Was ist ein UX-Designer, was ein Ingenieur für Biomechanik, was ein operationstechnischer Assistent? UX steht für User Experience; UX-Designer sind Spezialisten, die auf Basis vonNutzungsanalysen neue App-, Site- oder Online-Services konzipieren. Biomechaniker entwerfen via Computersimulationen Prothesen und therapeutische Programme für Sportler. Operationstechniker schliesslich betreuen sensorbestückte Skalpelle und Roboter-Operateure für den Chirurgen im Operationssaal. Die Digitalisierung hat eine Reihe von neuen Funktionen und Berufen hervorgebracht, die nur hoch spezialisierte Fachkräfte ausüben.
«Das mit Abstand meistgenannte Hemmnis für die digitale Transformation im Kanton Graubünden ist aus Unternehmersicht der Fachkräftemangel», erklärt Peter Moser von der HTWChur. In der Industrie, im Handel und in der Logistik fehle es in erster Linie an Software-Ingenieuren. Eine Umfrage von Moser und seinem Team bei Bündner Unternehmen hat zudem ergeben, dass es auch im Tourismus und in der Bauwirtschaft an Fachkräften wie Innovationsmanagern, Online-Vermarktern oder BIM-(Building-Information- Modeling-)Koordinatoren mangelt.
Der Regierungsrat des Kantons Graubünden bereitet deshalb ein 40-Millionen- Franken-Paket zur Förderung der Digitalisierung vor, das im Sommer in die Vernehmlassung gehen wird. Es soll unter anderem die Ausbildung von Fachkräften und digitale Innovationen fördern. Auch die Kantone St. Gallen und Glarus haben Digital-Förderprogramme aufgesetzt.
Aber ist das nicht ein Widerspruch, wenn die Kantone in der Förderung der digitalen Transformation in Wettbewerb treten, wo doch die Digitalisierung grundsätzlich keine Grenzen kennt? «Niemand kennt die genauen Wege, die die Transformation noch nehmen wird. Im föderalen System können die Schnellen vorpreschen und die Langsameren motivieren, ebenfalls schneller zu werden», verneint Moser den Widerspruch.
Tatsächlich sind Kantone und der Bund für zwei zentrale Voraussetzungen der Transformation zuständig: die gesetzlichen Rahmenbedingungen und die Bildung. «Erfahrungen zeigen, dass die Bedingungen auf Bundes- und Kantonsebene grundsätzlich gut sind», hält Moser fest. In Sachen Bildung dagegen tobe ein harter Kampf um Talente. Entscheidend sei, dass die Lehrinhalte auf allen Bildungsstufen laufend an neue Anforderungen angepasst würden. Eine mögliche Lösung für den föderalen Kleinstaat Schweiz und sein Bildungssystem wäre, sich auf digitale Nischenkompetenzen zu fokussieren. Sie zu definieren aber ist wieder eine neuartige Herausforderung.