Ein digitaler Zwilling ist eine virtuelle Kopie oder eine Simulation der realen Welt, von physischen Objekten bis hin zu Prozessen oder Dienstleistungen. Nahezu alles kann als Zwilling abgebildet werden, von der gesamten Lieferkette eines Unternehmens bis hin zu einer einzelnen Komponente. Digitale Zwillinge helfen bei der fehlerfreien Einrichtung von Geräten, bei der Optimierung von Prozessen oder auch beim Aufspüren möglicher Probleme.
Der Einsatz von digitalen Zwillingen kann auch einen grossen Einfluss auf Nachhaltigkeitsziele haben. Sie helfen, die Auswirkungen vergangener Entscheidungen zu verstehen, zu quantifizieren und die Ergebnisse künftiger Entscheidungen vorherzusagen. Mit diesen Fähigkeiten sind sie in der Lage, die Effizienz zu steigern, Verschwendung zu reduzieren und nachhaltige Alternativen vorzuschlagen.
Der Autor
Roger Semprini, Managing Director, Equinix Schweiz, Zürich.
Robuste Infrastruktur – am rechten Ort
Die Erstellung und der Betrieb eines digitalen Zwillings erfordern eine robuste IT-Infrastruktur, die in der Lage ist, komplexe Simulationen durchzuführen, grosse Datenmengen zu verarbeiten und Interaktionen in Echtzeit zu unterstützen. In den meisten Fällen stützen sich digitale Zwillinge auf Echtzeitdaten von IoT-Geräten, um das virtuelle Modell aus einer Vielzahl von Standorten und Quellen zu aktualisieren. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer digitalen Infrastruktur, die in der Nähe dieser vielen Standorte verteilt ist.
Wie viele andere KI-Anwendungsfälle erfordern auch digitale Zwillinge eine verteilte digitale Infrastruktur, um die Anforderungen verschiedener Workloads in Bezug auf Leistung, Latenz, Kosteneffizienz sowie Datenschutz und Datensouveränität auszugleichen. Nutzer werden wahrscheinlich eine Kombination aus Edge-Infrastruktur, Colocation-Rechenzentren und öffentlichen Clouds benötigen, um diese Kompromisse beim Erfassen, Verschieben, Speichern und Verarbeiten der Daten, welche die Grundlage für ihre digitalen Zwillingsmodelle bilden, richtig zu verwalten.
Niedrige Latenz
Einige Anwendungen des digitalen Zwillings sind besonders anfällig für Latenzzeiten. Wenn digitale Zwillinge beispielsweise für die vorausschauende Wartung in einer Fabrik eingesetzt werden, müssen Sensordaten schnell erfasst und verarbeitet werden, damit in Echtzeit auf Erkenntnisse reagiert werden kann. In solchen Fällen wären selbst ein paar zusätzliche Millisekunden Latenzzeit problematisch. Daher benötigen Nutzer eine Recheninfrastruktur am digitalen Edge, in unmittelbarer Nähe der Fabrik, damit die Daten zwischen Erfassung und Verarbeitung keine langen Strecken zurücklegen müssen. Für andere Anwendungen, die nicht so empfindlich auf Latenzzeiten reagieren, sind Cloud oder ein zentral gelegenes Colocation-Rechenzentrum eventuell die bessere Wahl.
Fazit: Nutzer sollen sicherstellen, dass ihr Infrastrukturpartner einen hybriden Infrastrukturansatz ermöglicht, sodass sie schnell und einfach Rechen-, Speicher- und Netzwerkkapazitäten einrichten können. Mit softwaredefinierter Konnektivität können sie Multi-Cloud-Vernetzung vereinfachen und damit innerhalb weniger Minuten auf die Cloud-Services zugreifen, die sie für ihre digitalen Zwillinge benötigen.
Der richtige Einsatz digitaler Zwillinge
Einsatzbeispiele für Anwendungen mit digitalen Twins, die – neben anderen Geschäftsvorteilen – für mehr Transparenz bei den Nachhaltigkeitszielen sorgen und Hand zur Umsetzung der Ziele bieten können, sind etwa:
Energie- und Versorgungsunternehmen: Digitale Zwillinge können helfen, neue Produktionsanlagen schneller, einfacher und kostengünstiger in Betrieb zu nehmen. Dies könnte dazu beitragen, das Angebot an erneuerbaren Energien zu erhöhen.
Transport und Logistik: Digitale Zwillinge können die gesamte Lieferkette und ihre Komponenten modellieren und ermöglichen es Logistikmanagerinnen und -managern, Ineffizienz und Verschwendung zu erkennen. Durch die Optimierung von Routen, Transportarten und Ressourcenzuweisung können Unternehmen den Kraftstoffverbrauch und die Treibhausgasemissionen senken.
Fertigung: Durch die Implementierung digitaler Zwillinge in Produktionsanlagen können Prozesse optimiert, Ausfälle minimiert und Abfälle reduziert werden. Durch vorausschauende Wartung, die durch Echtzeitüberwachung unterstützt wird, können Hersteller ungeplante Ausfälle und die damit zwangsläufig verbundenen Abfälle sowie Umweltverschmutzungen vermeiden.
Intelligente Städte: Ein digitaler Zwilling einer ganzen Stadt – einschliesslich ihrer Gebäude, Infrastruktur und Verkehrssysteme – kann datengestützte Möglichkeiten aufdecken, um die Stadt selbst grüner und effizienter zu machen. Die Stadt Zürich beispielsweise nutzt ihr digitales Zwillingsmodell, um Daten zur Luftverschmutzung und zur Solarenergieproduktion zu visualisieren.
Landwirtschaft: Die Schaffung eines digitalen Zwillings kann bei der Analyse von Bodenbedingungen, Wettermustern und Pflanzengesundheit helfen und so zu nachhaltigeren und umweltfreundlicheren landwirtschaftlichen Praktiken beitragen.