Alternativ unterwegs zu sein, ist in der Schweiz endgültig angekommen. Die Hälfte der im vergangenen Jahr neu in Verkehr gesetzten Personenwagen (PW) war mit einem alternativen Antrieb ausgerüstet. Die Verbrennermodelle Diesel (Marktanteil 12 Prozent) und Benziner (Marktanteil 38 Prozent) machen nur noch die Hälfte aller Immatrikulationen aus.
Ende Jahr waren bereits rund 411 000 «grüne» Personenwagen auf den Schweizer Strassen unterwegs. Ein erfreulicher Trend, der wohl auch in den kommenden Jahren anhalten wird, denn die Erkenntnis, dass man mit einem Personenwagen mit alternativem Antrieb genauso gut unterwegs sein kann wie mit einem Verbrenner, setzt sich durch. Die Mehrheit der E-Autos ist normalerweise eher im Kurzstreckenbetrieb unterwegs – und hier genügt eine Reichweite von rund 300 bis 400 Kilometern. Weitere Strecken mit dem E-Auto sollten dagegen exakt geplant werden, zudem muss das Ladestationennetz in der Schweiz und in Europa zügig weiter ausgebaut werden.
Tesla ist Schweizer E-Auto-Marktführer
Welche Marke steht nun an der Spitze in der Rangliste der Alternativ-PW (siehe Tabelle)? Dies gebührt dem US-Hersteller Tesla, der letztes Jahr 8717 (plus 34,5 Prozent) rein elektrische PW in der Schweiz verkaufte. Eine positive Meldung für den sonst in den Medien gebeutelten Firmenchef Elon Musk. Auf den Rängen zwei bis sieben folgen die europäischen Hersteller VW, BMW, Audi, Mercedes-Benz, Volvo und Škoda. Gesamthaft haben vierzig Hersteller im vergangenen Jahr Personenwagen mit einem alternativen Antrieb neu in Verkehr gesetzt. Total erreichten die Alternativen ein Absatzvolumen von 114 635 Fahrzeugen. Zu diesen kommen noch 194 PW, die mit Gas oder Wasserstoff fahren.
Teilt man die Anzahl der PW mit alternativem Antrieb auf, ergibt sich folgendes Bild: Die Immatrikulationen von rein elektrischen PW erhöhten sich 2022 um 26,2 Prozent auf 40 173 Fahrzeuge, was einem Marktanteil von 18 Prozent entspricht. Die Inverkehrsetzungen der Hybridmodelle, die über keine Lademöglichkeit verfügen, stiegen um 7,5 Prozent auf 56 107 PW an. Ihr Marktanteil beträgt 24,8 Prozent. Die Plug-in-Hybrid-PW (mit Lademöglichkeit) erreichten ein Absatzvolumen von 18 355 Fahrzeugen, was einem Rückgang von 15,8 Prozent entspricht, ihr Marktanteil ist 8,1 Prozent.
Zahlreiche Importeure unterstreichen, dass sie 2022 noch mehr Fahrzeuge hätten verkaufen können. Doch der andauernde Mangel an Mikrochips und an Rohstoffen bremste die Produktion neuer Modelle. Bei den Kabelbäumen, die zu einem grossen Teil aus der Ukraine stammen, bestanden aufgrund des Krieges ebenfalls erhebliche Lieferengpässe. Viele Kundinnen und Kunden mussten und müssen deshalb lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Die Lage hat sich mittlerweile leicht entspannt, aber es bestehen nach wie vor Lieferprobleme. Die Branche hofft jedenfalls, «den hohen Auftragsbestand in den kommenden Monaten nach und nach abarbeiten zu können», wie Christoph Wolnik, Mediensprecher von Auto-Schweiz, erklärt.
Bundesrat könnte bremsen
Es ist davon auszugehen, dass die alternativ angetriebenen Personenwagen sich weiter steigender Beliebtheit erfreuen. Was aber passiert, wenn die Schweiz in eine Strommangellage gelangt? Dann wären wohl Einschränkungen auch im Individualverkehr denkbar. Im Entwurf zur «Verordnung über Beschränkungen und Verbote der Verwendung von elektrischer Energie» schlägt der Bundesrat als Energiesparmassnahme vor, «die private Nutzung von Elektroautos nur für zwingend notwendige Fahrten wie zum Beispiel Berufsausübung, Einkäufe, Arztbesuche, Besuche von religiösen Veranstaltungen oder die Wahrnehmung von Gerichtsterminen» zu gestatten. «Mit dieser Massnahme würde der Bundesrat der Elektromobilität einen Bärendienst erweisen», sagt Andreas Burgener, Direktor von Auto-Schweiz. Er befürchtet, dass Kundinnen und Kunden beim Entscheid, ein Fahrzeug mit Elektroantrieb zu kaufen, angesichts der drohenden Massnahme überlegen, ob man nicht doch zu einem Verbrenner greifen sollte. Berücksichtigt man, dass im vergangenen Jahr auf Elektroautos nur knapp 0,5 Prozent des Schweizer Stromverbrauches entfiel, erscheinen die geplanten Massnahmen des Bundesrats als überzogen.