Das Metaverse hat in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit erregt und wird oft als «Internet der Zukunft» bezeichnet. Es ist eine immersive, also eine umfassende virtuelle Welt, in der Menschen miteinander interagieren und digitale Erfahrungen in Echtzeit teilen. Unternehmen etwa können im Metaverse Markenerlebnisse wie interaktive 3D-Welten, virtuelle Messen oder spezielle Veranstaltungen schaffen, bei denen die Kundinnen und Kunden Produkte und Dienstleistungen in einer einzigartigen Umgebung erleben.
Die Autoren
Antonio Russo, Partner und Leiter Innovation,
Martin Gertsch, Director Business Operations, beide Deloitte Schweiz, Zürich.
Dazu ein konkretes Beispiel des Luxusuhrenherstellers H. Moser & Cie.: Statt einer normalen E-Commerce-Website hat H. Moser & Cie. zusammen mit Deloitte einen virtuellen Showroom im Metaversum eingerichtet, in dem Kundinnen und Kunden die Uhren der Marke in einer hochgradig interaktiven und ansprechenden Umgebung erkunden können. Dies ermöglicht es Moser, exklusive Veranstaltungen mit seinen VIP-Kunden durchzuführen und Fokusgruppen zu bilden – und zwar völlig unabhängig von geografischen Grenzen. Auch können die zum Verkauf stehenden Produkte so präsentiert werden, als wären sie in der physischen Welt tatsächlich greifbar. Virtuelle Umgebungen schaffen es, neue Formen der Interaktion zwischen Kundschaft und Marke zu fördern. Durch die Kreation fesselnder, interaktiver Erlebnisse können Unternehmen zudem ihre Markenbekanntheit stärken, die Kundentreue fördern und letztlich den Umsatz steigern.
Vom Metaverse profitieren Unternehmen aber nicht nur in Bezug auf ihre Kundinnen und Kunden, sondern auch aus interner Sicht. Mit der Arbeit ausserhalb der vier Unternehmenswände braucht es alternative Lösungen, die eine effektive Kommunikation über mehrere Standorte und Kanäle hinweg ermöglichen.
Meetings im virtuellen Raum
Das Metaverse bietet Unternehmen genau diese Art von Lösung, da eine immersive und interaktive Umgebung eine effektivere Teamarbeit im hybriden Raum ermöglicht. So können Firmen virtuelle Umgebungen nutzen, um Meetings, Präsentationen und Schulungen aus der Ferne abzuhalten, die fesselnder und effektiver sein können als herkömmliche Videokonferenzen. Es hat sich bereits gezeigt, dass virtuelle immersive Schulungen eine viel höhere Erfolgsrate bei Lernergebnissen aufweisen als herkömmliche videobasierte Lösungen, weil die virtuelle Interaktivität die Mitarbeitenden viel besser einzubinden vermag.
Dank seiner Vorteile hat das Metaverse das Potenzial, die Arbeitsweise von Unternehmen in allen Branchen bedeutend zu verändern. Mit der Teilnahme am Metaverse werden sie effizienter, nachhaltiger und letztlich wettbewerbsfähiger.
Immersive Technologien ermöglichen es, Fertigungsprozesse virtuell zu simulieren, neue Produkte und Dienstleistungen zu testen und sogar virtuelle Marktforschung zu betreiben. Und das alles bei gleichzeitiger Senkung der Betriebskosten und des CO₂-Fussabdrucks.
Technologisch komplex und teuer
Trotz der vielversprechenden Möglichkeiten des Metaverse müssen sich Unternehmen aber bewusst sein, dass es auch Herausforderungen mit sich bringt. Nahtlose und immersive Erfahrungen erfordern komplexe Technologien. Unternehmen müssen diese Technologien beherrschen und in ihre bestehenden Infrastrukturen integrieren können. Dies kann mit erheblichen Investitionen und technischen Herausforderungen verbunden sein, was kleinere Firmen mit begrenzten Ressourcen wohl vor Schwierigkeiten stellt. Zudem eröffnet das Metaverse neue Herausforderungen in Bezug auf Datenschutz und Sicherheit: Unternehmen müssen sicherstellen, dass persönliche Daten geschützt und virtuelle Umgebungen vor Cyberangriffen oder Betrug gesichert sind.
Gut positionierte Unternehmen
Das Metaverse wird voraussichtlich von verschiedenen Plattformen und Technologieanbietern unterstützt. Unternehmen, die im Metaverse tätig sind, können von den Entscheidungen und Richtlinien dieser Plattformen abhängig sein. Dies kann zu Abhängigkeiten und Unsicherheiten führen, insbesondere wenn Plattformen ihre Bedingungen ändern oder den Zugang einschränken. Zwar besteht die Vision, dass beim Metaverse die Navigation über grosse Plattformen der Vergangenheit angehören soll, doch im Moment sind es ausschliesslich die Betreiber von bestehenden grossen Plattformen, welche massiv in die neue Technologie investieren.
Die Schweiz als Standort verfügt bereits heute über ein florierendes Technologie- und Innovations-Ökosystem mit den weltweit fortschrittlichsten regulatorischen Rahmenbedingungen. Dadurch sind hiesige Unternehmen grundsätzlich gut positioniert, um eine neue Ära der Kreativität und der Multikanal-Interaktionen zwischen Marken und Kundschaft zu nutzen, die das Metaverse bei kluger Anwendung potenziell freisetzen könnte. Doch auch mit einem klaren Verständnis der wichtigsten Möglichkeiten des Metaverse und einer gut formulierten Strategie, die detailliert darlegt, wie diese neue Technologie zur Erreichung bestimmter Unternehmensziele eingesetzt werden kann, besteht aktuell ein wesentliches Hindernis für die Entwicklung und Einführung von konkreten Anwendungen: Es sind dafür neu zusammengesetzte Kompetenzen erforderlich, über die derzeit weltweit nur wenige Unternehmen verfügen. Für Schweizer Unternehmen wird es entscheidend sein, das richtige Ökosystem von Partnerinnen und Partnern zu finden und zu nutzen – sowohl intern als auch extern.
Schaffen es hiesige Unternehmen, alle diese Aspekte zu kombinieren, das nötige Fachwissen rechtzeitig aufzubauen und die neuen technologischen Aspekte in den Alltag – innerhalb der Unternehmung und nach aussen gegenüber der Kundschaft – zu implementieren, können sie einen klaren Vorsprung gegenüber der Konkurrenz erlangen. Wer als Unternehmen das zweifellos grosse Potenzial des «Internets der Zukunft» nicht verpassen möchte, sollte die Weichen dafür jetzt stellen.