Sorglos ins kühle Nass? Im Hitzesommer 2019 sind nicht nur die Badis sondern auch die natürlichen Badegewässer hochfrequentiert. Für 100 Badegäste im Bodensee bei Friedrichshafen hatte der Spass indes vor kurzem üble Folgen. Die Gäste litten unter Übelkeit, Erbrechen und Durchfall und sie hatten einfach nur Pech. Denn laut dem neusten EU-Report "Qualität der europäischen Badegewässer" weisen eigentlich 92,7 Prozent aller knapp 2300 natürlichen Badegewässer in Deutschland eine "ausgezeichnete Wasserqualität" auf. Am saubersten ist das Wasser auf Zypern mit einer Quote von 99,1 Prozent, Malta (98,9 Prozent) und Österreich (97,3 Prozent).
Und in der Schweiz? Da reibt man sich die Augen. Im Wasserschloss Europas sollen gemäss dem EU-Badegewässerreport 2019 lediglich 75 Prozent eine ausgezeichnete Wasserqualität haben. Damit liegt die Schweiz im Ranking abgeschlagen auf Platz 19 der insgesamt erfassten 30 europäischen Länder. Neben den 28 EU-Staaten und der Schweiz ist auch Albanien inzwischen in den Badewasser-Report aufgenommen worden. Auffällig für die Schweiz ist unter anderem der relativ hohe Anteil von knapp 20 Prozent ihrer insgesamt 192 erfassten Gewässer, für die eine Klassifizierung der Qualität wegen "nicht genügender Proben" nicht möglich ist.
Wie aber ist es möglich, dass das Wasserschloss Europas bisher ein so miserables Rating hat? Wir haben bei Florian Storck nachgefragt. "Die Einstufung durch die Europäische Umweltagentur kann nur dann erfolgen, wenn mindestens vier Proben pro Badesaison und Messresultate für mindestens vier Jahre vorliegen", erklärt der Sektionschef Hydrologische Grundlagen Gewässerzustand vom Bundesamt für Umwelt (Bafu). Die Schweiz liefere erst seit einigen Jahren Daten an die Europäische Umweltagentur (EUA) und jedes Jahr würden neue, zusätzliche Badeplätze angemeldet. Deswegen lägen für die Schweizer Badeplätze teilweise noch keine längeren Messreihen vor.
In der Schweiz mahlen die politischen Wassermühlen bekanntlich etwas langsamer als sonstwo. Erst 2013 publizierte das Bafu zuhanden der für die Wasserqualität zuständigen Kantone eine neue Vollzugshilfe zur hygienischen Beurteilung von See- und Flussbädern. Darin finden sich unter anderem aktualisierte Methoden und Vorgehensweisen zur Erhebung und Beurteilung der Badewasserqualität von See- und Flusssbädern in inhaltlicher Anlehnung an die bereits 2006 revidierte EU-Badewasserrichtinie.
Dass allerdings auch in der EU nicht immer alles sauber ist, was statistisch glänzt, zeigt der Fall Bodensee. Darüber hinaus werden lediglich Gewässer von der EUA erfasst, die aus den Mitgliedstaaten gemeldet werden, das heisst auch, in denen der Badespass offiziell erlaubt ist. Verschmutzte Gewässer, wo deshalb ein öffentliches Badeverbot gilt, werden vom EU-Badegewässer-Report gar nicht erfasst. Der Grund für die Verschmutzung des Bodensees war übrigens ein defektes Klärbecken des Klinikums Friedrichshafen.