muss leistungsfähig genug sein, um die Kundennachfrage beziehungsweise die Schwankungen bewältigen zu können. Die Durchlaufzeiten für Aufträge haben dementsprechend kurz zu sein. Das ganze Lager muss effizient gestaltet und optimiert sein. Dazu gehören eine passende Lagerorganisation, ein optimales Regalsystem, kurze Transportwege, geeignete flurfreie und flurgebundene Transportmittel und ein leistungsfähiges Lagerverwaltungssystem. Doch wie kann ein eventuell auftretender Engpass vorausgesehen beziehungsweise vermieden werden?
Potenzial in der Datennutzung
Eine Lösung könnte darin bestehen, dass die vorhandenen Daten noch zielführender eingesetzt werden. Damit könnten komplexe Modelle beziehungsweise Szenarien erarbeitet werden, mit denen sich erfassen lässt, welche Auswirkungen betriebliche Entscheidungen auf das gesamte Unternehmensgefüge inklusive der Lieferketten haben können. Dabei werden die einzelnen Faktoren entlang der Wertschöpfungskette analysiert, um mittels der Prozessoptimierung die einzelnen Abläufe verbessern zu können. Ziele dieser Optimierung können neben einem gut funktionierenden Ablauf auch Steigerung der Qualität, aber auch Kosteneinsparungen sein.