Digitale Transformationen sind eine komplexe Angelegenheit – und nicht nur technische Aspekte stehen dabei im Fokus. Technologien können den Wandel ermöglichen und beschleunigen, doch der Mensch spielt eine wesentliche Rolle. Diese zehn Hindernisse gilt es für ihn zu umgehen:

1. Kein Bedarf an Veränderungen

Die erste Hürde besteht darin, dass die Notwendigkeit des Wandels nicht erkannt wird. Oft entscheiden Führungskräfte in Unternehmen gemäss interner Sicht, ob ein Wandel notwendig ist. Es gibt jedoch eine ganze Reihe externer Einflussgrössen, die eine Transformation erfordern, wie zum Beispiel die Erwartungshaltung der Kundinnen und Kunden, neue Markt- und Technologietrends oder das Vorgehen der Mitbewerber. Um solche Veränderungen frühzeitig zu erkennen, ist es ratsam, sich in zukünftige Erwartungshaltungen hineinzuversetzen. Wichtige Leitfragen lauten:

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  • Wo ist der Markt in drei bis fünf Jahren?
  • Was müssen wir dann können?
  • Was müssen wir bis dahin verändern, wenn Kundinnen und Kunden ihre neuen Bedürfnisse erkennen und äussern?

2. Unklare Motivation

Wenn die Beteiligten nicht ausreichend eingebunden sind, ist für sie der Grund für die Transformation nicht ersichtlich. Um Missverständnisse und Fehlkommunikation zu vermeiden, sollte das Projekt verschiedenen Kommunikationstypen unterschiedlich erklärt werden: Während sich der eine Mitarbeiter am besten von Zahlen und Fakten beeindrucken lässt, bevorzugt eine andere Mitarbeiterin eher Visionen und eine motivierende Ansprache. Wichtig ist, dass die Botschaft mehrfach vermittelt wird und dass die Kommunikation Feedback-orientiert erfolgt, damit die Zustimmung der Kollegen und Kolleginnen sichergestellt ist.

3. Fehlende Führung und Ausrichtung

Für die Führung und einheitliche Ausrichtung bei Transformationsprojekten ist es wichtig, einen «Owner», der das Projekt verantwortet, zu definieren und gleichzeitig das Zusammenwirken der Mitarbeitenden zu ermöglichen. Deshalb sollten Kader eine Richtung vorgeben, an der sich autonome Teams ausrichten können. Wichtig ist zudem, zu definieren, wo es Wandel braucht: Was sollten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Führungskräfte neu lernen, was abschaffen – und was können sie belassen? Denn bei aller Affinität für Veränderungen sollte Bewährtes nicht zerstört werden.

4. Lähmung durch Analyse

Unternehmen investieren bei Transformationen oft viel Zeit und Aufwand, um alle Eventualitäten frühzeitig zu erkennen. Das verlängert den gesamten Prozess. Damit die Planung adaptierbar bleibt, empfiehlt es sich, zu definieren, wie ein Erfolg aussieht und wie er gemessen werden kann – und vor allem klein anzufangen, zu lernen, zu adaptieren und zu skalieren.

Eine gute Fehlerkultur ist essenziell. Niemand sollte Furcht vor Neuem haben.

5. Das Thema emotionale Sicherheit

Bei derart komplexen Vorhaben sollten Projektverantwortliche auf verschiedene Charaktere Rücksicht nehmen, um alle Beteiligten «mitzunehmen». Die einen sehen Chancen in der Veränderung. Andere haben ein Sicherheitsbedürfnis und fürchten den Abbau ihrer Arbeitsstelle. Neben Stabilität und der nötigen Flexibilität ist in Unternehmen auch eine gute Fehlerkultur essenziell. Niemand sollte Furcht vor Neuem haben, denn auch wenn von zehn Versuchen neun scheitern, wird einer davon ein Erfolg, den das Unternehmen skalieren kann.

6. Blindes Verfolgen von Plänen

Planung ist wichtig, damit Budgets und Ressourcen zielführend eingesetzt werden. Pläne sollten aber nicht zwanghaft verfolgt werden, da sich Kundenbedarf und Erwartungen stets ändern. Die Planung muss daher immer aufs Neue angepasst werden. Das Feedback von Kundinnen sollte immer mehr wiegen als die Meinung der Unternehmensführung.

7. Zu starker Fokus auf Kurzfristiges

Während andere Vorhaben eine inkrementelle Veränderung darstellen, deren Faktoren bekannt sind und somit eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit versprechen, zeigen Transformationen keine schnellen Ergebnisse. Daher sollten hier dedizierte Ressourcen zum Zuge kommen – wie bestimmte Teams, die nach Abschluss der Transformation in die bestehende Organisation zurückkehren.

8. Mangelnde Entscheidungsbefugnis

Oft verfügen die für die Transformation zuständigen Teams über keine Entscheidungsbefugnisse – ein Fehler, denn die Arbeitsgruppen verbringen viel Zeit damit, Entscheidungen vorzubereiten, und sie verfügen über das nötige Wissen. Die Führungskräfte sollten ihnen vertrauen, ihnen die Randbedingungen vorgeben, sie unterstützen und ihnen konstruktive Rückmeldungen geben.

9. Fehlende Qualifikationen

Fehlende Skills sind bei der Veränderung meist das grösste Problem. Statt bestehende Mitarbeitende auszutauschen, ist es besser, auf vorhandenes Personal zu setzen und es weiterzubilden. Auch die Führungskräfte sollten regelmässig ihre Kenntnisse aktualisieren. Dabei helfen Neugier und das ständige Hinterfragen tradierter Muster.

10. Dominanz durch Externe

Bei Transformationsprojekten, die einen grösseren Bedarf an Personalressourcen aufweisen, ist der Einsatz von Externen sinnvoll. Damit die Transformation nicht von Externen dominiert wird, sollten Unternehmen die Ziele des Projekts aber selbst bestimmen.

Abschliessend sind drei Faktoren bei einer digitalen Transformation wichtig: Erstens sollte offen und auf unterschiedlichste Weise kommuniziert werden – und den Beteiligten sollte zugehört werden. Zweitens sollten die Projektverantwortlichen die Rahmenbedingungen vorgeben und ihre Einhaltung kontrollieren. Und drittens sollte jeder und jedem Einzelnen klar sein, dass er oder sie bei der Transformation eine wichtige Rolle spielt.

 

Michael Rambold, Senior Manager Solutions Architecture, und Matthias Patzak, Principal Advisor, beide AWS, München.