Praktisch jedes Unternehmen engagiert sich für die Gesundheit am Arbeitsplatz. Doch in vielen Betrieben ist dieses Thema mit einem wöchentlichen «ApfelTag» bereits abgehakt. Nur: Unter einem betrieblichen Gesundheitssystem verstehen die Experten natürlich bedeutend mehr. Aus der Sicht von Thomas Mattig, Direktor der Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz (siehe Interview oben), können die Unternehmen ihre Arbeitnehmenden mit zahlreichen Angeboten zwar unterstützen, ein gesundes Leben zu führen, «eine weit grössere Wirkung erzielen diese Betriebe jedoch, wenn sie nicht nur Einzelmassnahmen ergreifen, sondern Strukturen zur Förderung der Gesundheit einführen». Erhebungen zeigen, dass wegen der Flexibilisierung von Arbeitsort und -zeit mehr Massnahmen für die betriebliche Gesundheitsförderung ergriffen werden. Allerdings besteht vor allem bei kleinen und mittleren Firmen noch grosser Handlungsbedarf im Bereich eines systematischen betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM). Oft bleibt es bei punktuellen Anstrengungen, die keine nachhaltige Verbesserung bringen.

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Eine gute Kommunikation

Der Kommunikation kommt eine wichtige Rolle zu. Für Heinz Schurter, Leiter Health and Care Expertise bei der Swisscom, ist die Verankerung des BGM im Sinne einer Ambassadoren-Community entscheidend. Diese Botschafter aller Geschäftsbereiche sorgen für eine Sensibilisierung der Themen und der Angebote. «Das ist ein wichtiger Hebel und hilft uns, das betriebliche Gesundheitsmanagement noch besser zu den Mitarbeitenden zu bringen.»

Die Sensibilisierung steht ganz am Anfang, wenn es um die Erfolgsfaktoren für das BGM geht. Zur Standortbestimmung gehören danach eine Mitarbeiterbefragung sowie die Analyse der Absenzdaten und Unfallstatistiken. Das Konzept beinhaltet die Ziele, den Zeitplan und die Ressourcen. Die Umsetzung umfasst Verhaltensmassnahmen für die einzelnen Mitarbeitenden, ebenso wie verhältnisorientierte Massnahmen im Betrieb. Bei der abschliessenden Überprüfung der durchgeführten Schritte zeigt sich, ob die Ziele erreicht wurden oder Korrekturen notwendig sind. Mirjana Tschudi, BGM-Expertin der Fernfachhochschule Schweiz, sieht anhand ihrer Studien vor allem einen Fehltritt: «Am häufigsten wird kein Konzept erstellt.» Die Folge davon seien zusammenhangslose Massnahmen. Für die Verantwortlichen liegt der Vorteil dieser Gesundheitsprogramme darin, dass sie relativ schnell umsetzbar sind und sich rasch erste Erfolge messen lassen. «Um die Gesundheit der Mitarbeitenden zu schützen und krankheitsbedingte Ausfälle zu vermeiden, ist es wichtig, Bewegung in den Berufsalltag zu integrieren», sagt Martin Romang, Spezialist Corporte Care bei der Group Mutuel. Der Krankenversicherer bietet verschiedene Tools an, darunter auch einen Laufbandschreibtisch, um die Risiken des langen Sitzens zu mindern.

Auch das Thema Stress bleibt im BGM ein Hotspot. Gemäss Studien der Suva spielt arbeitsbedingter Stress bei knapp 20Prozent der Unfälle eine zentrale Rolle. «Beruflich bedingter Stress erhöht nicht nur das Risiko eines Berufsunfalls, sondern auch das eines Freizeitunfalls», folgert Urs Näpflin, Leiter Fachgruppe Beratung bei der Suva. Statistiken zeigen: Personen, die sich in der Arbeit stark konzentrieren müssen, haben ein anderthalbfaches Unfallrisiko in der Freizeit. Von Experten wird immer wieder darauf hingewiesen, dass die verhältnisorientierten Massnahmen innerhalb des betrieblichen Gesundheitsmanagements weniger verbreitet sind. Bei diesen Aktivitäten auf Unternehmensebene geht es um die Neuausrichtung von Arbeitsprozessen und die Arbeitsgestaltung nach gesundheitsfördernden Aspekten. Dabei hilft ein systematisches Vorgehen mit erkennbarem rotem Faden, sich nicht in Einzelaktivitäten zu verzetteln. Wichtig sind Massnahmen, die eine grosse Wirkung zeigen. Als Ausgangslage dienen dabei die Feedbacks von Mitarbeitenden und detaillierte Analysen von krankheitsund unfallbedingten Absenzen.