Viele Idee in den Unternehmen schaffen es nicht ins reale Business. Das muss nicht sein. Bei der SFS Group hat man die «Innovationsgarage» von SAP genutzt, um in nur fünf Tagen einen Prototypen zu entwickeln und damit in ein neues Geschäftsfeld vorzustossen.
Der intensive, nicht zuletzt globale Wettbewerb verlangt allen Unternehmen erhebliche Anstrengungen ab, um gerade in Zeiten geringen Wirtschaftswachstums Marktanteile zu halten oder auszubauen. Ein zentrales Element, um nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum in diesem Umfeld zu ermöglichen, ist für die meisten Branchen die Förderung von Innovationen. Im besten Fall gelingt es damit, neue Geschäftsfelder zu erschliessen.
Wie das gelingen kann, haben die Spezialisten für mechanische Befestigungssysteme und Präzisionskomponenten der Rheintaler SFS Group vorgemacht. Der weltweit in 26 Ländern an mehr als hundert Vertriebs- und Produktionsstandorten präsente Konzern mit rund zehntausend Mitarbeitenden und zuletzt über 1,78 Milliarden Franken Umsatz hat in einem seiner drei Geschäftssegmente in nur fünf Tagen einen Prototypen im Bereich mechanische Befestigungssysteme entwickelt.
Der Fokus der Division Construction, Teil des Segments Fastening Systems, liegt auf Befestigungslösungen für die Gebäudehülle. Mit der Weiterentwicklung soll es gelingen, das Business mit mechanischen Befestigungssystemen mittels IoT-Technik (Internet der Dinge) auszubauen, erklärt Reto Buchli, der als Head of Corporate IT einem rund hundertköpfigen Team vorsteht.
Konkret habe die Frage im Raum gestanden, was man in einer bestimmten Anwendung mit der Hardware und Sensorik machen könne, die von einer Tochtergesellschaft zusammen mit einer Universität entwickelt worden war. «Die Grundidee hatten wir; mögliche Business-Cases bestanden ebenfalls», sagt Buchli. Unklar war jedoch, wie die Umsetzung mit den via IoT gewonnenen Daten erfolgen sollte.
Buchli entschied, für die hier schlummernden Anwendungen mit einem interdisziplinären Team in die «Mode 2 Garage» von SAP Schweiz zu ziehen, um gleichsam im Startup-Modus schnell zu Resultaten zu kommen. Es gebe sicher noch andere «Innovationsgaragen», hält der IT-Chef der SFS fest. Doch im eigenen Hause arbeite man schon länger nicht nur in Sachen ERP und E-Commerce mit den Werkzeugen des Walldorfer Software-Komplettanbieters, nutze etwa auch dessen Datawarehouse und plane den Umstieg auf die Cloud-Lösung S/4Hana. «Wir konnten also auf unserem Erfahrungsschatz aufbauen und ihn mit den Spezialisten von SAP erweitern, was sich als sehr vorteilhaft erwies.»
Nötig sei allerdings gewesen, intern die Vorstellung zu überwinden, dass SAP vor allem ERP-Anbieter sei. Ihm sei wichtig gewesen, führt Buchli aus, das Business mit im Boot zu haben, um die Neuentwicklung direkt mitzuerleben. Denn ähnliche Ideen habe es aus der IT heraus schon länger gegeben, doch seien sie lange nicht im Business angekommen.
Diesmal war es anders, führt er aus. Man habe temporär die Kooperation eines achtköpfigen SFS-Teams aus Entwicklern und Business-Analysten inklusive der Wissenschaftler der Universität dazu gebracht, gemeinsam in die IoT-Welt von SAP einzutauchen. Da Hardware und Sensorik rudimentär schon vorlagen, ging es insbesondere darum, sich klar darüber zu werden, wie über die IoT-Technologie von SAP die künftig neu verfügbaren Daten in der Anwendung produktiv gemacht werden können.
Die sich anbietenden Potenziale waren vielfältig. Dass man die Daten aus der im Produkt verpackten Sensorik beispielsweise für Wartungsarbeiten dem Kunden verfügbar machen kann, lag durchaus auf der Hand. Offen war allerdings, ob und wie die Sensoren industriefähig gemacht werden können und ob sich tatsächlich ein Case ableiten lässt.
Um das herauszufinden, sei es ideal gewesen, in der Innovationsgarage die Produktentwicklung mit den vorhandenen Technologien an einem realen Case durchzuspielen und dazu gleich noch alle Beteiligten eingebunden zu haben, so Buchli weiter.
Während die IT-ler wieder einmal hautnah mit dem Kundenfokus der Business-Kollegen konfrontiert wurden, lernten sie kennen, dass SAP sich keineswegs nur aufs ERP beschränken lässt und welche Potenziale in der SAP-Plattform schlummern.
«Es ist erstaunlich, was man in der Kürze der Zeit gemeinsam mit den richtigen Leuten erreichen kann.»
Reto Buchli Head of Corporate IT, SFS Stadler
Das Vorgehen der Profis von der «Mode 2 Garage» beschreibt Buchli als äusserst praxisnah und effizient. Man sei von beiden Seiten gut vorbereitet in die Arbeit eingestiegen. So seien bereits am ersten Nachmittag die Sensoren des Produkts an die IoT-Plattform angebunden worden und erste Mockups von Applikationen auf dem Bildschirm abgebildet worden. Methodisch habe man dazu auf Agilität gesetzt, das sogenannte Design Thinking, um rasch Zielgruppen für die Anwendungen definieren zu können.
Man habe herausfinden wollen, erklärt Buchli, welche Services sich für Kunden eignen und mit welchen man die Wiederverkäufe adressieren kann. Während das Business die Möglichkeiten der IoT-Plattform eruierte, haben die SFS-Entwickler erste User Interfaces aufgegleist, Schnittstellen- und Architekturfragen geklärt.
So sei es gelungen, in den wenigen Tagen eine Lösung für eine Kundenzielgruppe im Prototypenstatus fertigzustellen. Konkret nehmen die Sensoren im Produkt ungewohnte Bewegungen und andere Anomalien auf und geben sie dem Kunden weiter. Das ermöglicht nicht nur eine gezielte Kontrolle, sondern hilft durch das integrierte Machine Learning auch, die Wartung wie den Unterhalt vorausschauend planen und ausführen zu können, wie Buchli erklärt.
Sich auf die Innovationsgarage eingelassen zu haben, sieht er als doppelten Erfolg. Nicht nur könne der Prototyp nun marktreif gemacht werden, sondern SAP habe dem Business auch beweisen können, dass sie neue Technologien beherrschen. Und alle Beteiligten hätten erfahren, so Buchli weiter, dass Agilität nicht nur ein Buzzword ist: «Es ist erstaunlich, was man in der Kürze der Zeit gemeinsam mit den richtigen Leuten erreichen kann.»
SFS ist ein weltweit führendes Unternehmen für mechanische Befestigungssysteme und Präzisionsformteile. Basierend auf den Kerntechnologien, beliefert die SFS Group unter anderem die Automobil-, Bau-, Beschläge-, Elektro-, Elektronik- und Luftfahrtindustrie sowie die Medizinaltechnik. Neben der Entwicklung und Herstellung von Produkten unter den Marken SFS intec, Gesipa und Unisteel umfasst SFS auch Handels- und Logistikaktivitäten unter der Marke SFS unimarket. Die SFS Group hat ihren Hauptsitz in Heerbrugg. Weltweit beschäftigt die SFS Group über 8000 Mitarbeitende in über 70 Vertriebs- und Produktionsstandorten in Europa, Nordamerika und Asien.