Es ist eines der unspektakulären historischen Backsteingebäude in Berlin-Kreuzberg, in dem die Airbus-Tochterfirma UP42 ihren Sitz hat. Die Firma beschäftigt sich mit Satellitendaten. «Wir kamen erst 2019 auf den Markt, andere sind seit längerer Zeit dabei, aber inzwischen sind wir zum führenden Unternehmen in diesem Bereich geworden», sagt Sean Wiid, CEO von UP42.
Natürlich hat die Marke Airbus beim Aufbau sehr geholfen, vor allem in Asien und in Europa, wo die Marke stark ist und bei Regierungen und Privatunternehmen viele Türen öffnet. «Aber wir haben auch die Freiheit, uns mit weniger Prozessen zu entwickeln, als sie bei Airbus üblich sind», beschreibt Wiid die Ausgangslage. Inzwischen hat man einen digitalen Marktplatz aufgebaut, an den laufend weitere Partnerfirmen angeschlossen werden.
Es ist wichtig, gleich am Anfang herauszufinden, was man eigentlich erreichen will.
Verbesserungen und Weiterentwicklungen erfolgen laut Wiid auf mehreren Ebenen: So werden die Algorithmen bei der künstlichen Intelligenz für die Datenauswertung laufend verbessert. Zudem kommen neue Datenquellen hinzu. Schliesslich gibt es weitere Länder und Branchen, die mehr mit den Daten unternehmen möchten, weil es nur unzureichende konventionelle Zugänge gibt. So überwacht eine Entwicklungsbank über Satellitenfotos die Fortschritte von Bauprojekten, die man finanziell unterstützt.
Von Airbus kommt die Marke – und was kommt von BCG? «Ganz klar das Know-how, wie man Teams aufbaut, führt und wie man Produkte entwickelt», sagt Wiid. «Aber das war auch so beabsichtigt.»
Idee und Firma müssen passen
Grosse Unternehmen tun sich schwer mit Innovationen. Sie holen sich dann Hilfe von Beratungsunternehmen wie beispielsweise der Boston Consulting Group (BCG). Die expandiert in diesen Wochen mit ihrer Tochterfirma BCG Digital Ventures in die Schweiz. Im Auftrag von grossen Firmen – primär Banken und Versicherungen – bauen Expertinnen und Experten digitale Geschäftsmodelle, sie testen neue Produkte und verantworten sie operativ. Bis heute hat BCG Digital Ventures weltweit mehr als 160 solche Corporate Ventures auf den Markt gebracht. Damit zählt man zu den grössten Business Buildern weltweit.
Der Test: Kontakt mit der Realität
«In Europa kommen Firmen oft schon mit eigenen Ideen zu uns», sagt Akin Soysal, der bei BCG Digital Ventures in der Schweiz den ersten Standort aufbaut. «Wir prüfen dann sehr genau, wie erfolgversprechend diese Ideen sind.» Auch gute Ideen müssten umsetzbar sein. Bei BCG Digital Ventures arbeitet man mit vier Kriterien: der Desirability, also der Frage, ob die Idee etwas ist, was sich Kundinnen und Kunden auch wirklich wünschen. Die zweite Schlüsselfrage ist die klassische Viability: Ist der Markt für das Produkt oder den Service ausreichend gross? Die dritte Frage ist die Feasability: Lässt sich die Idee rasch genug umsetzen, gibt es die dafür erforderlichen Technologien bereits? Und die vierte Frage richtet sich an das Unternehmen selbst: Passt die Idee zur Organisation, zur Marke?
Bei Airbus hat es gepasst. «Wir hatten BCG angefragt, um die vielen weiteren kleineren Bereiche des Marktes über unterschiedliche Gruppen, Startups und Universitäten zu erreichen», sagt François Lombard, Leiter des Intelligence-Business-Bereiches bei Airbus, zu dem auch das Geschäft mit Satellitenaufnahmen gehört. Der Markt bewegt sich laut Lombard sehr schnell – so arbeitet man daran, mit künstlicher Intelligenz auf Aufnahmen bestimmte kleine Gegenstände finden zu können. Und Drohnen, die längere Zeit in einer Höhe von 25 Kilometern fliegen, sollen die Satellitenaufnahmen ergänzen und Aufgaben wie die Warnung vor Katastrophen übernehmen.
Lombard hat drei Hinweise für Unternehmen, die den gleichen Ansatz ausprobieren möchten. «Es ist zunächst sehr wichtig, gleich am Anfang herauszufinden, was man eigentlich erreichen will. Dann muss man die richtigen Leute für den Aufbau und die Umsetzung finden. Und man trifft auf die Realität, wenn die Entwicklung auf den Markt kommt.»